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Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu.

© dpa

Eurovision Song Contest (ESC): Warum Israels Teilnahme in Gefahr ist

Israels künftige Teilnahme am ESC ist in Gefahr. Das hat auch etwas mit der Politik von Netanjahu zu tun. Was die Hintergründe sind.

Die Moderatoren des ESC schauten verdattert, als Ofer Nachshon sich für die Punktvergabe aus Israel meldete. Bevor die zwölf Punkte an Portugal gingen, verkündete er das Ende der Teilnahme Israels am Wettbewerb – nach 44 Jahren. „Heute Nacht ist unsere letzte Nacht, bald wird IBA seine Übertragung für immer einstellen.“

Israels öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt IBA wird gerade abgewickelt: Die Nachrichten auf Kanal 1 liefen am Dienstag zum letzten Mal, der Nachfolgesender „Kan“ wird an diesem Montag übernehmen. Die 1948 gegründete IBA, zu der auch Radiosender gehören, galt als veraltet, ineffektiv und teuer. Die vor drei Jahren vom Parlament beschlossene Reform wird seit Monaten von Premierminister Netanjahus Versuch überschattet, möglichst viel Einfluss zu nehmen. Wie unabhängig die Nachrichten künftig sein werden, beschäftigt die Mitarbeiter, die israelische Bevölkerung – und die Europäische Rundfunkunion EBU. Die EBU ist für Israels ESC-Zukunft entscheidend: Um teilnehmen zu dürfen, muss eine Rundfunkanstalt Mitglied dieser Union sein. Derzeit gehören ihr 73 Sender aus 57 Ländern an, die Mitglied im Europarat sind oder sich in der Europäischen Rundfunkzone (definiert von der Internationalen Fernmeldeunion) befinden. Dazu gehören Algerien und Ägypten – und bisher Israel.

Drei Mal Platz eins

Das Land nahm seit 1973 fast jedes Jahr am ESC teil, schaffte es 19 Mal unter die ersten zehn und gewann drei Mal: 1978 mit „A-Ba-Ni- Bi“ von Izhar Cohen & The Alpha-Beta, ein Jahr später in Jerusalem mit „Halleluja“ von Gali Atari und Milk & Honey, und zuletzt 1998 mit „Diva“ von der transsexuellen Sängerin Dana International. In diesem Jahr schaffte es Imri Ziv mit „I Feel Alive“ nur auf Platz 23.

Die Generaldirektorin der EBU Ingrid Deltenre hat nun Zweifel, dass sich Israels neue Rundfunkanstalt für die Mitgliedschaft qualifiziert. Denn unbefangene Nachrichten seien die Kernaufgabe jeder öffentlich-rechtlichen Medienorganisation, sagte sie der „Jerusalem Post“.

Eigentlich sollte Kan genau das werden: modern und unabhängig. Doch monatelang wurde der Sendestart verschoben, zuletzt wollte Netanjahu verhindern, dass Kan überhaupt jemals auf Sendung geht – und womöglich regierungskritisch berichtet. „Was? Wir geben ihnen Geld und sie senden, was immer sie wollen? Das ist unbegreiflich, dass wir eine Anstalt gründen, die wir nicht kontrollieren. Was gibt das für einen Sinn?“, fragte seine Parteikollegin, die Kultur- und Sportministerin Miri Regev. Finanzminister Mosche Kahlon (Kulanu-Partei) dagegen wollte die Reform nicht abblasen – nun hat man sich geeinigt, die Nachrichten auszugliedern. Konkret realisiert ist das noch nicht.

Für Israel und den ESC gibt es einen Hoffnungsschimmer: Australien durfte 2015 anlässlich des 60. ESC-Jubiläums mitmachen – einmalig, hieß es damals. Obwohl kein australischer Sender Mitglied in der EBU ist. Seitdem ist das Land nun trotzdem dabei.

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