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Der Audi A7 basiert technisch auf dem A8, steht aber optisch dem A6 näher.

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Audi A7 Sportback 3.0 TDI mit 313 PS: Schön unvernünftig

Der Audi A7 Sportback gehört neben dem Supersportwagen R8 zu den schönsten, leidenschaftlichsten aber auch unvernünftigsten Modellen im Portfolio des Ingolstädter Autobauers. Mit dem 313-PS-Starken Bi-Turbo-Diesel wird er außerdem zu einer effizienten Autobahnrakete. Doch tut so viel Unvernunft nicht weh? Und welchen Sinn macht ein Monsterdiesel?

Die Marke Audi ist bekannt für ihren Drang nach Perfektion und den extrem hohen Qualitätsanspruch bei ihren Fahrzeugen. Zwei Tugenden, die oft geschätzt werden, wie die weltweiten Absatzzahlen bestätigen. Doch jeder weiß, dass zu viel Perfektion in einer glattgelutschten Persönlichkeit enden kann, die zwar nirgendwo aneckt und jedem gefallen will, aber auch Leidenschaft und spaßige Unvernunft vermissen lässt. Deswegen beugt Audi schon seit Jahren vor, indem das Produktportfolio durch starke Charaktertypen aufgemischt wird. In den 1990er Jahren war es der coole Audi TT mit für Passagiere unzumutbaren Rücksitzen. Im letzten Jahrzehnt war es vor allem der Supersportwagen R8 mit einem winzigen Kofferraum und den trinkfesten V8- und V10-Motoren. Der letzte unvernünftige Zugang ist der A7 Sportback. Ein großes viertüriges 5-Meter-Coupé mit relativ wenig Kopffreiheit auf den Rücksitzen und einem ziemlich schmalen Kofferraum. Das ist natürlich nicht perfekt. – Und genau das macht den Audi A7 so sympathisch.

Der schönere A6

Nüchtern betrachtet ist der A7 Sportback ein hübsch gemachter A6. Nach dem Vorbild von Mercedes, wo aus dem Businessliner E-Klasse für ein paar Tausender mehr der Schönling CLS wird, verpasst Audi seiner A6-Technik ein auffallend schickes aber weniger funktionales Kleid in Form des A7. Auch in diesem Fall müssen für das Haute-Couture-Kleid ein paar Tausender mehr über den Tisch wandern. Mit Vernunft hat das wenig zu tun: 63.150 Euro kostet der Bi-Turbo-Diesel im Audi A7 und damit nahezu 6.000 Euro mehr als die identisch motorisierte A6-Limousine.

Ausstattungsbereinigt, wenn man die beim A7 serienmäßigen Xenon-Scheinwerfer und die elektrisch öffnende und schließende Gepäckraumklappe abzieht, sind es immer noch gut 4.000 Euro Differenz. Doch genau diesen Kostenvergleich würde ein A7-Käufer niemals aufstellen. – Und selbst wenn, wird es ihm am Ende egal sein. Denn er entscheidet sich einfach für das schönere und seltenere Auto. Während der A6 als eines der populärsten deutschen Autos quasi an jeder guten Straßenecke zu finden ist, erkauft man sich mit dem A7 Sportback automatisch auch ein Stück Individualität und Exklusivität.

Wer schön sein will …

Design ist eigentlich Geschmackssache. Dennoch muss man die Audi-Verantwortlichen für diesen Entwurf und den damit verbundenen Mut loben, besonders im Vergleich mit dem Konzernbruder Porsche Panamera. Während man bei Porsche eine elegante Dachlinie zugunsten der Kopffreiheit im Fond opferte, konnten sich die Audi-Designer durchsetzen und eine wunderschöne Silhouette mit nach hinten stark abfallender Dachlinie kreieren. Ab 1,85-Meter-Körpergröße touchiert man zwar auf den Rücksitzen des A7 leicht den Dachhimmel, es heißt aber auch nicht umsonst "viertüriges Coupé". Noch sensationeller ist das Heck des Audi A7 ausgefallen. Es fängt die weich abfallende Dachlinie erst sehr spät auf, um flach und breit auszulaufen. Das verleiht dem Auto optisch einen tiefen Schwerpunkt und lässt den A7 ungemein breitschultrig auf der Straße erscheinen.

Die Assistenzsysteme und Bedienelemente hat der Audi A7 vollständig vom großen Bruder geerbt.

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Um das fein modellierte Heck mit glatten Flächen und messerscharfen Kanten zu erhalten, versteckt sich der Spoiler in der Heckklappe und fährt erst ab einer Geschwindigkeit von 130 km/h aus. Selbst in der Frontansicht lässt sich dem A7 nicht vorwerfen, er sehe aus wie all die anderen Audis. Dafür steht sein Singleframe-Kühlergrill weniger steil im Wind, die ganze Front wirkt flacher, breiter und insgesamt eleganter als beispielsweise beim A6. Designmäßig versprüht der A7 geradezu italienische Grandezza und ist damit ziemlich weit entfernt von deutscher Funktionalität. – Eine große Leistung von Audi.

… muss leiden

Betrachtet man den Schönling durch die Augen eines deutschen Funktionalisten fällt sofort auf, dass Raumökonomie beim A7 ganz weit hinten im Lastenheft stand. Die Karosserie ergießt sich auf einer Grundfläche von fünf Metern Länge und über 1,9 Metern Breite. Wie schon erwähnt, haben trotz dieser Opulenz groß gewachsene Passagiere auf den Rücksitzen wenig zu lachen, obwohl die Beinfreiheit völlig in Ordnung geht.

Die große elektrisch öffnende und schließende Heckklappe erlaubt einen bequemen Zugang zum 535-Liter-Kofferraum, der sich durch das Umlegen der Sitze leicht vergrößern lässt. Doch aufgrund der breiten Schultern über den hinteren Radhäusern ist er mit 91,6 Zentimetern ziemlich schmal ausgefallen. Um genau zu sein, einen halben Zentimeter schmaler als beim kleinsten Audi, dem A1. So lässt sich bei umgeklappten Sitzen ein ganzes Fahrrad im A7 transportieren, wenn einem der schmale Kofferraum nicht einen Strich durch die Rechnung macht.

Braucht man einen 313-PS-Diesel?

Da wir schon beim Rummäkeln sind: Wer braucht eigentlich einen 313-PS-Diesel unter der Motorhaube? Diese Frage stellt man sich zumindest im Berliner Straßenverkehr, während man von einer Ampel zur nächsten dahin bummelt. Immerhin geht die Maschine dank Start-Stop-Funktion aus, wenn sie nicht gebraucht wird. Ganz klar: Mit dem Bi-Turbo-Diesel ist man in der Großstadt völlig übermotorisiert. Erst auf der Autobahn kann sich dieser Prachtmotor richtig entfalten und seine Qualitäten unter Beweis stellen. Und der Diesel beeindruckt in mehrfacher Hinsicht. Zum einen lässt er sich extrem effizient fahren: Auf einer langen Autobahnetappe mit Maximalgeschwindigkeiten von 130 bis 140 km/h ermittelten wir einen Verbrauch von 6,3 Liter auf 100 Kilometer. Für ein 2-Tonnen-Fahrzeug, mit Allradantrieb und Vollausstattung samt Massage-Sitzen, 1.200-Watt-Bang&Olufsen-Soundsystem und und und, ist das ein erstaunlicher Wert.

Braucht es einen großen Diesel mit 313 PS. Zumindest findet der Motor einen guten Weg zwischen Dynamik und Ökonomie.

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Doch die meisten Käufer entscheiden sich vermutlich für diesen Motor, wenn sie Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h bevorzugen. Und genau dafür eignet er sich hervorragend. Mit seinen 650 Nm Drehmoment wuchtet er den 2-Tonner geradezu spielerisch Richtung Höchstgeschwindigkeit 250 km/h. Mit seinem kernigen Klang macht es sogar richtig Spaß, das Potenzial voll auszuschöpfen. Und jetzt kommt der Clou: Obwohl wir auf einer Autobahnfahrt das volle Potenzial des Motors genutzt haben und uns oft jenseits der 200 km/h bewegten, lag der Durchschnittsverbrauch am Ende bei 11,6 Liter auf 100 Kilometer. In Relation zur gebotenen Leistung ist das ein sehr guter Wert, der mal wieder die Stärke des Diesels auf schnell gefahrenen Strecken hervorhebt.

Nicht nur dank des effizienten und leistungsstarken Motors eignet sich der A7 bestens für die Langstrecke. Extras wie eine Doppelverglasung, Luftfederung, Massage-Sitze und das exzellente Bang&Olufsen-Soundsystem machen das Reisen noch angenehmer. Und dann gibt es da eine kleine Verspieltheit: Den Soundgenerator im Auspuff. Eigentlich säuselt der Diesel immer schön vor sich hin – leise, aber auch unspektakulär. Es sei denn, man aktiviert den Sport-Modus beim Getriebe beziehungsweise den Dynamik-Modus im Fahrzeugmenü. Dann brabbelt der Monsterdiesel auf einmal los, wie ein V8-Benziner. Ein "Lautsprecher" im Auspuff macht es möglich. Braucht man das? – Eigentlich nicht. Aber genau diese Dinge machen den Audi A7 so schön unvernünftig und begehrenswert. Übrigens auch der Preis. Unser Testwagen lag mit seiner Vollausstattung bei gut 99.000 Euro. In diesem Fall ist Unvernunft auch Luxus. Schön, wenn man sich den leisten kann.

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