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Protest des Intersex Justice Projects in Chicago. Das Laken links ist symbolisch mit blutigen Windeln behängt.

© Sarah-Ji Rhee

Intersex Awareness Day: Protest gegen Operationen an intersex Menschen

Noch immer noch werden inter* Personen kurz nach ihrer Geburt operiert, um ihr Geschlecht eindeutig zuordnen zu können. Am Samstag wird dagegen protestiert.

„Das Thema Intersex ist immer noch mit Stigma und Schamgefühl verbunden“, sagt Dani Coyle. Die 24-jährige ist Intersex Aktivist*in und fordert: "Die gewaltvolle Veränderung unserer Körper muss aufhören und stattdessen eine Änderung der Definition von ,normal' geschehen.“ Anlässlich des „Intersex Awareness Day“ am 26. Oktober ruft die Gruppe Voices4 Berlin deshalb zum Protest vor dem Bundesministerium für Gesundheit auf - unter ihnen auch Dani Coyle.

Die Designer*in erfuhr mit 14 Jahren, dass sie intersex ist und setzt sich heute für die Rechte von Menschen ein, die nicht in die traditionellen Geschlechterdefinitionen hineinpassen. „Wir Intersex*-Menschen haben immer schon existiert, aber lange wurden unsere Stimmen in der Gesellschaft nicht gehört. Das muss sich ändern.“ Sie machtdeutlich, dass der Begriff „Inter*Personen“ weit gedacht werden müsse und ein Sammelbegriff für Menschen sei, deren Körper nicht den engen medizinischen Definitionen von „männlich“ und „weiblich“ zuzuordnen sind. Dazu zählen Variationen in Chromosomen, Hormonen, äußeren und inneren Geschlechtsorganen.

Coyle kritisiert, dass es immer noch zu wenig Bewusstsein für die Vielfalt an Geschlechtern gäbe: „Diese Obsession, in das binäre Geschlechtermodell reinzupassen, muss aufhören. Denn die Zahl an Geschlechtern geht weit darüber hinaus.“ Bis zu 1,7% aller Menschen seien mit intergeschlechtlichen Merkmalen geboren - dies entspricht der Wahrscheinlichkeit von Zwillingen.

Entschädigungen für betroffene Menschen gefordert

In ihrem Aufruf beziehen sich Voices4 Berlin auf eine Kampagne des US-amerikanischen Projekts „Intersex Justice Project“ aus Chicago. In diesem Rahmen soll auch dem ersten öffentlichen Protest von Intersex* Aktivist*innen in Boston gedacht werden, die bereits 1996 für die Rechte von Intersex*-Personen kämpften. An den Forderungen habe sich leider nicht viel geändert. Das verdeutliche, wie wenig bisher unternommen wurde, um die rechtliche und gesellschaftliche Situationen von Inter*personen zu verbessern, kritisiert eine Aktivist*in von Voices4 Berlin.

Vorbereitungen für die Demo zum Intersex Awareness Day in Berlin.
Vorbereitungen für die Demo zum Intersex Awareness Day in Berlin.

© Voices4 Berlin

Konkret soll es bei dem Protest am Samstag um die Abschaffung von nicht-einvernehmlichen, rein kosmetischen Operationen an Inter*-Personen gehen. Obwohl inzwischen immer mehr von Eingriffen abgeraten wird und Institutionenwie die Vereinten Nationen und Human Rights Watch die Eingriffe verurteilen, sind die Leitlinien keineswegs verbindlich. Für die betroffenen Menschen haben die Eingriffe aber oft schwere psychische und körperliche Folgen.

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Voices4 Berlin kritisieren, dass Inter*Personen kurz nach ihrer Geburt „unnötigen und nicht-einvernehmlichen Operationen unterzogen werden“ - und das „aus keinem anderen Grund als der Durchsetzung von gesellschaftlichen Normen in Bezug auf binäre Geschlechtszugehörigkeit“. Immer noch würden die Praktiken keinen Eingang in öffentliche Debatten finden und die Konsequenzen der Eingriffe häufig unsichtbar bleiben. Aus diesem Grund fordern die Aktivist*innen, dass derartige Praktiken nicht mehr durchgeführt werden und die betroffenen Menschen Entschädigungsleistungen erhalten.

Darüber hinaus sollte Aufklärung in Gesundheits- und Bildungseinrichtungen geleistet werden. „Man kann nicht mit Menschen über ein Thema diskutieren, die nichts über das Thema wissen“, meint Coyle „Bildung ist der erste Schritt. Wir müssen selber über unsere Narrative und Körper bestimmen können.“ Die Veranstaltung am Samstag könnte dazu beitragen, ein Stück dieser Selbstbestimmung wiederzuerlangen.

Inga Hofmann

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