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In dem Film „Viva Las Vegas“ von 1964 spielt Elvis Presley, hier mit Partnerin Ann-Margret, einen Rennfahrer. Privat liebte der Autonarr es aber eher zu cruisen als zu rasen.

© Getty Images/Silver Screen Collection

Seine Lieblingsmarke war Cadillac: King of the Road

„Mein Hobby: Autos und Frauen, in der Reihenfolge“, bekannte Elvis Presley. Ein Buch würdigt die PS-Leidenschaft des Stars.

Ein Wackel-Elvis auf dem Armaturenbrett? Danach müsste man heute lange suchen, anders als vor gut 20 Jahren. Da löste ein Audi-Werbespot einen Riesenhype um die dem King of Rock’n’Roll nachgebildete, nur zum Reklameeinsatz erdachte Figur aus, die daraufhin tatsächlich hergestellt und hunderttausendfach verkauft wurde.

Im Werbefilmchen bleibt ein Elvis-Fan mit seinem rabiat geschalteten Ami-Schlitten auf dem Highway liegen, eine Audi-Fahrerin nimmt ihn mit, aber die Fahrt in ihrem ruckfrei beschleunigenden Wagen ist für den Mann nur das halbe Vergnügen.

Dank des stufenlosen Multitronic-Getriebes will das von ihm wieder unterm Innenspiegel postierte Plastik-Püppchen partout nicht mehr tanzen. Der Soundtrack des Werbefilms: „King of the Road“, dargeboten, nun ja, auch nur von einem Double, aber es klingt wie der King.

Audi-Reklame mit Elvis Presley, genaugenommen ist das fast schon ein Fall von kultureller Aneignung. Von einem Kontakt des Stars mit der zu seinen Lebzeiten noch sehr biederen Marke weiß auch der Filmjournalist Siegfried Tesche nichts.

Der hat jetzt, zum Kinostart von Baz Luhrmanns Biopic „Elvis“, ein PS-lastiges Buch über den Titelhelden vorgelegt, der sich einmal so charakterisierte: „Man kann sagen, dass Autos und Frauen mein Hobby sind – in der Reihenfolge.“

Auch einen Käfer hat Elvis Presley nicht verschmäht

Immerhin hat Elvis Presley auch Autos „made in Germany“ gefahren und erworben, schon wegen seines Militärdienstes in der Bundesrepublik von 1958 bis 1960 lag das nahe. Selbst Kuriositäten wie der Messerschmidt-Kabinenroller oder die BMW Isetta, wahlweise als „Knutschkugel“ oder „Schlaglochsuchgerät“ verspottet, waren darunter, ein Käfer sowieso, ein schickes Coupé wie der BMW 507 und selbstverständlich diverse Mercedes-Benz-Modelle.

So erhielt seine Frau Priscilla eine „Pagode“, einen weißen 280 SL, geschenkt, doch blieben Vorbehalte gegen die Marke mit dem Stern, wie Larry Geller, seit Mitte der sechziger Jahre Presleys Hairstylist, in der Dokumentation „200 Cadillacs“ erzählte: „Ich hatte zu der Zeit auch einen Mercedes. Elvis sagte daraufhin: Du bist Jude. Wie kannst du nur so einen Nazi-Wagen fahren? Ich möchte, dass du ihn loswirst. Jetzt bekommst du einen Cadillac.“

Presleys Geschmack zielte eben vor allem auf Automobile aus heimischer Produktion, mit besonderer Vorliebe für die Edel-Marke Cadillac. Die konnte er sich noch nicht leisten, als er zum Jahreswechsel 1954/55 zum ersten Mal einen Wagen kaufte, einen drei Jahre alten Lincoln Cosmopolitan mit V8-Motor, 5,5 Liter Hubraum und 154 PS, der umgehend mit dem Schriftzug „Elvis Presley – Sun Records“ verziert wurde.

Am 5. Juli 1954 hatte der von einer Karriere als Sänger träumende Truckfahrer in dem später berühmten Studio in Memphis mit einem Gitarristen und einem Bassisten den Song „That's all right“ aufgenommen, der prompt ein Radio-Hit und mit dem Stück „Blue Moon of Kentucky“ eine sehr gut verkaufte Single wurde. Sie bescherte dem Trio erste Tingel-Tourneen und meist weibliche begeisterte Fans, Elvis selbst aber sein erstes von eigenem Geld erworbenes Auto.

Mit angezogener Handbremse fahren? Das wird teuer

Ein erster Cadillac sollte bald folgen, ein wieder gebrauchter Fleetwood Series 60 Special, dem unter dem neuen Besitzer nur noch ein kurzes Leben vergönnt war: Nach einem Konzert fuhr Elvis in weiblicher Begleitung und dadurch offensichtlich abgelenkt mit angezogener Handbremse, was zur Entzündung der Bremsflüssigkeit führte. Die Musikinstrumente konnte der schusselige Fahrer retten, den Cadillac nicht mehr. Aber das Geld hatte zu fließen begonnen, und ein Ersatz, dasselbe Modell, nun als Neuwagen, ließ nicht lange auf sich warten.

Tesches Würdigung des Autofahrers Elvis Presley ist nicht zufällig im Motorbuch-Verlag erschienen, breitet auch Details über Ausstattung und Verbleib der unzähligen Star-Karossen aus, die den schlichten Rock-Fan vielleicht nicht immer übermäßig interessieren.

Ein sich nur an PS-Enthusiasten richtendes Buch ist es aber keineswegs, Presleys Autoleidenschaft und deren Objekte sind vielmehr der rote Faden, an dem entlang der Lebensweg des am 16. August 1977, vor fast 45 Jahren gestorbenen Sängers und Schauspielers beschrieben wird.

Sein erstes Fahrrad behielt der King sein ganzes Leben

Dessen mobile Anfänge waren bescheiden. Seine Familie war arm, das Fahrrad, das die Eltern ihm 1946 schenkten und das er sein Leben lang behielt, war schon ein Luxus, ganz zu schweigen vom ersten Auto, das er am 8. Januar 1953 zum 18. Geburtstag bekam: ein elf Jahre altes Zephyr Club Coupé mit defektem Anlasser und so maroden Bremsen, dass Fahrer und Beifahrer zum Anhalten die Türen öffnen und die Füße auf die Straße halten mussten.

Auch in "Spinout" (1966) spielte Elvis Presley einen Rennfahrer. In deutschen Kinos lief der Film unter dem Titel "Sag niemals ja".

© Getty Images/Metro-Goldwyn-Mayer

Geradezu maßlos, schon Züge einer Sucht annehmend war dagegen Presleys Kaufverhalten als Star. „Warum hast du vier Cadillacs?“, wurde er 1954 gefragt. „Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, eines Tages sieben Cadillacs zu haben“, lautete die Antwort.

Am 27. Juli 1975 kaufte er etwa die Ausstellungshallen des Händlers „Madison Cadillac“ in Memphis komplett leer: 14 Fahrzeuge für 140 000 Dollar. Oft gab er sich nach solchen Shopping-Touren selbst mit der luxuriösen Ausstattung des Herstellers nicht zufrieden, sondern ließ die gerade erworbene Edelkarosse für viele Dollars aufmöbeln.

So wurden bei einem Ende 1959, noch von Deutschland aus erworbenen Cadillac Series 75 Fleetwood das Dach erhöht und die hinteren Fenster durch Bullaugen ersetzt. Für die Lackierung in „Diamond Dust Pearl“ wurde die Farbe mit zerstoßenen Diamanten und Fischschuppen gemischt, während Elvis – von wegen Chrom! – alle Metallteile, die Türgriffe inbegriffen, mit 24-karätigem Gold überziehen ließ.

Den Dachhimmel zierten sechs goldene Schallplatten, zur Ausstattung gehörten weiter ein goldener Rasierer, ein vergoldeter Fernseher, ein Schallplattenwechsler, ein vergoldetes Telefon und eine Bar mit Kühlschrank, der in nur zwei Minuten Eiswürfel fabrizierte. Der Wagen wurde später auch für Werbetouren genutzt und ist heute in der Country Music Hall of Fame in Nashville ausgestellt.

Elvis liebte schrille Autofarben, zum Beispiel Pink

Ohnehin hatte Elvis Presley ein Faible für auffällige Autofarben. Ein weißes Cadillac Eldorado Biarritz Cabrio bekam beispielsweise eine purpurfarbene Lackierung. Elvis hatte ein Auto in dieser Farbe gesehen, zerdrückte beim Autoveredler zur Illustration seiner Wünsche eine Handvoll blauer Weintrauben und bekam sogar noch entsprechende Teppiche für den Fußraum geliefert.

Pink kam gleich mehrfach zum Einsatz, auch bei dem Cadillac Fleetwood von 1955, den er erst selbst fuhr und danach seiner Mutter Gladys schenkte. Der Eldorado wie der Fleetwood sind jetzt Schmuckstücke im Presley Motors Automobile Museum, das 1989 als Teil des der Öffentlichkeit zugänglichen Elvis-Anwesens Graceland in Memphis eröffnet wurde.

Es enthält allerdings nur einen Bruchteil der Autos, die der Star gekauft, gefahren, meist aber verschenkt hatte. Weit über 200 Fahrzeuge sollen es gewesen sein, die an Familienangehörige, Freunde und Freundinnen, seine Crew gingen – oder auch schon mal an eine Kassiererin, die sich nur interessiert Presleys Wagen angesehen hatte und prompt einen Cadillac Eldorado für 11 500 Dollar gekauft bekam.

Siegfried Tesche: Motorlegenden – Elvis Presley. Motorbuch Verlag, Stuttgart. 240 Seiten, 150 Abbildungen, 29,90 Euro.

© Motorbuch Verlag

In Graceland, gleichermaßen Gedenkstätte und Touristenmagnet, liegt Elvis neben seine Eltern auch begraben. Mit einer Sondergenehmigung war er umgebettet worden, nachdem Unbekannte versucht hatten, den Leichnam aus dem ursprünglichen Grab zu entwenden. Bei der Beerdigung am 18. August 1977 hatten bis zu 100 000 Menschen die Straßen von Graceland zum Forest Hill Cemetery gesäumt.

Auf Bitten von Freunden hatte „Madison Cadillac“ für die Trauerkolonne in mehreren Bundesstaaten weiße Cadillacs gesucht und sogar rund zwei Dutzend ausfindig gemacht. Auch Elvis Presleys allerletzte Autofahrt erfolgte in einem Modell seiner Lieblingsmarke: in einem weißen 1977er Miller-Meteor Landau Traditional Cadillac.

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