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Brücke nicht für Jacht von Jeff Bezos demontiert: Rotterdamer Protestbewegung feiert Triumph um „De Hef“

Als einen Sieg über den Kapitalismus feiern Aktivisten, dass eine historische Hebebrücke von den Wünschen des Milliardärs unangetastet bleibt.


Die Verteidiger von „De Hef“ in Rotterdam sind gut vorbereitet gewesen. Die Anhänger waren über die sozialen Medien mobilisiert und die Eier als Wurfgeschosse lagen bereit.

Auf dem Twitter-Account „Is De Hef Al Weg Vanwege Jeff“ (Ist De Hef wegen Jeff schon weg?) wurden tägliche Meldungen über den Zustand der Koningshavenbrug verbreitet.

Doch dann kommt die überraschende Nachricht. Das Schiff von Jeff Bezos ist in diesen Tagen heimlich und in aller Eile nachts in die Greenport-Werft in Rotterdam geschleppt worden – ohne dafür die legendäre Brücke De Hef zu demontieren.

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„Das ist eine sehr gute Nachricht“, sagt Arne Janssen. Für den jungen Studenten aus Rotterdam ist es auch eine Art Sieg über den Kapitalismus. „Es kann nicht sein, dass sich reiche Menschen alles erlauben können“, unterstreicht der 24-Jährige und erklärt im selben Atemzug, dass in seinem Freundeskreis diese Haltung sehr populär sei.

Zahlreiche Gerüchte um Modell „Y721“

Grund für die monatelange Aufregung war ein Schiff noch ohne Namen, aber mit der Modellbezeichnung „Y721“. Über die 127 Meter messende Luxusjacht der Superlative kursierten schnell zahlreiche Gerüchte. 430 Millionen Euro soll deren Bau kosten, für Wirbel sorgte aber vor allem der Name des wahrscheinlichen Besitzers: Jeff Bezos, Gründer von Amazon und einer der reichsten Menschen dieses Planeten.

Doch auf dem Weg von der Rotterdamer Werft in die Nordsee gab es ein großes Problem: Für die Überführung sollte, wegen der zu hohen Masten, die historische Hebebrücke Koningshavenbrug, im Volksmund De Hef genannt, demontiert und danach wieder aufgebaut werden. In den Augen vieler Einwohner von Rotterdam ein historischer Frevel.

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Ton Wesselink bezeichnete das Vorhaben von Anfang an als schlicht „unglaublich“. Er habe zuerst an einen Aprilscherz gedacht, erzählt der Mann, der eine Rotterdamer Organisation für den Schutz historischer Bauten leitet.

Wesselink befürchtete, dass mit dem Abbau der Brücke ein „Präzedenzfall“ geschaffen würde. „Das ist ein Teil unseres Erbes, wir müssen darauf achtgeben“, sagt er über die berühmte Hubbrücke, die 1940 bei einem Bombardement durch Nazi-Deutschland schwer beschädigt und erst vor einigen Jahren saniert worden war.

Standhaft. die historische Hebebrücke Koningshavenbrug, im Volksmund De Hef genannt.

© Imago

Nach den ersten Aufrufen gegen das Vorhaben in den sozialen Medien, gewann der Protest schnell an Zulauf und der Widerstand wurde zu einer Art Klassenkampf gegen die „Diktatur des Geldes“ hochstilisiert. Auf Facebook wurde schließlich die Idee geboren, den Dreimaster mit Eiern und Tomaten zu bewerfen, sollte er die Koningshavenbrug passieren.

Auf solch ein wohl eher geschäftsschädigendes Schauspiel wollte sich der auf Luxusjachten spezialisierte Schiffsbauer Oceanco dann doch nicht einlassen. In einer Art Nacht-und-Nebel-Aktion wurde der Segler schließlich, ohne die aufgestellten Masten, in die Greenport-Werft verlegt, wo er fertig montiert werden soll. Mehrere Schlepper zogen das Schiff in einer rund drei Stunden dauernden Aktion durch die Kanäle von Rotterdam.

„Verschwiegenheit, unserer Kunden wegen“

Rick Wansink, der in Rotterdam für das Unternehmen Van der Wees den Transport auf Wasserwegen organisiert, will nur bestätigen, dass die Firma sich um den Transport gekümmert hat und die Superjacht nicht unter De Hef hindurchgefahren ist. „Es wurde eine andere Route gewählt. Mehr wollen wir dazu nicht sagen, wir sind unserem Kunden gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet.“

Allerdings kursiert auf Youtube ein Video von Hanco Bol, der seit Jahren in Rotterdam mit seiner Kamera unterwegs ist, um besonders imposante Jachten zu fotografieren.

Er hat in der Nacht festgehalten, wie das Schiff verlegt wurde. Der Mann spekuliert, dass die längere Strecke aus zwei Gründen für die Überführung gewählt wurde. Zum einen sollten gemeinsame Fotos von der umstrittenen Jacht und der Koningshavenbrug vermieden werden. Zum anderen sei die längere Südweststrecke wesentlich weniger gut ausgeleuchtet, was das Fotografieren erschwere.

Von der Jacht soll es keine Bilder geben

Dass keine Bilder von der Bezos-Jacht erwünscht waren, erfuhr Hanco Bol am eigenen Leib. Als er mit seiner Kamera auf einer Brücke stand, erzählt er, seien Suchscheinwerfer auf ihn gerichtet worden, was das Fotografieren fast unmöglich gemacht habe.

Damit war der Jagdinstinkt von Hanco Bol geweckt. In diesen Tagen machte sich der Jachten-Jäger erneut auf den Weg zur Greenport-Werft. Da der Zugang von Land kaum möglich ist, nahm er sich ein Boot und näherte sich so dem imposanten Schiff.

Dabei dokumentierte er, dass inzwischen alle drei Masten aufgerichtet sind. Das wenigstens ist eine gute Nachricht für Amazon-Chef Jeff Bezos, der bald zur Jungfernfahrt in See stechen kann.

Knut Krohn

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