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Der Serengeti-Park in Niedersachsen wurde überschwemmt.

© dpa/Philipp Schulze

Update

Ein Überblick zur Hochwasserlage in Deutschland: Tiere aus Serengeti-Park in Niedersachsen evakuiert

Der Dauerregen hat nachgelassen. Dennoch ist die Lage vielerorts in Deutschland angespannt. Einige Tiere wurden evakuiert, nachdem Wasser in Stallungen eindrang.

Überflutete Ortsteile, evakuierte Menschen und Tieren: Die Hochwasserlage hält viele Menschen im Osten und Norden Deutschlands in Atem. In Niedersachsen ist die Hochwasserlage nach Einschätzung des Ministerpräsidenten so angespannt wie nie.

„Ein Hochwasser dieses Ausmaßes hat es hier bei uns zuvor nie gegeben. Experten warnen seit langem davor, dass die immer häufigeren Wetterextreme mit dem Klimawandel zusammenhängen“, sagte Stephan Weil (SPD) am Donnerstag in einer Mitteilung. Man müsse in der Zukunft das Engagement in der Hochwasserprävention weiter verstärken sowie den CO2-Ausstoß dringend weiter reduzieren.

Laut Weil sind im Bundesland mehr als 100.000 Menschen im Einsatz gegen das Hochwasser. „Die Bilder gleichen sich und doch sind sie vielerorts erschreckend: Riesige Wassermassen dort, wo sich sonst vergleichsweise kleine Flüsse durch die Landschaft schlängeln, mit Sandsäcken verstärkte Deichanlagen, Pumpen im Dauerbetrieb.“ Mehrere Bundesländer helfen mit Sandsäcken und Feuerwehrhilfstrupps.

In Niedersachsen sei in sechs Landkreisen sowie der Stadt Oldenburg (Stand Donnerstagnachmittag) ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt worden, teilte ein Sprecher des Innenministeriums auf dpa-Anfrage mit. Betroffen sind die Landkreise Celle, Oldenburg, Emsland, Osterholz, der Heidekreis sowie Verden und die Stadt Oldenburg. Durch die Feststellung eines außergewöhnlichen Ereignisses können Landkreise beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen.

28.12.2023, Niedersachsen, Verden (Aller): Feuerwehrleute bereiten Sandsäcke vor.
Feuerwehrleute bereiten Sandsäcke vor.

© dpa/Markus Hibbeler

In Drakenburg bei Nienburg an der Weser wurde den Angaben nach der historische Wasserstand von 1981 mit 834 Zentimetern überschritten. Der Scheitel werde dort in der Nacht zu Freitag erwartet, weiter flussabwärts in Richtung Bremen erst in der Nacht zu Samstag. Im Oberlauf der Weser sei der Scheitel bereits erreicht und die Pegelstände sinken.

Nach einem Deichriss in Lilienthal bei Bremen wurden angrenzende Straßen erfolgreich evakuiert. In der Gemeinde waren in den vergangenen Tagen an mehreren Stellen Deiche stärker beschädigt worden. Nach einer ersten Evakuierung am Mittwochabend wurden in der Nacht weitere Straßen „aus dringenden Sicherheitsgründen“ geräumt, wie die Feuerwehr mitteilte. Die Menschen kamen bei Freunden und Verwandten oder in einer hergerichteten Turnhalle unter. In dem evakuierten Bereich sei daraufhin der Strom abgeschaltet worden.

Die Flächen des Serengeti-Parks sind teilweise von Wasser überflutet.

© dpa/Philipp Schulze

Im Serengeti-Park im niedersächsischen Hodenhagen wurden einige Tiere evakuiert, nachdem Wasser in Stallungen eindrang.

Bei anderen Einsätzen beklagten Feuerwehren unterdessen den Diebstahl von Sandsäcken. „Sandsäcke, die an Deichen verbaut sind, werden von Anwohnern weggeholt, weil sie selber keine Sandsäcke haben, um ihre Häuser zu schützen“, sagte der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, am Donnerstag in Berlin.

Er sprach von vielen Problemen bei den Einsätzen. „Es gibt Beleidigungen, es gibt Diskussionen mit Betroffenen, warum wird erst in der Straße A begonnen und nicht in der Straße B das Wasser abzupumpen. Warum hat mein Nachbar vorher die Feuerwehr im Keller als ich“, sagte Banse.

Hochwasserwarnungen für Deutschland

© Quelle: Hochwasserportal, Stand Donnerstag 28.12. (12 Uhr)

„Da gibt es viel, viel Streitereien.“ Nach Banses Angaben sind seit Heiligabend Tausende Feuerwehrleute in verschiedenen Teilen Deutschlands im Einsatz. „Wir haben eine Hochwasserlage, wie wir sie seit vielen Jahren nicht erlebt haben.

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Zudem habe die Feuerwehr mit sehr vielen Schaulustigen zu kämpfen.

Im niedersächsischen Meppen haben zahlreiche Schaulustige die Arbeit von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) behindert. Der Hochwassertourismus gefährde den Einsatz, kritisierte Feuerwehrsprecher Sven Lammers. „Das ist unsere größte Sorge. Wir müssen hier viele Leute wieder rausschicken aus dem Einsatzgeschehen.“

Rettungskräfte im Einsatz

Nach tagelangen Dauerregenfällen bleibt die Hochwasserlage in Teilen Deutschlands weiterhin kritisch. Trotzdem lassen sich manche Menschen nicht davon abhalten, sich auf überfluteten Straßen zu bewegen.

Im besonders betroffenen Niedersachsen mussten Rettungskräfte dabei auch Menschen retten. In Hannover stürzte ein 75-jähriger Radfahrer auf einer überfluteten Straße und wurde in einen angrenzenden Wald getrieben, wie die Feuerwehr in der niedersächsischen Hauptstadt am Mittwochabend mitteilte.

Demnach wurde der Mann vom Wasser der über die Ufer getretenen Leine erfasst und hielt sich an einem Ast fest, wo er mit seinem Mobiltelefon den Notruf wählte.

Weil Einsatzkräfte ihn zunächst nicht lokalisieren konnten, wurde das Gebiet im Stadtteil Döhren mit zwei Drohnen abgesucht. Spezialkräfte der Wasserrettung mit Schutzanzügen und Sicherheitsleinen holten ihn aus dem Wald.

Laut Feuerwehr hatte der Fahrradfahrer eine Absperrung ignoriert. Im niedersächsischen Lauenbrück geriet ein 84-jähriger Autofahrer mit seinem Wagen ins Hochwasser der Wümme und blieb dort stecken. Ein Zeuge haben den „offensichtlich orientierungslosen“ Senioren am Mittwochnachmittag in seinem in knietiefen Wasser stehenden Kleinwagen entdeckt, teilte die Polizei in Rotenburg an der Wümme am Donnerstag mit. Gemeinsam mit zur Hilfe gerufenen Polizisten befreite er den Mann. Dieser sei bereits stark unterkühlt gewesen. 

Der Überblick zur Hochwasserlage

In Niedersachsen rechnete der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vor allem an der Mittelweser und an den Oberläufen von Aller, Leine und Oker mit weiter steigenden Pegelständen.

Vorstufe des Katatstrophenalarms ausgerufen

Auch in Bremen ist die Hochwasserlage im Stadtteil Borgfeld angespannt. Im Bremer Ortsteil Timmersloh konnte an den Deichen nachgearbeitet werden, sodass dort keine Evakuierungen mehr stattfinden mussten, wie ein Feuerwehrsprecher am frühen Donnerstagmorgen sagte.

Wegen des Aller-Hochwassers mussten in der niedersächsischen Gemeinde Winsen rund 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Siedlungen Westohe und Südohe müssten evakuiert werden, teilte der Landkreis Celle am Mittwochabend mit. Der Wasserstand auf den Straßen sei dort auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, aus Sicherheitsgründen sei daher der Strom abgestellt worden.

Als Notunterkunft wird derzeit die Allertalsporthalle in Winsen eingerichtet. In einigen Orten im Landkreis Verden herrschte in der Nacht zum Donnerstag wegen des Hochwassers und aufweichender Deiche weiterhin eine „bedrohliche Lage“, wie ein Feuerwehrsprecher sagte.

28.12.2023, Niedersachsen, Winsen (Aller): Feldbetten stehen in einer Sporthalle die als Notunterkunft eingerichtet wurde.
Winsen: Feldbetten stehen in einer Sporthalle, die als Notunterkunft eingerichtet wurde.

© dpa/Philipp Schulze

In Dresden soll am Donnerstagabend die Sechs-Meter-Marke an der Elbe überschritten werden. Normal sind zwei Meter.

Das Pretziener Wehr ist offen

Um Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg vor Überschwemmungen zu schützen, wurde am Donnerstagvormittag das Pretziener Wehr gezogen.

Das etwa 135 Meter lange Wehr war zuletzt im Juni 2013 geöffnet worden. Auch jetzt soll es dafür sorgen, dass ein Drittel des Elbwassers in einen 21 Kilometer langen Kanal fließt, um Schönebeck, Magdeburg und andere Orte in den Elbniederungen herum, bis es wieder in die Elbe fließt.

Hunderte Schaulustige verfolgten die seltene Öffnung des Wehrs.

28.12.2023, Sachsen-Anhalt, Pretzien: Wasser aus der Elbe fließt durch das geöffnete Pretziener Wehr in einen 21 Kilometer langen Umflutkanal.
Wasser aus der Elbe fließt durch das geöffnete Pretziener Wehr in einen 21 Kilometer langen Umflutkanal.

© dpa/Simon Kremer

An der Helme gilt voraussichtlich in den nächsten Tagen die höchste Hochwasseralarmstufe 4.

Die Wetteraussichten: „Jeder Tropfen ist einer zu viel“

Hoffnung auf kurzzeitige Entspannung: Am Donnerstag soll es nach der Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Deutschland weitgehend trocken bleiben. Dadurch könnte sich die Hochwasserlage an manchen Flüssen etwas entspannen.

Ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr bauen in Wienhausen einen Mobildeich auf.
Ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr bauen in Wienhausen einen Mobildeich auf.

© dpa/Philipp Schulze

Eine komplette Entspannung deutet sich bei der Hochwasserlage aber weiter nicht an. Zwar werde in den nächsten Tagen insgesamt nicht mehr so viel Regen wie um Weihnachten erwartet, sagte der Meteorologe Marcel Schmid vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Donnerstagmorgen in Offenbach. „Allerdings ist jeder Tropfen eigentlich einer zu viel.“

Am Freitag könne es immer wieder einmal regnen – insbesondere im Umfeld von Harz, Bergischem Land, Sauerland und Siegerland. Auch in Südniedersachsen soll es regnerisch werden. Eher nur vereinzelte Schauer sind für Samstag in Deutschland vorhergesagt. Am Sonntag könnte es jedoch wieder häufiger zeitweise regnen. 

Der Klimawandel macht Extremwetterereignisse wahrscheinlicher. Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf hatte Heiligabend auf X geschrieben: „Extremniederschläge nehmen durch die #Erderwärmung weltweit und auch bei uns zu. Davor warnen Klimaforscher seit über 30 Jahren; längst bestätigen das die Daten von Wetterstationen.“ (dpa/AFP)

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