Misshandlung von Schülern: Schwere Vorwürfe gegen Wiener Ballettakademie

Sie gilt als eine der besten der Welt, doch hinter der glitzernden Fassade der Ballettakademie an der Wiener Staatsoper herrschte ein Drill wie im "19. Jahrhundert": Nach Enthüllungen des Wiener Wochenmagazins "Falter" sah sich die renommierte Schule am Mittwoch schweren Vorwürfen der Misshandlung von Schülern ausgesetzt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur APA leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein.

Hauptverantwortlich für die mehr als fragwürdigen Methoden war laut "Falter" eine im Januar entlassene Lehrerin. Sie habe ihre Schülerinnen getreten, gekratzt, an den Haaren gezogen und gedemütigt, berichtete das Magazin. Oftmals mussten sich die Mädchen demnach verletzende Bemerkungen über ihr Äußeres anhören, einige wurden geradezu in die Anorexie getrieben. Psychologische Betreuung und ernährungswissenschaftliche Beratung hingegen habe es an der Akademie so gut wie keine gegeben.

Ehemaliger Schüler wirft Lehrer sexuellen Übergriff vor

In einem weiteren Fall wirft ein ehemaliger Schüler einem damaligen Lehrer einen sexuellen Übergriff vor. Der Mann wurde vom Dienst suspendiert, Untersuchungen wurden eingeleitet.

Dem Magazin "Falter" zufolge ermittelt die Kinder- und Jugendanwaltschaft schon seit Monaten zu dem Fall. "Im Grunde hätten wir diesen Laden sofort zusperren müssen", sagte demnach ein Beamter. Der Direktor der Staatsoper, Dominique Meyer, bestätigte den Bericht. Er kündigte eine umfassende Aufklärung an.

Die Lehrerin sei bereits vor zwei Jahren wegen ihres Verhaltens mündlich verwarnt worden, einige Monate lang sei es daraufhin besser geworden, sagte Meyer dem ORF. Dann aber sei die Frau wieder in ihre alten Gewohnheiten zurückgefallen. Er bedauere es inzwischen sehr, die Lehrerin nicht früher entlassen zu haben.

Die Ballettakademie wurde 1771 gegründet. Derzeit absolvieren 110 Schüler zwischen zehn und 18 Jahren eine Tanzausbildung. Die Akademie weist gerne darauf hin, dass Absolventen bei den berühmtesten Ballettensembles der Welt tanzen, darunter dem Royal Ballet in London, dem Mariinski-Ballett in Sankt Petersburg sowie dem American Ballet Theatre in New York. (AFP)