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Reisende am Berliner Hauptbahnhof steigen aus einem Fernzug.

© IMAGO/Stefan Zeitz

Verspätungen und Personalmangel: Wie Bahn und Fluglinien Urlaubspläne durcheinanderbringen

Gestrichene Flüge und überfüllte Regionalbahnen stehen der entspannten Sommerreise im Weg. Die Gründe finden sich vor allem im Bundeshaushalt.

In vielen Bundesländern nahen die Sommerferien, doch für viele Deutsche wird der Urlaub wohl ins Wasser fallen. Schuld daran sind diesmal nicht die Corona-Beschränkungen, sondern der Verkehr.

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Europäische Airlines kündigten in den letzten Wochen deutlich verringerte Kapazitäten an. Allein die Lufthansa strich rund 1000 Flüge in Europa. Die Billigfluglinie Easyjet musste mehrere Verbindungen vom Berliner Flughafen BER wegen Personalmangel streichen.

Im Durchschnitt fehlen laut Ralf Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, etwa 20 Prozent des Bodenpersonals an deutschen Flughäfen. In allen Dienstleistungsbereichen von Check-in bis zu Sicherheitskontrolle würden dementsprechend 5500 zusätzliche Mitarbeitende benötigt.

Doch auch der Umstieg auf die Schiene ist nicht die beste Alternative. Im Mai 2022 kamen mehr als 40 Prozent der Fernzüge der Deutschen Bahn nicht pünktlich an ihr Ziel. Und dabei gilt ein Zug in der Statistik der Deutschen Bahn noch mit einer Verspätung von bis zu sechs Minuten als pünktlich. Oft müssen auch Güterzüge mitten auf der Strecke stehen bleiben, um diese Pünktlichkeit zu garantieren.

Personalmangel durch Lockdown und Co.

Grund für diese Entwicklungen sind vor allem Lohneinsparungen in Folge des europäischen Wettbewerbs. Nach Angaben der stellvertretenden Verdi-Vorsitzenden Christine Behle wurden die Ausgaben für Personalkosten im Flugverkehr zuletzt um 30 bis 40 Prozent verringert.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing forderte deshalb eine „Jobinitiative zur Gewinnung von Fachkräften“ und eine Modernisierung der Infrastruktur. Die Lücke zu schließen, die vor allem auch durch die Corona-Pandemie entstanden war, werde „für beide Seiten eine Herausforderung“.

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Während der Pandemie waren zahlreiche Mitarbeitende entlassen worden, andere suchten sich einen neuen Job. Seit Jahresbeginn nehmen die Buchungen aber drastisch zu, sodass jetzt Personal fehlt.

Fachverbände werfen dem Verkehrsminister vor, das Problem zu spät erkannt zu haben. Durch die zum Teil strengen Sicherheitsauflagen für das Flughafenpersonal benötige die Neueinstellung viel Zeit. Die Flüge in diesem Sommer können dadurch nicht mehr aufgestockt werden.

Der FDP-Politiker Christian Dürr forderte als Alternative einen stärkeren Einsatz der Bundespolizei bei den Sicherheitskontrollen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse mehr Bundespolizisten in die Flughäfen bringen, „damit die Schlangen an den Sicherheitskontrollen geringer werden“, so der Fraktionsvorsitzende.

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Auch bei der Deutschen Bahn ist der niedrige Lohn Schuld am Personalmangel. Mehr als 6000 der rund 200.000 Beschäftigten des Unternehmens verdienen laut dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) derzeit weniger als zwölf Euro in der Stunde und liegen damit unter dem bald in Kraft tretenden Mindestlohn.

Bahn steuert seit Jahren in die Katastrophe

Zudem fehlt es in Deutschland noch immer an einem ausgebauten Schienennetz. Das zeigt sich aktuell vor allem durch das Neun-Euro-Ticket. Für die gestiegene Nachfrage setzte die Deutsche Bahn zuletzt alle Züge ein, die sie zusätzlich zur Verfügung hat. Die aktuell freie Zahl beläuft sich allerdings auf gerade einmal 50 Züge.

Auch hier kommen große Investitionspläne der Bahn zu spät. Die Lieferung zeitgemäßer Züge beträgt laut dem Fahrgastverband „Pro Bahn“ im Schnitt drei bis vier Jahre.

Laut der Bundesregierung soll sich die Verkehrsleistung auf der Schiene bis 2030 verdoppeln, nach dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung soll die Schiene Vorrang gegenüber der Straße bekommen.

Für den Neu- und Ausbau der bestehenden Schienen wären allerdings 36 Milliarden Euro nötig. In diesem Jahr sagen Bund und Länder dem Unternehmen 13,6 Milliarden zu. Damit bleibt der Verkehrsetat quasi unverändert - und priorisiert die Straße.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand, Easyjet hätte Strecken wegen Personalmangels einstellen müssen. Richtig ist, dass Verbindungen gestrichen worden sind. Wir haben dies korrigiert.

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