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Urteil: Immer mehr Gewalttaten im Rockerkrieg

Das Cottbuser Landgericht verurteilte Bandidos-Mitglied André S. wegen gefährlicher Körperverletzung und Drogenhandels zu dreieinhalb Jahren Haft. Das LKa erklärt unterdessen, die Gewalt zwischen den Rockergruppen habe sich in den vergangenen Jahren gesteigert.

Gitter versperrten die Wege zum Cottbuser Landgericht. Mehrere Straßen in der Innenstadt waren abgeriegelt, rund 100 Polizisten kontrollierten Passanten. Am Tag der Urteilsverkündung im Lausitzer "Rocker-Prozess" war die Angst groß vor Auseinandersetzungen der rivalisierenden Gruppen Hells Angels und Bandidos. Vor dem Eingang zum Prozesssaal wurden alle Besucher mit Detektoren gründlich durchsucht. Rund 20 Mitglieder der Bandidos verfolgten die Urteilsverkündung gegen ihren 26-jährigen Klubkameraden André S. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Drogenhandels verurteilte das Gericht André S. zu dreieinhalb Jahren Haft.

Hintergrund ist der seit 2006 in Berlin und Brandenburg tobende "Rockerkrieg" zwischen den Bandidos und den Hells Angels, der am 9. Februar dieses Jahres einen blutigen Höhepunkt erreichte. An diesem Tag schoss der Angeklagte, wie er im Prozess zugab, mehrfach mit einer halbautomatischen Pistole auf eine Gruppe Hells Angels, die ihn, seine Lebensgefährtin und sein Kind zuvor massiv bedroht haben soll. Ein Mann wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Das Gericht sah den Vorfall aber als Notwehr an und sprach André S. vom Vorwurf des versuchten Totschlags frei.

Das Gericht sah es aber als erwiesen an, dass der Angeklagte im Februar 2007 in einer Disco in Forst (Landkreis Spree- Neiße) bei einem Streit zwei Männer mit Pfefferspray verletzt hat. Außerdem handelte er in drei Fällen mit Amphe taminen und verstieß so gegen das Betäubungsmittel gesetz.

Schweigen gegenüber der Polizei gehört zum Selbstverständnis der Rocker

Dem Konflikt zwischen den Hells Angels und den Bandidos liegen laut Polizei massive Expansionsbestrebungen der beiden weltweit agierenden Motorradgangs in Ostdeutschland zugrunde. Im Raum Cottbus wurden 2006 regionale Gruppierungen der Klubs gegründet, die seitdem um die Vormachtstellung kämpfen.

Dabei hat sich die Gewalt in den vergangenen Jahren immer mehr gesteigert, wie der Leiter des Berliner Landeskriminalamtes (LKA), Peter-Michael Haeberer, am Montag sagte. So habe es in Berlin und Brandenburg drei Schießereien und vier Messerstechereien gegeben. "Und wir erfahren sicher nur einen Bruchteil der Auseinandersetzungen", sagte der LKA- Chef. Schweigen gegenüber der Polizei gehöre zum Selbstverständnis der Rocker. Geld verdienen die Gruppen vor allem im Rotlichtmilieu und durch Drogen- und Waffenhandel. Derzeit drängen die Rocker zudem ins Türstehermilieu, dazu seien eigene Wachschutzfirmen gegründet worden. Türsteherdienste sind lukrativ, da mit der Bewachung von Disco-Eingängen auch der Drogenhandel kontrolliert werden kann.

Ziel der Polizei sei, die "finanzielle Basis der Gruppen zu schwächen", sagte Haeberer. Bei einer Razzia vor zehn Tagen im Umfeld der Bandidos seien 25 000 Euro und Sachwerte von 50 000 Euro beschlagnahmt worden.

Insgesamt gibt es in Berlin derzeit 650 Mitglieder von 13 größeren Rockerklubs, die meisten davon Untergruppen der Hells Angels oder Bandidos. (la/Ha)

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