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Berlin soll Regenbogenhauptstadt werden.

© imago/Seeliger

Queeres Senatsprogramm: So weit ist Berlin auf dem Weg zur Regenbogenhauptstadt

Berlin will Regenbogenhauptstadt sein. Tatsächlich gibt es Fortschritte bei queeren Vorhaben - doch das Bild bleibt gemischt.

Das vom Berliner Senat beschlossene Programm zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt (IGSV) soll laut Justizsenator Dirk Behrendt (Die Grünen) unterstreichen, "dass Berlin es ernst meint" in punkto LGBTI-Rechte. Dass es manchmal bei bei der Umsetzung des 92 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalogs auf Bezirksebene dennoch hakt in der "Regenbogenhauptstadt", wurde erst unlängst klar. Doch was hat sich in den Senatsverwaltungen in Sachen queerfreundlicher Landespolitik inzwischen getan? 

Diese Frage stellten die Landtagsabgeordneten Carsten Schatz (Linke), Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) sowie Anja Kofbinger und Sebastian Walter (Die Grünen) der Senatskanzlei und die Senatsverwaltung für Jugend, Familie und Bildung.

Gemischt ist das Bild in der Senatsverwaltung für Jugend, Familie und Bildung: Viele im Maßnahmenkatalog formulierten Ziele werden zwar in Angriff genommen, häufig aber im Rahmen bereits entstehender Projekte.

Und was etwa die Einrichtung geschlechtsneutraler Toiletten in Berliner Schulen anbelangt, wird die Verantwortung ganz an die Institutionen selbst abgegeben. 

[Der Text ist eine Leseprobe aus dem monatlichen Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel - hier geht es zur Anmeldung.]

Auf Fortschritte verweist der Senat in seiner Antwort besonders im Hinblick auf die Initiative Rainbow City Network und internationale Städtekooperationen: Hier sind in den kommenden Jahren Kooperationen mit Prag und Brüssel möglich.

Regenbogen-Partnerstädte

Die Entwicklung hochschuleigener Diversity Policies und Strategien lässt hingegen noch auf sich warten: Sie werden laut Senatskanzlei zur Zeit hochschulintern ausgearbeitet.

Wie eine solche unigetriebene Politik im Bereich sexueller und geschlechtlicher Vielfalt aussehen könnte, zeigt die TU Berlin. Hier können trans Studierende jetzt ihren gewählten Vornamen auf allen Dokumenten der Hochschule führen – und zwar auch, bevor die gesetzliche Personenstandsangleichung abgeschlossen ist.

Die TU Berlin reagiert auf Kritik von trans Studierenden

Das ist seit Anfang des Wintersemesters möglich, sagte TU-Vizepräsidentin Angela Ittel auf Anfrage. Die Studierenden müssen dafür den Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI) vorlegen, der alle selbstgewählten Personalangaben enthält und von den Innenministerien anerkannt wird.

Dass die Berliner Hochschulen sich bislang mit den Personenangaben von trans Studierenden äußerst schwertun, hatten Studierende in der vergangenen Zeit kritisiert. Sie dürften den selbst gewählten Vornamen bislang nicht auf Studierendenausweis, Dokumenten und im Onlinesystem der Uni führen, hatten TU-Studierenden noch im April erklärt. Auf die Kritik reagierte die TU jetzt.

Die TU Berlin mit Regenbogenfahne. Seit kurzem können an der TU trans Studierende auch ihren gewählten Namen offiziell auf Unidokumenten führen.
Die TU Berlin mit Regenbogenfahne. Seit kurzem können an der TU trans Studierende auch ihren gewählten Namen offiziell auf Unidokumenten führen.

© TU Berlin/PR/Michael Setzpfandt

Das Thema geschlechtliche Vielfalt ist auch eines von zwei Fokusthemen der neuen Diversitätsstrategie der Uni, die unlängst im Akademischen Senat verabschiedet wurde. Den Fokusthemen – das andere ist soziale Herkunft – soll bis 2022 eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Linkenpolitiker Schatz ist alles in allem zufrieden mit den LGBTI-politischen Entwicklungen auf Landesebene: "Die Antworten auf unsere Anfragen zeigen, dass wir den in der IGSV definierten Zielen näher kommen”, meint er gegenüber dem Queerspiegel-Newsletter. Große Fortschritte sieht er bei der Arbeit mit queeren Geflüchteten, der Entwicklung des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses und bei den kiezbezogenen Maßnahmen zur Gewaltprävention.

Keine guten Aussichten in Brandenburg

Und auch, was die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs in den Bezirken anbelangt, ist Schatz zuversichtlich: Hier seien Gespräche mit den Bezirksbürgermeister*innen geplant, um bezirkseigene LGBTI-Ansprechpersonen zu ernennen.

Ganz und gar nicht rosig sind die Aussichten für queerfreundliche Landespolitik hingegen im Berliner Umland. Denn in Brandenburg steht ein traditionsreiches LGBTI-Projekt vor dem Aus: Der Landesverband AndersARTIG e. V. setzt sich seit 1995 für queere Mensche im Land Brandenburg ein. Nun beschloss das Sozialministerium, zum Jahresende die Förderung der Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule & Trans* Belange des Landes Brandenburg (LKS) bei AndersARTiG e.V. einzustellen und die Gelder neu auszuschreiben.

Bedroht ist damit die komplette Vereinsarbeit. Doch die Aktivist*innen wehren sich: Unter dem Motto #community4andersartig rufen sie zur Solidarisierung mit der LKS auf.  

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