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Pristina

© dpa

Kosovo: Party in Pristina

Neuer Staat, neue Clubs, kein Rauchverbot: Kosovos Hauptstadt könnte ein Geheimtipp werden. In Pristina entstehen Party-Locations, die mit westlichen Szenetreffs durchaus bestehen können. Die Stimmung ist allerdings besser, denn das Land ist im Aufbruch.

Im Spray Club tanzt das neue Kosovo. Kaum einer stört sich an den dichten Rauchschwaden in dem düsteren Innenraum. Wer doch mal frische Luft braucht, kann im edlen Open-Air-Teil des Clubs weiterchillen, wo weiße Tücher drapiert sind und ein großer Bildschirm die Verbindung zur Außenwelt herstellt. Das Spray ist derzeit die angesagteste Adresse in Pristina. Doch sie ist nicht die einzige. Die Hauptstadt des früheren Krisenherdes und noch immer sehr armen Kosovo könnte ein Geheimtipp für Europas Partyszene werden. Fürs Erste kommen schon mal Mazedonier, um hier zu feiern.

Seit sich die frühere serbische Provinz vor sieben Monaten für unabhängig erklärt hat, herrscht im Land Aufbruchstimmung. Auch beim Partybetrieb. Überall in der rund 550 000-Einwohner-Stadt entstehen schicke Cafés, Bars und Clubs. Die Atmosphäre ähnelt der im Berlin der 90er Jahre. Da gibt es Hinterhof- oder Garagenclubs wie das „Depo“ oder gemütliche Cafés mit Sofas und fliederfarbenen Wänden wie das „Stripdepo“. Das gesetztere Publikum trifft sich zu Wein und Livemusik im Jazz-Café. Und zum Rauchen. Selbst die Frühstücksräume der Hotels sind morgens oft vernebelt – Rauchverbote sind im Kosovo noch tabu.

Schon heute ist Pristina ein internationaler Ort, denn allein die Vereinten Nationen und die Europäische Union haben tausende Berater in den jungen Staat entsandt. „Pristina ist gerade jetzt sehr interessant“, sagt Sarah Wischmann, die seit August ein Praktikum bei der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), der staatlichen deutschen Entwicklungsagentur, absolviert. Die 24-Jährige hat sich die Stadt ganz bewusst ausgewählt. „Überall trifft man hier offene und nette Menschen, die zielstrebig sind, sich aber auch amüsieren wollen.“

Besonders die jungen Kosovaren scheinen voll Zuversicht. Nach Jahrzehnten des Stillstandes unter Belgrad, einem Krieg und neun Jahren in der Warteschleife zur Freiheit bewegt sich nun etwas im Land. Zwar sind die Probleme groß, vor allem die Armut und die Arbeitslosigkeit, doch es gibt erste Fortschritte. Heimkehrer aus dem Ausland bringen Ideen und Geld für neue Unternehmen mit, wer im Exil studiert hat und Fremdsprachen spricht, hat gute Chancen, zumindest für eine Übergangszeit bei einer internationalen Hilfsorganisation unterzukommen. Mit ausländischer Unterstützung werden Schulen, Universitäten und Ausbildungsstätten wiederaufgebaut, um für die junge Generation eine Basis zu schaffen. Immerhin ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung jünger als 25 Jahre.

Und wie überall auf der Welt haben die Jungen Träume. Fatmine, eine 17-jährige angehende Schneiderin, möchte ihr Leben in jedem Fall anders gestalten als ihre Mutter, die stets zu Hause war. „Erst will ich arbeiten und Geld verdienen, dann vielleicht auch eine Familie haben“, sagt sie. Nach der Ausbildung in einer von Deutschland geförderten Berufsschule will sie sich einen Job suchen oder selbstständig arbeiten, so wie die meisten in ihrer Klasse. Anregungen für ihre Kreationen holen sich die Mädchen im Internet – bei den Outfits ausländischer Stars und Models. Vielleicht wird eine von ihnen Kosovos erste international bekannte Modedesignerin.

Europa und die USA sind die Vorbilder. Das zeigt sich auch in den Clubs. Äußerlich unterscheiden sich die jungen Frauen und Männer kaum von Partygängern im Westen. Dass die meisten hier Muslime sind, spielt offensichtlich keine Rolle – weder bei der Kleidung noch bei der Getränkeauswahl. Nicht mit Westeuropa zu vergleichen sind jedoch die Preise. In vielen Bars und Clubs kosten Bier, Cola und andere gängige Getränke nicht mehr als einen Euro, Cocktails sind für unter fünf Euro zu haben. Zigaretten (mit Steuermarke) gibt es ebenfalls für einen Euro. Auch Restaurants und Hotels sind gut und günstig. Für 30 Euro kann man in einem passablen Hotel schlafen, zehn Euro kostet ein Bett im Jugendhotel. Und: Von Deutschland aus ist Pristina in weniger als drei Stunden per Billigflieger erreichbar.

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