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Die Jagd nach Pokémons ist auch auf dem Denkmal für die ermordeten Juden in Berlin möglich.

© Kai-Uwe Heinrich

Neue Spiele-App: Pokémon-Monster auch auf Berliner Holocaust-Mahnmal entdeckt

Die neue Spiele-App „Pokémon Go“ ist nun auch in Deutschland erhältlich. Mancherorts freut man sich darüber sehr, andernorts ist man empört.

Die Zahl der Menschen, die durch die Stadt laufen und auf ihre Smartphone-Bildschirme starren, hat sich seit Dienstag drastisch vergrößert. Denn seither ist in Deutschland das von Nintendo und dem Google-Spinoff Niantic Labs entwickelte Spiel „Pokémon Go“ erhältlich. Die Handy-App verbindet kleine niedliche Monster, Smartphones, GPS und Karten zu einer virtuellen Monsterjagd mit Duellen und Rollenspiel-Elementen.

Das Besondere: Man muss sich tatsächlich bewegen, um Orte im Spiel zu erreichen. Über die reale Welt wird eine virtuelle Welt gestülpt. Nur Spieler können sie sehen, alle anderen sehen nur auf das Smartphone starrende Passanten. Und mit diesem Alleinstellungsmerkmal des Spiel beginnen auch die Probleme: Denn das virtuelle Spiel macht vor geschichtsträchtigen Orten nicht halt. Etwa dem Konzentrationslager Auschwitz. Wie das „New York Magazin“ berichtet, wurde einem Pokémon-Nutzer auf dem Gelände des NS-Vernichtungslagers Auschwitz ein „Rattfratz“-Pokémon angezeigt. Doch nicht nur in Polen, auch am Berliner Denkmal für die ermordeten Juden Europas sorgt das neue Spiel für Unmut. Derzeit könne man den Besuchern des Mahnmals zwar nicht verbieten, die Spiele-App zu verwenden, sagt Sprecherin Sarah Friedrich. Aber man bitte darum, den Ort zu respektieren: „Unsere Besucher halten wir zu einem angemessenen und würdevollen Umgang mit diesem Gedenkort an. ’Pokémon Go’ ist hier unangemessen“, sagt Friedrich. Man versuche, das Denkmal aus dem Spiel entfernen zu lassen.

In der Regel ist man beim Spielen auf dem Smartphone versichert

Selbiges kündigte auch das Holocaust-Museum im amerikanischen Washington an. Auch hier waren Pokémon-Monster entdeckt worden. Niantic Labs war ursprünglich eine Ausgründung von Google und verwendete für eine ähnliche Spiele-App namens „Ingress“ eine virtuelle Europa-Karte. Diese wurde vermutlich für „Pokémon Go“ auch verwendet und wird nun nach aufkommenden Beschwerden gegebenenfalls aktualisiert. Die kurzweilige Monsterjagd hat allerdings noch ein paar weitere Schattenseiten. Medienberichten zufolge sollen in den USA, wo das Spiel schon ein paar Tage länger erhältlich ist, Räuber Spielern aufgelauert haben. Und weil die App-Benutzer häufig abgelenkt sind, sind die Chancen für einen Kriminellen hoch. Spiele an abgelegenen Orten sollte man deswegen alleine im Dunkeln besser meiden. Und auch sonst sollten Spieler nicht starr auf ihr Smartphonedisplay starren. Sonst gerät man bei der Jagd auf „Glumanda“ und Co. nachher noch auf befahrene Straßen.

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Immerhin, kommt es dennoch zum Unfall, sind die Spieler bei einem Unfall versichert: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärt: In der Regel sei man auch beim Spielen auf dem Smartphone versichert. Es spiele grundsätzlich keine Rolle, ob man beim Spielen leichtsinnig oder gar leicht oder grob fahrlässig gehandelt habe. Es gibt aber noch die Kfz-Haftpflichtversicherung eines Autofahrers, der einen Spieler erfasst. Grundsätzlich zahlt diese bei einem Verkehrsunfall mit einem Fußgänger. Doch: Ist dieser etwa geistesabwesend und ins Spiel versunken über die Straße gegangen, kann er unter Umständen eine Mitschuld am Unfall tragen – was die Leistungen mindern würde. Durchweg positiv wird das Spiel indes anderswo in Berlin aufgenommen: im Computerspiele Museum in Friedrichshain.

Der Direktor des Museums, Andreas Lange, nannte die Veröffentlichung des Spiels „ein historisches Ereignis“ in der Geschichte der Computerspiele. Denn es sei der Durchbruch für ein „völlig neues Spielgenre“, den Mixed-Reality-Games. Diese seien erst möglich, seit Smartphones mit GPS-Funktion handelsüblich geworden sind. Zwar gab es schon vor „Pokémon Go“ Spiele dieser Art, sie kamen aber nie über den Status der Independentspiele hinaus. Der Erfolg der neuen App erkläre sich aus der Verbindung mit der neuen Handy-Technik und einem bereits vorher enorm beliebten Spiel. Passenderweise findet sich vor dem Museum eine Kampfarena für „Pokémon Go“.

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