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Russland: Mörder auf der Autobahn

Robin Hood oder Serienkiller? Eine Bande machte jahrelang Jagd auf Autofahrer. Nun wurden der Anführer und etliche Mitglieder gefasst. Es stellte sich heraus, dass sie noch größere Anschläge geplant hatten. Von unserer Korrespondentin aus Moskau

Grand Theft Auto, abgekürzt GTA, stand bisher für eine Computerspielserie, die in US-amerikanischen Großstädten handelt. Protagonisten sind Gangster. Um in der Hierarchie der Unterwelt weiter aufzusteigen, müssen sie immer komplexere Aufgaben lösen.

In Russland steht GTA inzwischen für eine Bande von Serienkillern, die den Moskauer Autobahnring seit 2009 unsicher machten. Auf ihr Konto sollen mindestens vierzehn Morde gehen. Um die Logistik sollen sich auch hohe Beamte gekümmert haben. Es ist eine Mordserie, deren perfide Masche sogar die katastrophengestählte russische Volksseele erschüttert. Die Autobahnkiller streuten Splitter auf die Fahrbahn und warteten, bis die Wagen mit platten Reifen liegen blieben. Dann töteten sie Fahrer und Beifahrer und raubten ihre Opfer aus.

Sprengstoff gefunden

Im November nun griffen Polizei und Geheimdienste zu. 200 Elitekämpfer sollen beteiligt gewesen sein. Dabei sei auch der Bandenchef festgenommen worden. Mehrere Kilogramm Sprengstoff wurden gefunden. Er sollte, wie Vernehmungen ergaben, bei Anschlägen in Fußballstadien zum Einsatz kommen, mit denen die GTA- Bande Anfang 2015 ihr Einsatzgebiet erweitern wollte. Die Autobahnmorde waren, fürchtet ein Ermittler, womöglich nur Lockerungsübungen.

Niedrige Beweggründe

Die Mär vom russischen Robin Hood, der den Reichen nimmt und den Armen gibt – genau diese Version wurde anfangs von einigen Boulevardmedien kolportiert – wies der Sprecher der Ermittlungsbehörde bei der Generalstaatsanwaltschaft, Wladimir Markin, zurück. Es handle sich um Verbrechen aus niedrigen Beweggründen. Auch den Anfangsverdacht, es handle sich um Taten von religiösen oder rassistischen Extremisten, ließ seine Behörde inzwischen fallen.

20 Bandenmitglieder aus Zentralasien

Die Vermutung lag nahe. Denn bei den etwa zwanzig Bandenmitgliedern – so der derzeitige Ermittlungsstand – handelt es sich ausschließlich um Bürger der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken, wo wegen der wirtschaftlichen Probleme radikale Strömungen des Islam Zulauf haben. Dazu kommen Clanfehden, die Gastarbeiter häufig in Russland austragen. Allein in Moskau machen zigtausende Zentralasiaten jene Drecksarbeit, für die sich Russen zu fein sind. Häufig ohne Aufenthaltserlaubnis und sehr schlecht bezahlt.

Aus eben dieser Klientel rekrutierten auch die Autobahnkiller neue Mitglieder. Anwärtern sei schon als „Aufnahmeprüfung“ die Teilnahme an einem Mord abverlangt worden. Verbrechen, so das Kalkül, verpflichtet. Aussteigewillige, so schreibt die Zeitung „Iswestija“, hätten die Bandenchefs vor eine makabere Wahl gestellt: Anzeige oder Genickschuss.

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