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Puristisch. Im japanischen Restaurant Shiori kommen sich Gäste und Köche nah.

© Shiori/promo

Von Tisch zu Tisch: Shiori

Stilvolles Zeremoniell auf klassisch japanische Art – in Mitte zelebriert für nur eine Handvoll Gäste.

Japanische Küche – das ist für die meisten Deutschen immer noch Sushi mit Soja, ein Klischee, das seit Jahrzehnten im ganzen Land heimisch ist. Eine Weile waren die Teppanyaki-Tische in Mode, nicht zu verwechseln mit Teriyaki, der auch noch leidlich bekannten Marinade auf Sojabasis‚ und dann kennen wir noch Tempura, das Edel-Frittieren, und die Miso-Suppe, weil es die zum Sushi oft gratis gibt. Nichts davon ist auch nur annähernd so populär bei uns wie die süß-saure Ente aus China oder der thailändische Papaya-Salat. Dass das so ist, liegt daran, dass die japanische Küche – von Soja und dessen Varianten abgesehen – nicht mit auffälligen Gewürzen arbeitet, auch Schärfe und Süße kaum einsetzt. Denn bei ihr steht das Produkt im Fokus, das möglichst wenig verfälscht werden soll. Wer einmal eine japanische Melone im Samtkästchen gesehen hat oder die Preise kennt, die Tunfisch am Tokioter Fischmarkt erzielt, der hat eine kleine Vorstellung von diesem Kult.

Japanische Küche korrespondiert mit dem Trend zum Purismus

Diese Idee allerdings korrespondiert mit dem neuen Purismus, der auch in die europäische Gourmetküche vorgedrungen ist. Auch hier sind immer mehr gute Produkte verfügbar, und wenn sie auch nicht japanisch sind, so werden sie doch manchmal so behandelt wie zum Beispiel im Weddinger „Ernst“. Das Bewusstsein ist da, und deshalb trauen sich seit kurzem auch hier ansässige Japaner, mehr von ihrer traditionellen Küche zu zeigen. Im „Shiori“ in Mitte geschieht das im kleinstmöglichen Rahmen: Maximal zehn Gäste passen an die Theke, hinter der Shiori Arai in großer Ruhe und Gelassenheit sein Omakase-Menü präpariert – den Begriff kennen wir schon, er steht für: „Der Koch macht, was er will.“ Maximal zehn Gänge werden serviert, das kostet 70 Euro, und alle Gäste müssen um 19.30 Uhr da sein. Nur so schaffen es der Chef und seine Partnerin, ohne weiteres Personal auszukommen.

Gekonnter Umgang mit Konsistenzen und Kontrasten

Unser Menü begann mit einer Shawanmushi-Variante, das ist geschmeidiger Eierstich, in diesem Fall mit kleinen Gemüsen, Mais, Spargel, und einem Klecks fruchtig-salziger Soße. Sehr japanisch: Die Kontraste in den Konsistenzen spielen die zentrale Rolle, alles andere begleitet dezent. Daran gemessen war der folgende Gang ein Sprung in die europäische Gourmet-Stilistik: Rohe Jakobsmuschelscheiben auf einer Miso-Unterlage, darüber Lauch, roher Tunfisch – und oben drauf ein Klacks Ossietra-Kaviar. Das funktionierte überraschend gut, kam als geschmacklicher Höhepunkt aber ein wenig zu früh. Sehr schön, sehr mild auch der Hummer-Dumpling in einer klaren Suppe mit gehobeltem Spargel und einem Pfifferling obenauf, ein Bild wie eine japanische Zeichnung. Die perfekt gegrillte Makrele, zwei Filetstücke im Sushi-Zuschnitt, bezog ihren Reiz aus geriebenem Fischrogen à la Bottarga, es folgte Sashimi aus Doradenfilet wunderbarer Konsistenz mit frisch geriebenem Wasabi.

Ein stilvolles Zeremoniell, das allein mit Restaurantkritik schwer zu greifen ist

Dann begannen die Dinge langsam, mit uns ein wenig zu fremdeln. Zum Sukiyaki, kurz gegarten Rindfleischstreifen in Soja-Sake-Marinade, gab es ein weiches Onsen-Ei – und den Tipp, alles durchzurühren. Wir folgten und fanden es okay, freuten uns aber doch mehr darüber, dass ein Tablett mit „japanischen Tapas“ folgte, das viele Motive in Kleinstportionen noch einmal aufnahm, rohe Garnelen (toll!) mit winzigen Tomaten, Rotbarsch (sehr durch) mit Sommertrüffeln, Algensalat, rosa Entenbrust, ein Happen Sushi, ein kleiner Obstsalat mit Feige und Pfirsich. Der hausgemachte Sesamtofu, sehr weich, war trotz der Garnitur mit einem Stück Königskrabbe, etwas Aubergine und einer Erbse (fürs Auge) nichts für mich, und auch die kalte Reisnudelsuppe mit Kabeljauflocken und kleingeschnittenen Okraschoten hätte ich entbehren können. Zum Abschluss gab es dann noch ein kleines Blätterteigtuffelchen mit Früchten. Dazu gibt es vier Sorten Sake hoher Qualität (90 ml um 10 Euro), drei französische Weine in weiß, rosé und rot und natürlich Tee.

Was der Gast im „Shiori“ erlebt, ist ein in jeder Hinsicht stilvolles Zeremoniell, das mit den Mitteln der Restaurantkritik allein nur schwer zu greifen ist. Aber es ist schön, dabei zu sein.

Shiori, Max-Beer-Str. 13, Mitte, Tel. 24 33 77 66, geöffnet täglich außer Sonntag ab 19.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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