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So schön frostig zeigt sich leider keiner der einstigen Kühlorte mehr. Hier handelt es sich um das eisige Untergeschoss der Neumayer-Forschungsstation in der Antarktis.

© dpa

Eiskeller: Kühle Fluchten

Hunderte historische Eiskeller gibt es in Berlin und Brandenburg. Einige kann man auch besichtigen – und später baden gehen.

Touristisches Programm bei Temperaturen von mehr als 30 Grad? Nein danke, sagen wohl die meisten. Doch es gibt Orte, da wird man sich in diesen Tagen geradezu hinsehnen: Eiskeller. Und wer danach sucht, wird überrascht sein, wie viele es von diesen historischen Bauwerken auch in Berlin und Brandenburg gibt. Nicht alle sind zu besichtigen, doch eine stattliche Zahl bietet Zuflucht vor tropischer Hitze.

Eiskeller haben ja eigentlich ausgedient. Die meistens unterirdischen Bauwerke wurden bis zur Einführung der Kältemaschinen Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere von Brauereien und vermögenden Grundbesitzern zum Aufbewahren von Eis genutzt. Gefrorenes war ein Luxusartikel, und es galt als Statussymbol, seinen Gästen im Sommer gekühlte Speisen und Getränke anbieten zu können. Der Eiskeller wurde bevorzugt in die Garten- und Landschaftsarchitektur einbezogen und diente zum Beispiel gleichzeitig als Fundament für einen Gartenpavillon oder eine kleine Terrasse. Eiskeller wurden auch bei Metzgereien, Molkereien, Hotels, Gaststätten und Bahnhöfen gebaut. Viele Krankenhäuser brauchten Eiskeller, um für therapeutische Zwecke Eis zur Verfügung zu haben.

Kleinere Eiskeller wurden trotz Kühlmaschinen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zum Temperieren von Lebensmitteln errichtet und vereinzelt noch bis in die 1950er Jahre genutzt. Heute sind die meisten abgerissen, zugeschüttet oder verfallen. Nur wenige Eiskeller wurden restauriert oder als Überwinterungsquartier für Fledermäuse hergerichtet. Nachfolgend einige Beispiele:

ERDHÜGEL AM GLAMBECKER SEE

Glambeck liegt mitten im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin an einer der landschaftlich schönsten Wegstrecken der Region: Sie beginnt in Joachimsthal und führt über Görlsdorf und Kerkow bis Angermünde. Ein knapp einstündiger Rundweg leitet den Besucher durch die Geschichte des ehemaligen Guts und Dorfes Glambeck. Der Spaziergang beginnt an der Fachwerkkirche. Am Dorfrand entlang führt der Pfad an den ehemaligen Katen der Kossäten und Tagelöhner des Guts vorbei zum einstigen Rittersitz. Die Fundamente wurden kürzlich durch den Denkmalverein Glambeck freigelegt, dokumentiert und gesichert.

Südlich davon ließ Gutsherr Ramin zwischen 1791 und 1793 ein neues Herrenhaus errichten. Das Gebäude existierte bis 1982, als es nach Aufhebung des Denkmalschutzes abgerissen wurde. Hinter der Ruine befindet sich der ehemalige Gutspark, der auf seiner Südseite an den Glambecker See grenzt. Hier kann man übrigens vorzüglich baden und angeln. Mitten im Park liegt der wieder hergerichtete Eiskeller, der – acht Meter tief und 4,50 Meter breit – vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts aus Feldsteinen und Ziegeln unter einem Erdhügel gebaut wurde. Bis ins 20. Jahrhundert wurden in den Wintermonaten Eisblöcke aus dem zugefrorenen See geschnitten und im Eiskeller gestapelt. Sie hielten das ganze Jahr, um Lebensmittel und Jagdbeute zu kühlen. Von April bis Oktober ist der Keller zu besichtigen. Im Winter dient er Fledermäusen als Winterquartier. Schorfheide-Info, Töpferstraße 1, 16247 Joachimsthal; Telefon: 03 33 61 / 63 38

KNIFFLIGE TECHNIK IN JULIANENHOF

Einen stattlichen Eiskeller weist auch das zum Naturpark Märkische Schweiz gehörende Dörfchen Julianenhof auf. Ebenso wie Glambeck war die gekühlte Vorratskammer Teil eines großen Guts, das von 1954 bis 1990 von der landwirtschaftlichen Genossenschaft Reichenberg genutzt wurde. Die Eiskellerruine wurde (wie das verfallene Gut) 1998 vom Nabu Regionalverband Strausberg Märkische Schweiz e.V. erworben. Im Sommer 2000 konnte der bautechnisch interessante Eiskeller rekonstruiert werden. Er ist mit einer Raumhöhe von mehr als fünf Metern und einer Grundfläche von etwa 40 Quadratmetern wohl einer der größten in Brandenburg. Unvorstellbar: Hier war das Einlagern von 120 Kubikmeter Eis möglich, das sich dank der 1,85 Meter dicken, mit Luftkammern versehenen Außenmauern bis zu zwei Jahre halten konnte.

Im Eiskeller befindet sich heute auch die Ausstellung „Eiskeller der Brandenburg-Preußischen Güter. Zur Geschichte einer alten Kühltechnik“. Diese ermöglicht interessante Einblicke in die schwere Arbeit der Eisgewinnung und -einlagerung. Die benötigten Arbeitswerkzeuge und Transportmittel werden ebenso dargestellt wie die lange Entwicklung der Kühltechnik.Internationales Fledermausmuseum, Julianenhof 15 B, 15377 Märkische Höhe; Telefon: 03 34 37 / 152 56

BACKSTEIN AUF SCHLOSS GADOW

Einst als Eiskeller genutzt: die Pyramide im Neuen Garten von Potsdam.

© picture-alliance / ZB

Als Hugo von Wilamowitz-Moellendorff 1829 Schloss Gadow in den Elbtalauen bei Wittenberge übernahm, begann er damit, den vorhandenen Park im englischen Geschmack weiträumig durch neue Anlagen zu einem großen Landschaftspark mit Tiergarten, Gewächshaus, Pferdeställen und Forsthaus umzugestalten. Ein Eiskeller durfte dabei natürlich nicht fehlen, er liegt 350 Meter südlich vom Schloss. Nach den DDR-typischen Nutzungsvarianten in der Nachkriegszeit (Kinderheim, Grenzpolizei, FDGB-Ferienheim) und Leerstand in der Nachwendezeit, wird das Schloss seit Ende der 1990er Jahre wieder als Ferienanlage für Kinder genutzt. Erst in diesem Jahr erhielt das Gebäude einen frischen Fassadenanstrich, doch schon 1990/1991 wurde der Eiskeller renoviert, für einige Jahre als Café, heute als Gaststätte genutzt. Der Bau ist etwa sechs Meter hoch mit einem Durchmesser von 25 Metern. Darauf thront eine von Erde ummantelte Kuppel, etwa zweieinhalb Meter hoch und 18 Meter breit. Die im Inneren erhaltenen Wände sind aus Backstein sorgfältig gemauert.Ponyschloss Gadow, Lindenallee 1, 19309 Gadow; Telefon: 03 87 80 / 508 10

VERZIERT AUF SCHLOSS WUSTRAU

Als Hans Joachim von Zieten 1699 in Wustrau im Ruppiner Land geboren wurde, stand zunächst nur ein „Kavaliershaus“. Ein erster Schlossbau ländlich-barocken Stils entstand erst zwischen 1747 und 1750. Seine jetzige Gestalt erhielt Schloss Wustrau im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts unter dem Grafen Albert-Julius von Zieten-Schwerin. Der zugehörige Landschaftspark wurde um 1830 gestaltet.

Und, wie sollte es anders sein, zum Gut gehörte ab 1750 ein Eiskeller, in dem das im Winter vom See herantransportierte Eis (abgedeckt mit Stroh und Torf) bis in den Sommer hinein gelagert wurde. Völlig schmucklos sollte auch der Eiskeller nicht sei – der Eingang wurde mit von Friedrich Christian Glume geschaffenen Steinpfeilern (Hermen) verziert, die zwischen 1991 und 2003 restauriert wurden. Im Zweiten Weltkrieg war das Schloss zeitweilig Sitz der SS-Wehrwirtschaftsführung und zentrale SS-Führungsdienststelle. Bei Kriegsende hatte Heinrich Himmler hier kurze Zeit seinen Befehlsstand.

Nach 1945 wurde das Schloss geplündert, anschließend verstaatlich und als Notunterkunft genutzt. Von 1950 an war dann für 25 Jahre eine Berufs- beziehungsweise Oberschule untergebracht. Das DDR-Ministerium der Justiz betrieb ab 1981 im Schloss eine Fortbildungsstätte, das Institut für Weiterbildung. Nach der Wende fand die Fortbildungseinrichtung der Justiz des Landes Brandenburg bis 1993 ein Zuhause im Schloss. Seitdem ist es die zweite Tagungsstätte der Deutschen Richterakademie.Schloss Wustrau, Hohes Ende 20, 16818 Wustrau

Um historische Eiskeller kümmert sich auch der Verein Berliner Unterwelten (www.berliner-unterwelten.de).

Wer sich einen schönen Überblick über die bekannten, noch mehr oder weniger erhaltenen Eiskeller in Berlin und Brandenburg verschaffen möchte, kann sich ebenfalls auf der privaten Internetseite von Norbert Heitze umsehen. Der Berliner Spezialist für Eiskeller ist auch dankbar für Hinweise auf ihm bisher nicht bekannte Standorte. Nicht allein wegen der anhaltenden Hitze.

www.eiskeller-brandenburg.de

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