zum Hauptinhalt
Das Patriarchat zerschlagen. Darum geht es in der Doku.

© Feminism WTF

Dokumentation „Feminism WTF“: Eine Kampfansage an das Patriarchat und den Kapitalismus

Der Film „Feminism WTF“ beleuchtet patriarchale Strukturen aus verschiedenen Blickwinkeln. Er richtet sich gegen binäre Gendervorstellungen und stellt das kapitalistische System infrage.

Es ist eine Kampfansage. Mit Hämmern, Schlagstöcken und Boxhandschuhen ausgestattet läuft eine Gruppe junger Menschen auf die Kamera zu. Brüllend stürzt sie sich auf die ernst dreinblickende Büste eines Mannes mit roter Schleife um den Hals. Jetzt geht es dem Patriarchat an den Kragen. Der kämpferische Charakter des Dokumentarfilms „Feminism WTF“ wird schon in den ersten Minuten deutlich.

Gerade in Deutschland gilt Feminismus weiterhin als „Reizthema“, wie die österreichische Regisseurin Katharina Mückstein deutlich macht. Es gibt überdies wenig Bewusstsein für die zahlreichen Strömungen, die sich hinter dem Begriff „Feminismus“ verbergen. Die tatsächliche Bandbreite von postkolonialem Feminismus, über Black Feminism bis hin zu Queer Theory wird im Film aufgezeigt.

„Immer wieder kommt diese Frustration: Was wollen die Frauen? Was wollen die Feministinnen?“, sagt die Politikwissenschaftlerin Nikita Dhawan, die zu den Personen zählt, die Mueckstein für ihren Film interviewt hat. Antworten auf diese Frage geben sie und weitere Expert*innen aus Politik- und Sozialwissenschaften, Männlichkeitsforschung, Gender-, Queer- und Trans-Studies. Dazu zählen Maisha Auma, Persson Perry Baumgartinger und Laura Wiesböck.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Sie setzen sich auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene mit feministischen Fragen auseinander. Die Biologin Sigrid Schmitz etwa kritisiert die binären Vorstellungen von Geschlecht. Immer noch würden vermeintliche biologische Unterschiede zwischen Frauen und Männern betont. Dabei habe die Analyse von Genen und Chromosomen längst gezeigt, dass geschlechtliche Vielfalt weit über Mann und Frau hinausgehe. „Wenn man zwei Kategorien hat, ist immer die eine über der anderen“, so Schmitz, „Das System hält daher die einen an der Macht und die anderen nicht.“

Geschlecht ist nicht biologisch gegeben, sondern konstruiert

Die Soziologin Franziska Schutzbach wiederum problematisiert die Auslagerung von Care-Arbeit in den privaten Raum. Das Wirtschaftssystem fußt darauf, dass Haus- und Pflegearbeit im Gegensatz zur Lohnarbeit unbezahlt ist und von Frauen ausgeführt wird. Auch auf ökonomischer Ebene gäbe es daher ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Patriarchats, so Schutzbach.

Zwischen den Interviews werden kurze Sequenzen eingeblendet, in denen Performer*innen sich zum elektronischen Soundtrack von Tony Renaissance bewegen und gegen heteronormative Vorstellungen von Geschlecht antanzen.

Geschlecht ist der letzte Ort der Versicherung in einer sehr unsicheren Welt.

Sigrid Schmitz, Biologin

Eine Stärke des Films besteht darin, dass er zu einem queeren Verständnis von Feminismus beiträgt. So werden Trans-Studies und die Perspektiven von trans sowie nicht-binäre Menschen mit einbezogen.

Zwischen den Interviews werden kurze Sequenzen eingeblendet, in denen Tänzer*innen sich zum elektronischen Soundtrack von Tony Renaissance bewegen.
Zwischen den Interviews werden kurze Sequenzen eingeblendet, in denen Tänzer*innen sich zum elektronischen Soundtrack von Tony Renaissance bewegen.

© Feminism WTF

Wie Geschlecht sozial konstruiert wird, verdeutlicht besonders gut die Szene, in der Erwachsene in einem Experiment mit Kindern spielen sollen, die in Rosa und Blau gekleidet sind. Schnell zeigt sich, dass sie ihr Verhalten und die Wahl des Spielzeugs daran anpassen, ob sie das Kind als Mädchen oder Jungen wahrnehmen. Sogar ihre Tonlage wird gegenüber dem Kind in Rosa höher, wohingegen sich die Stimme gegenüber dem Kind in Blau senkt.

„Geschlecht ist der letzte Ort der Versicherung in einer sehr unsicheren Welt“, erklärt Biologin Schmitz. Dahinter stecke die Idee, dass Biologie Schicksal sei. Genau dieser Vorstellung tritt der Film entgegen, ebenso wie den traditionellen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen. Im intersektionalen Sinne werden soziale Kategorien wie Geschlecht, race, sexuelle Orientierung und Klasse als miteinander verwoben betrachtet und in einen kapitalistischen Kontext eingeordnet.

„Das ist für mich Feminismus: Dass wir Raum beanspruchen und anderen Raum verschaffen“, sagt Maisha Auma, Erziehungs- und Genderwissenschaftlerin. Auch wenn sich die Wut anfangs symbolisch gegen eine männliche Büste richtet, ist der Film keinesfalls eine Kampfansage an Männer. Vielmeher zeigt er, dass toxische Männlichkeit und patriarchale Strukturen aufgebrochen werden müssen, und zwar zum Wohle aller.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false