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Auf die sichere Tour: Bergführer Helmut Rettensteiner zeigt auf den Dachstein.

© Annette Kögel

Winter in Deutschland: Der Bergretter

Auf Schneeschuhtour mit Helmut Rettensteiner: Was Wintersportler tun – und was sie lassen sollten.

In den Bergen laden sich Urlauber aus der Großstadt gerne Wetter-und Wander-Apps herunter – und ziehen dann mit Blick auf einen Online-Landkartendienst auf dem Mobiltelefon abseits der Piste los. Bis sie sich verlaufen, stecken bleiben oder gar verunglücken – dann muss der Retter kommen, also Helmut „Heli“ Rettensteiner. Der Österreicher ist einer jener Helfer, die gerade in den Alpen stark gefragt sind. „Im digitalen Zeitalter hat sich unsere Arbeit stark verändert – und damit auch die Rettungseinsätze“, erzählt Rettensteiner. Bei ihm ist der Name Programm, seit sein Vater, ein früherer Pistenpolizist, den Jungen für das Ehrenamt begeisterte.

Gerade stapft Helmut Rettensteiner mit einer Gruppe Schneeschuhwanderer auf sicherem Terrain in der Gemeinde Ramsau am Dachstein und erklärt dabei die Gefahren des digitalen Wintersportzeitalters. „Die Leute gucken sich diese Actionfilmschnipsel auf Youtube an und denken, das kann ich auch“, sagt der Experte in Gletscher-, Lawinen- und Hochtourenkunde bei der Jausenpause in der Ederstube. Aktuell verschärft auch noch der starke Schneefall in den Alpen die Gefahren.

In der Nacht zum Dienstag bekamen auch die Helfer in der Dachsteinregion mehr zu tun als ihnen lieb ist: Eine Schneewalze traf in der Nacht ein Hotel und ein Appartementhaus. Die 60 Gäste und Angestellten konnten die Gebäude laut Polizei unverletzt verlassen. Der Schlepplift dort war bereits gesperrt, das Gebiet in der Höhe war als lawinengefährdet bekannt.

In den letzten Jahren ist das Handy allerdings auch zum Segen für viele Verunglückte geworden, weil sie damit schnell Hilfe holen können. Helmut Rettensteiner erfährt dann per SMS von der Rettungsleitstelle von den Unfällen. „Unter einer Lawine hat man in der Regel zwölf Minuten Zeit zu überleben.“ Ein Ortungsgerät sollte man daher dicht am Köper tragen, nicht in einer Jacke, die überm Stuhl hängen bleibt. Tote hat er auch schon gesehen in zwanzig Jahren Einsatz, das gehört dazu. Eine Frau kannte er, das ging ihm sehr nah.

Häufig kommen Hilfe-SMS abends nach der Party

Oft kommen Hilfe-SMS abends, wenn jemand nach der Après-Ski-Party vermisst wird. Männer, die alkoholisiert neben der Piste an einen Baum prallen oder sich verfahren, so etwas kommt öfter vor.

Auf der Schneeschuhtour bei Ramsau gibt es Tee und Wasser. Stapf, klack, stapf, klack, im weichen Weiß durchatmen und entschleunigen. An einem Gehöft steht auf einem Schild: „Original Drehort. Hof Emilie. Die Bergretter“. Helmut Rettensteiner kann erklären, ob das, was in der ZDF-Serie gezeigt wird, der Realität entspricht.

Zumindest der Hof gehört im wahren Leben Peter Perner, einem bekannten Bergsteiger, der sogar einbeinig auf die Gipfel steigt. „Doch Notfälle wie in der Fernsehserie, dass nun ein Knoten aufgeht, ein Karabiner wegbricht oder ein Seil reißt, kommen heute mit der modernen Ausrüstung eher nicht mehr vor“, sagt Rettensteiner. Häufiger sei, dass Ausflügler in steilem Wandergelände ausrutschen und sich ein Bein brechen. Gut ausgebildete Extrembergsteiger seien eher fachkundig. Aber Alltags-Bergurlauber überschätzten sich teils, weil zwar die Montur teuer und hochwertig ist, der Träger aber untrainiert.

„Wir merken im Skikurs am Körpergefühl schon, ob Kinder etwa aus Großstädten kommen"

„Wir merken im Skikurs am Körpergefühl schon, ob Kinder etwa aus Großstädten kommen, die nur am Handy spielen und nicht mehr rausgehen oder ob es Kinder sind, die auch sonst Sport treiben“, sagt auch Skilehrerin Monika Felsinger von der Skischule Tritscher. Warmmachen vor der Pistenabfahrt, das machen leider nur die wenigsten Urlauber am Berg. Und viele sind seit Jahren den harten Kunstschnee gewöhnt, kommen mit ihrer Carvingtechnik gar nicht mehr mit natürlich aufgehäuften weichen Schneehaufen zurecht. Und sie achten auch nicht mehr auf Wind. Rettensteiner zeigt auf Verwehungen an einem Baumstamm. Er weiß aufgrund seiner Erfahrung, wo sich meterhohe Schneebretter auftun. Die meisten Urlauber aber nicht.

Inzwischen kommen auch mal Touristen aus China oder Indonesien in die Steiermark. „Straße gesperrt“ – das Schild können manche nicht lesen. Oder wollen es auch nicht. Weil sie unbedingt das Ziel erreichen wollen. Gut, dass es dann Leute wie Rettensteiner gibt.

Die Reise wurde unterstützt von der Steirischen Tourismus GmbH

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