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Die Initiatorinnen kannten Tugce A. nicht persönlich. Aber die Anteilnahme in ihrem Freundeskreis war groß.

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Gedenken an Tugce A. in Berlin-Kreuzberg: „Wir dürfen uns nicht abschrecken lassen“

Der Tod der Studentin Tugce A. macht viele Menschen fassungslos. In Berlin erinnerten auf dem Oranienplatz trotz eisiger Kälte Hunderte an sie. Eine Verwandte der Familie appelliert, weiter für Zivilcourage einzustehen.

Es ist bitterkalt, der Wind eisig. Trotzdem sind fast 200 Menschen an diesem Sonntagnachmittag zum Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg gekommen. Sie sind hier um der Studentin Tugce A. zu gedenken. Kinder, junge Männer Frauen und Familienväter sind da, die meisten tragen Schwarz, viele weinen. Sie legen Rosen ab, rund um ein Transparent mit dem Namen der 23-Jährigen, „Zivilcourage ist der höchste Orden im Kampf für den Frieden“ steht darauf.

Die Lehramtsstudentin aus Gelnhausen soll vor zwei Wochen vor einem Schnellrestaurant im hessischen Offenbach zu Boden geschlagen worden sein und bei dem Sturz lebensgefährliche Kopfverletzungen erlitten haben. Sie soll nach bisherigen Erkenntnissen zuvor zwei junge Mädchen vor Belästigungen durch eine Gruppe Männer geschützt haben. Am Ende waren ihre Verletzungen zu schwer, die Ärzte diagnostizierten ihren Hirntot. Am Freitag wurden die lebenserhaltenden Geräte abgeschaltet.

Die beiden jungen Frauen aus Offenbach, die Tugce A. verteidigt haben soll, sollten sich bei der Polizei melden und eine Aussage machen, ermutigen die beiden Veranstalterinnen. Sie sind auch dafür, Tugce A. das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Bundespräsident Joachim Gauck lässt einen entsprechenden Vorschlag gerade prüfen.

Özcan Mutlu: „Wir dürfen uns nicht abschrecken lassen“

In Berlin hatte die 21-jährige Cagla Firat aus Berlin gemeinsam mit einer Freundin die Idee zur Mahnwache. „Wir konnten leider nicht am Freitag in Offenbach dabei sein, aber die Anteilnahme in unserem Freundeskreis war groß“, sagt sie. Da planten die jungen Frauen das Gedenken in Berlin.

Knapp 200 Menschen gedenken am Sonntag der Studentin Tugce A. auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg.

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Innerhalb von zwei Stunden hätten 300 Menschen auf Facebook zugesagt zu kommen, auch Familie und Freunde von Tugce A. meldeten sich bei ihnen. Eine entfernte Verwandte der Familie, die in Berlin lebt, erschien ebenfalls spontan. Güler Doganay heißt sie. Auf der Mahnwache bedankt sie sich unter Tränen im Namen der Familie für die Anteilnahme und lobt die Zivilcourage der jungen Frau: „Tugce ist ein Beispiel für uns alle. Ihr Tod darf nicht bedeuten, keine Zivilcourage mehr zu zeigen.“ Auch sie appelliert an die Mädchen, sie sollten keine Angst haben und bei der Polizei aussagen.

Der Grünen-Politiker und Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu ist ebenfalls auf dem Oranienplatz, zusammen mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering. „Der jungen Frau zu gedenken und ihre Zivilcourage nicht zu vergessen, ist das Mindeste, was wir tun können“, sagt Mutlu. „Wir dürfen uns von grausamen Vorfällen wie diesen nicht abschrecken lassen.“

Auch Tina K. würdigt die Zivilcourage von Tugce A.

„So etwas darf nie wieder passieren“, sagt auch Tina K. Für die Schwester von Jonny K. ist es eine „Selbstverständlichkeit“, einer mutigen Tat, wie der von Tugce A. zu gedenken. Vor knapp zwei Jahren, in der Nacht zum 14. Oktober 2012 war ihr Bruder Opfer einer brutalen Prügelattacke am Alexanderplatz geworden. Wenig später starb der damals 20-Jährige. Sein Tod löste in Berlin eine Debatte über Sicherheit in der Stadt aus.

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