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Es legen wieder Kreuzfahrtschiffe in der größten türkischen Stadt an. Die Deutschen sind ganz vorne bei den Besucherzahlen.

© Marius Becker/dpa

Der Bosporus lockt: Istanbul ist bei den Deutschen auf einmal wieder beliebt

Terroranschläge, Putschversuch und Verhaftungen haben Istanbul als Reiseziel unattraktiv gemacht. Jetzt kommen wieder mehr Gäste - vor allem Deutsche.

Eine Kapelle spielte an der Anlegestelle auf, als die „Seven Seas Voyager“ kürzlich vor dem Topkapi-Palast festmachte – es war das erste Kreuzfahrtschiff in Istanbul seit vier Jahren. Krieg, Terror, Putsch und Verhaftungen hatten die Touristen seit 2015 ferngehalten, doch nun ist die Metropole am Bosporus wieder da.

Der letzte Terroranschlag liegt zweieinhalb Jahre zurück, und mit der Wahl des charismatischen Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu zum Oberbürgermeister wird wieder positiv über Istanbul gesprochen. Mit einer internationalen Pressekonferenz am Goldenen Horn lud Imamoglu die Touristen aus aller Welt jetzt ein, nach Istanbul zurückzukommen.

„Vier bis fünf Millionen Menschen werden wohl alleine schon kommen, um mich zu sehen“, scherzte der über Nacht zu Weltruhm gelangte Oberbürgermeister auf die Frage, was er für den Tourismus tun wolle – und hatte damit die Lacher auf seiner Seite. Tatsächlich hat er bereits einen Masterplan für den Tourismus angekündigt, mit dem er seine Stadt unter die drei größten Touristenziele der Welt bringen will.

Verbesserter Umweltschutz und strikte Bauvorschriften zählen zu den allgemeineren Versprechen der neuen Stadtverwaltung. Konkret sind 15 neue Museen und elf neue Theater geplant, außerdem die Erschließung von Meer und Seen für Sport und Erholung. Mit einer Chip-Karte für Touristen will Imamoglu Besuchern den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Museen und Konzerten erleichtern.

„Wir werden Istanbul zur Stadt der Festivals machen“, versprach Imamoglu im Wahlkampf. „Wir werden Festivals für Musik, Film und Theater schaffen, für Gastronomie und für neue Trends aller Art.“ Internationale Festivals sollten, betonte er, die Menschen aus aller Welt anziehen. „Sie werden die Kultur, die Kunst, die Museen und Restaurants dieser Stadt genießen und sich an der Gastfreundschaft unseres Volkes erfreuen.“ Zu einem Touristenmagneten für alle vier Jahreszeiten wolle er Istanbul machen, schwärmte Imamoglu.

Steigende Besucherzahlen bringen auch Probleme

Aufwärts geht es schon jetzt. Einen absoluten Besucherrekord habe Istanbul im ersten Trimester des Jahres verzeichnet, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. 4,4 Millionen Besucher kamen demnach in den ersten vier Monaten des Jahres nach Istanbul – ein steiler Anstieg von 62 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017. Ausschlaggebend dafür sei der Anstieg der europäischen Urlauber gewesen, die seit Ausbruch der Unruhen und Anschläge in der Türkei im Sommer 2015 ferngeblieben waren.

Größte Besuchergruppe in Istanbul sind inzwischen wieder die Deutschen: Mit einem Anstieg von fast zehn Prozent seit vergangenem Jahr eroberten sie in diesem Jahr ihre Spitzenstellung zurück, die sie zeitweise an die Iraner verloren hatten.

Zwar stiegen die Besucherzahlen aus anderen Ländern noch weit stärker an: 22 Prozent mehr Franzosen, 44 Prozent mehr Österreicher und 45 Prozent mehr Spanier als im Vorjahreszeitraum kamen im ersten Trimester nach Istanbul, konnten in ihrer Gesamtzahl aber nicht mit den deutschen Istanbul-Fans konkurrieren. 315 000 Deutsche registrierte die Istanbuler Tourismusbehörde, dahinter kommen Iraker, Russen, Iraner und Franzosen.

Istanbul werde im dritten Quartal dieses Jahres sogar der größte Tourismus-Gewinner in Europa, prognostiziert eine Studie der Tourismusbehörden in Europa. Dank des neuen Großflughafens und gesunkener Sicherheitsbedenken steige die Zahl der Buchungen dorthin um weitere elf Prozent.

Damit könnte es voll werden in der Stadt: Die Auslastung der Hotels in der Innenstadt habe in den Wintermonaten bei 80 Prozent gelegen und im Juni 100 Prozent erreicht, meldete Anadolu. Die Preise sind aber noch nicht entsprechend gestiegen: Ein Zimmer in Istanbul kostete nach Angaben des Hotelverbands Türob im Mai durchschnittlich 82 Euro.

Vom „Über-Tourismus“ bedroht

Nach Jahren der Dürre droht Istanbul damit ein neues Problem im Tourismus. Nach einer neuen Studie der internationalen Tourismusorganisation WTTC zählt Istanbul zu den zwölf Städten der Welt, die am stärksten vom Phänomen des „Über-Tourismus“ bedroht sind, wo die Kapazitäten einer Stadt der Besucherzahl nicht mehr gewachsen sind.

„Die Entscheidungsträger in solchen Städten müssen langfristig planen, um sowohl die Bedürfnisse der Besucher zu berücksichtigen als auch die der Bewohner ins Zentrum von Investitionen und Infrastruktur zu stellen“, warnen die Autoren des Berichts. Imamoglu wird sich mit seinem Masterplan, der ja nicht nur Touristen locken sondern auch die Stadt besser für hohe Besucherzahlen wappnen soll, also beeilen müssen – zumal sich auch schon Dutzende weitere Kreuzfahrtschiffe in Istanbul angekündigt haben.

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