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Eine Frau hält am 15.10.2015 in der Innenstadt in Hamburg während einer Demonstration gegen die Verschärfung des Asylrechts ein Schild mit der Aufschrift „Menschenrechte sind für alle da“. Zuvor hatte der Bundestag ein Paket mit umstrittenen Änderungen im Asylrecht beschlossen.

© picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt

Internationaler Tag der Menschenrechte: Was sind sie noch wert?

Die Fußball-WM in Katar, die chinesischen Uiguren, die Frauen im Iran - werden Minderheiten und Andersdenkende zunehmend unterdrückt? Drei Experten antworten.

Die Menschenrechte stehen weltweit immer stärker unter Druck. Aber das heißt nicht, dass sie nichts mehr wert sind. Im Gegenteil. Denn wir sehen gleichzeitig, was passiert, wenn Menschenrechte nicht geachtet werden: Menschen lehnen sich auf, sie gehen auf die Straße, obwohl sie wissen, dass ihnen Gefängnis und Gewalt droht. Sie tun es, weil Menschenrechte universell und unteilbar und eben von hohem Wert sind.

Deswegen blicke ich – bei all den grausamen Bildern und Geschehnissen momentan – auch optimistisch auf die Zukunft der Menschenrechte und ihres Stellenwerts: Den vielen Mutigen, die für ihre Rechte eintreten, gehört die Zukunft. Ihr Mut fordert uns aber auch zum Handeln auf, nämlich wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen zu bestrafen und Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Rechte nicht nur zu haben, sondern sie auch durchzusetzen, das ist die Aufgabe der Internationalen Gemeinschaft. Bei diesen Fragen der „Accountability“ müssen wir mehr tun.

Die Menschenrechte sind nicht am Ende, aber sie werden vor allem an Europas Grenzen nicht durchgesetzt.  Wir führen ständig Abwehrkämpfe, vor 30 Jahren gegen die Entkernung des Asylartikels im Grundgesetz, heute mit unseren Partnerorganisationen in der EU. An den EU-Außengrenzen wird täglich Recht gebrochen. Diese Menschenrechtsverletzungen und schweren Straftaten offenbaren eine Erosion des Rechtsstaates und gefährden unsere Demokratie.

Die Genfer Flüchtlingskonvention, Die Europäische Menschenrechtskonvention, der Schutz vor Zurückweisung etc., alles verbindliche Normen,  Kernbestand des Rechtsstaats. Und wenn Uniformierte diese Rechtsbrüche begehen und keine Strafe fürchten müssen für unmenschliche Behandlung bis hin zur Folter, dann entsteht eine Kultur der Straflosigkeit, die Folgen hat für die gesamte Gesellschaft.

Neu und zusätzlich schlimm: Nicht nur gewöhnt sich die Öffentlichkeit an diese Schreckensmeldungen, Brüssel bereitet auch eine Fülle toxischer Asylgesetze vor, deren Namen – aktuell  die so genannte “Instrumentalisierungsverordnung - schon vernebeln, worum es geht. So verhindert man öffentliche Debatten.

Mit Erfolg. Über die Verfassungsänderung des Asylrechts gab es 1992/1993  noch eine breite Diskussion. Heute ist der Angriff auf den europäischen Flüchtlings-und Menschenrechtsschutz überwiegend Stoff für Fachkreise.

Warum ‚noch‘? Die Menschenrechte sind heute weiterhin der Bezugspunkt für Menschen, die sich gegen Unterdrückung, Diskriminierung oder Willkür wehren, die ein selbstbestimmtes Leben ohne Furcht und Not einfordern. Die Protestbewegung in Belarus, die Demokratiebewegung im Sudan oder die Massenproteste im Iran: Sie alle erheben die Forderung nach einem politischen System, das ihre grundlegenden Menschenrechte achtet.

Die Legitimität staatlichen Handelns bemisst sich daran, ob es die Menschenrechte respektiert. Genau deshalb bekämpfen autoritäre Regime die Menschenrechte mit aller Macht.

Der besondere Wert der Menschenrechte liegt darin, dass sie für die Staaten rechtlich verbindlich sind. Deshalb dürfen – und sollten! – andere Staaten bei schweren Verletzungen Sanktionen als Druckmittel verhängen.

Und hierzulande liegt der Wert der Menschenrechte darin, dass der Staat zum Handeln gezwungen werden kann – wie zuletzt durch die Klimaklagen von jungen Menschen.

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