Ostafrikas größte Volkswirtschaft: Kenia steht vor einer richtungsweisenden Wahl
Kenia steht vor einer wichtigen Wahl: Neben dem Parlament werden fünf weitere Posten gewählt. Odinga und Ruto gelten als Favoriten für das Präsidentenamt.
Die größte Volkswirtschaft Ostafrikas steht vor richtungsweisenden Wahlen: Am Dienstag bestimmt Kenia unter anderem einen neuen Präsidenten. Favoriten für die Nachfolge des seit 2013 amtierenden Staatschefs Uhuru Kenyatta, der nicht erneut antreten darf, sind sein ehemaliger Rivale Raila Odinga, den Kenyatta nun unterstützt, sowie Vizepräsident William Ruto. Beobachter erwarten einen knappen Wahlausgang.
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Rund 22 Millionen Bürger sind zum Urnengang aufgerufen, um jeweils sechs Stimmen abzugeben. Sie werden nicht nur den Präsidenten, sondern auch Parlament, Senat und viele andere Posten neu bestimmen. Die 46.229 Wahllokale im ganzen Land sind von 06.00 Uhr bis 17.00 Uhr Ortszeit (05.00 bis 16.00 Uhr MESZ) geöffnet.
Odinga gegen Ruto
Lange galt der 55-jährige Ruto als sicherer Nachfolger von Kenyatta, bis dieser überraschend dem 77-jährigen Odinga, einem ehemaligen politischen Häftling und langjährigen Gegner, seine Unterstützung zusicherte. Dies besiegelte die Annäherung der beiden politischen „Dynastien“, die sich in der Vergangenheit des ostafrikanischen Landes immer wieder bei Wahlen bekämpft hatten.
Der langjährige Oppositionschef Odinga bewirbt sich zum fünften Mal um das Präsidentenamt. Kenyattas Unterstützung verschaffte ihm nun Zugang zum mächtigen Wahlkampfapparat der regierenden Jubilee-Partei, beschädigte Analysten zufolge jedoch auch seine Glaubwürdigkeit. Dennoch gehen viele davon aus, dass Odinga aus einem engen Rennen als Sieger hervorgehen wird, da mehrere einflussreiche Politiker hinter ihm stehen.
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Beide Kandidaten versprachen bei der abschließenden Wahlkampfveranstaltung am Wochenende in Nairobi, die angeschlagene Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln.
Odinga kündigte an, den Vielvölkerstaat in ein „Land der Hoffnung und der Chancen zu verwandeln, ein Kenia nicht für einzelne Stämme, sondern für einen großen Kenia-Stamm“. Sein Widersacher Ruto sagte, seine Regierung werde die Inflation bekämpfen und Arbeitsplätze schaffen. „Wir werden eine Nation schaffen, die keinen Kenianer zurücklässt“, versprach er.
Zahlreiche Fake News im Zusammenhang mit der Wahl
In Onlinediensten warfen die Spitzenkandidaten sich gegenseitig vor, eine Manipulation der Ergebnisse vorzubereiten, da die jeweils andere Seite die Wahlen nur durch Betrug gewinnen könne. Faktencheck-Organisationen haben hunderte von falschen oder irreführenden Behauptungen in Zusammenhang mit der Wahl registriert.
Mit der Wahl beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte Kenias, da keiner der beiden Favoriten der dominierenden ethnischen Gruppe der Kikuyu angehört, aus der drei der bislang vier Präsidenten des Landes hervorgegangen waren. Analysten zufolge könnten wirtschaftliche Aspekte bei der Wahlentscheidung dieses Mal wichtiger sein als, wie es in der Vergangenheit meistens der Fall war, die ethnische Zugehörigkeit.
Wirtschaftliche und ökologische Krise
Die Inflation in dem afrikanischen Land liegt bei 8,3 Prozent, laut Weltbank müssen drei von zehn Kenianern mit weniger als zwei Euro pro Tag auskommen. Zudem herrscht in der Region die schlimmste Trockenheit seit 40 Jahren, vier Millionen Menschen in Kenia leiden an Hunger.
Seit 2002 gab es nach jeder Präsidentschaftswahl in Kenia Streit über die Ergebnisse. Die Wahl im Jahr 2017 hatte der Oberste Gerichtshof wegen weit verbreiteter Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung und wegen Missmanagements durch die Unabhängige Wahlkommission IEBC für ungültig erklärt.
Die IEBC versicherte, dieses Jahr alle notwendigen Vorkehrungen getroffen zu haben, um Betrug auszuschließen. Auch internationale Wahlbeobachter werden vor Ort sein. 150.000 Sicherheitskräfte sollen zudem Ausschreitungen während des Urnengangs verhindern.
In der Vergangenheit wurden Wahlen in Kenia häufig von Gewalt überschattet, die vor allem auf Konflikte zwischen verschiedenen Volksgruppen zurückzuführen war. Nach einer umstrittenen Wahl im Jahr 2007 wurden in dem Land mit mehr als 47 Volksstämmen bei Konflikten mehr als 1100 Menschen getötet. (AFP)
Von Ammu Kannampilly, Sophie Labadie, AFP
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