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Eine Kerze mit Herz steht in der Mitte des Tunnel der zu der Unglücksstelle führt.

© Fabian Strauch/ dpa

„Am Ende steht grenzenlose Enttäuschung“: Zehn Jahre nach der Loveparade-Katastrophe ist der Schmerz noch da

Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg starben 21 Menschen, hunderte wurden verletzt. Doch niemand wurde dafür zur Verantwortung gezogen.

Nur eine gut fünf Meter hohe Mauer trennte die Partygänger vom höher gelegenen Gelände, auf dem ausgelassen gefeiert wurde. Am Nachmittag des 24. Juli 2010 strömten Tausende, voller Vorfreude, auf den ehemaligen Hauptgüter- und Rangierbahnhof in Duisburg zur legendären Loveparade.

Eine Veranstaltung, die 1989 als kleiner Straßenumzug mit 150 Teilnehmern in West-Berlin startete, über die Jahre zum international exponierten Technorave avancierte und später zu einem Massenspektakel und Marketingevent mit Millionenpublikum wurde.

10.07.1999, Berlin: Unter dem Motto ´Music is the key» tanzen Menschen in Berlin-Tiergarten auf der Loveparade.
10.07.1999, Berlin: Unter dem Motto ´Music is the key» tanzen Menschen in Berlin-Tiergarten auf der Loveparade.

© dpa

Doch der Weg zur Parade in Duisburg sollte sich als Nadelöhr erweisen: Der Zugang war für den enormen Besucheransturm viel zu schmal. Die Enge löste Panik bei den Feierfreudigen aus. Videomitschnitte zeigen verstörende Szenen, von Menschen, die in der Masse auf den Boden gedrückt wurden, und anderen, die bei dem Versuch scheiterten, die Mauer hochzuklettern, die sie vom Gelände entfernte, und stattdessen in die Masse stürzten.

Eine kleine Steintreppe mit kurzen Stufen, von denen viele Opfer in das Gedränge fielen, wurde in den darauffolgenden Monaten zum Symbolbild der Katastrophe: 21 Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren wurden von der Masse erdrückt, mindestens 652 Menschen waren verletzt. Viele kämpften noch Jahre später mit den psychischen Folgen.

Nach Angaben des Selbsthilfevereins "LoPa-2010" vom Juli 2014 begingen mindestens sechs Überlebende aufgrund andauernder seelischer Belastungen in den darauffolgenden Jahren Suizid.

Gedenkort an der Treppe, die damals zum Gelände führt.
Gedenkort an der Treppe, die damals zum Gelände führt.

© Leon Kuegeler/REUTERS

An der Unglücksstelle, vor der Treppe, wird auch am Vorabend des zehnten Jahrestages der Tragödie der Opfer gedacht. Bei einer "Nacht der 1000 Lichter" wurden dabei rund 1000 Grablichter entzündet. Viele waren mit Gedenkworten beschrieben. "Es tut noch weh", stand auf einer Kerze.

Für die Angehörigen war am Abend eine nichtöffentliche Andacht geplant. Die meisten Angehörigen der Opfer aus dem Ausland konnten jedoch wegen der anhaltenden Corona-Pandemie nicht zu der Gedenkfeier anreisen.

Bei der "Nacht der 1000 Lichter" wurden rund 1000 Grablichter entzündet.
Bei der "Nacht der 1000 Lichter" wurden rund 1000 Grablichter entzündet.

© Leon Kugeler/REUTERS

Im Anschluss an die Katastrophe vor zehn Jahren schoben sich die Stadt Duisburg, der Veranstalter Lopavent und die Polizei gegenseitig die Verantwortung zu. Im Dezember 2017 begann ein Strafprozess gegen zehn Angeklagte der Stadt und des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung.

Es war eines der aufwändigsten Verfahren der Nachkriegszeit. Das Landgericht Duisburg stellte den Strafprozess am 4. Mai endgültig und ohne Urteil ein, weil die Angeklagten nur eine geringe individuelle Schuld treffe. Die Opferanwälte Gerhart Baum und Julius Reiter erklärten am Donnerstag in Düsseldorf: "Am Ende steht grenzenlose Enttäuschung."

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Diese richte sich "mehr oder minder an alle, die für Aufklärung zuständig waren - an die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, aber auch die Polizei und in geringerem Maße auch an die Politik", betonten die Anwälte. "Die eigentlich Verantwortlichen standen nicht vor Gericht - und es war ein Fehler der Justiz, sich nicht noch stärker auf das Verwaltungsversagen der Stadt Duisburg konzentriert zu haben."

Sie würden sich gegenüber ihren Mandanten schämen, besonders gegenüber den ausländischen - dass nun am Ende nicht in letzter Klarheit deutlich geworden sei, was zur Katastrophe geführt habe, und welches Versagen einzelner dafür verantwortlich gewesen ist.

Die Anwälte fügten hinzu, dabei gehe es nicht nur um "die strafrechtlich relevante individuelle Schuld, die wegen Verjährung jetzt ohnehin nicht mehr zur Debatte steht". Es sei immer auch darum gegangen, das komplexe Verwaltungsversagen im Einzelnen aufzudecken, was nun nicht geschehen ist. (Mit AFP, dpa)

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