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Anstehen für „El Gordo“ in Madrid.

© AFP/Oscar del Pozo

Hoffnung auf „El Gordo“: Warum Spaniens Weihnachtslotterie ganz Europa fasziniert

Wegen der Coronakrise boomt der Internethandel mit Losen für die spanische Weihnachtsziehung. 2,4 Milliarden Euro sind dieses Jahr zu gewinnen.

Könnte die Coronakrise für Millionengewinne sorgen? „Das Unglück zieht das Glück an“, sagen viele Spanier – und hoffen deshalb, dass ihnen die Göttin Fortuna beim millionenschweren Weihnachtslotto zum Ende dieses Corona-Jahres besonders hold sein wird. Am heutigen Dienstag werden wieder Prämien in Höhe von insgesamt 2,4 Milliarden Euro niederregnen.

Die Magie dieses Spektakels zieht immer mehr Ausländer an, die im Spanienurlaub oder per Internet Lose kaufen. Und der Aberglaube spielt dabei traditionell eine große Rolle.

Schon seit Monaten sind bestimmte (Un-)Glückslosnummern restlos ausverkauft. Dazu zählen zum Beispiel Lose mit der Endziffer 20. Diese Nummernfolge steht für dieses Virusjahr 2020, in dem allein in Spanien laut der offiziellen Statistik 49 000 Menschen an oder mit Corona starben. Auch die Endnummer 19, in der sich die durch Corona verursachte Krankheit Covid-19 spiegelt, ist schon seit Monaten ausverkauft.

Die Jagd nach dem perfekten Los beginnt im Sommer

„Jeden Tag bekomme ich viele Anrufe und E-Mails, in denen mich Leute nach diesen Schicksalsnummern fragen“, erzählt der Losverkäufer Alejandro Aznar, Besitzer eines Lottogeschäftes in der Stadt Saragossa. Manche Menschen suchen in ganz Spanien danach. „Ich habe die Losnummer 02020 ergattert“, erzählt Jorge, ein Madrider Kneipenwirt, voller Hoffnung seinen Stammkunden.

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Eine Verkäuferin mit Lottotickets.
Eine Verkäuferin mit Lottotickets.

© REUTERS/Susana Vera

Die Jagd nach bestimmten Ziffernfolgen beginnt bereits im Sommer, wenn der Losverkauf startet. Und sie endet mit der Lottoziehung zwei Tage vor Heiligabend im „Königlichen Theater“, dem berühmten Opernhaus in Madrid. Die stundenlange Auslosung der Prämien wird live im Fernsehen übertragen und zieht die ganze Nation in den Bann.

Allein der Hauptpreis ist 688 Millionen schwer

Allein der „gordo“, der dicke Hauptpreis, ist dieses Jahr 688 Millionen Euro schwer. Allerdings geht er selten nur an eine einzige Person, sondern verteilt sich über Hunderte oder sogar Tausende Glückspilze. Das liegt daran, dass sich jede Losnummer in 172 Serien aufspaltet. Jede Seriennummer ist wiederum in Zehntellose, die „decimos“, gesplittet. Auch diese „decimos“ werden oft noch im Freundes- oder Familienkreis geteilt nach dem Motto: Gemeinsames Glück ist doppeltes Glück.

Jedes Zehntellos kostet in den spanischen Lottogeschäften 20 Euro. Viele Touristen nutzen ihre Spanienferien, um ein Weihnachtslos als Souvenir zu erwerben. Wegen der Corona-Beschränkungen, denen viele Ferienreisen zum Opfer fielen, boomte dieses Jahr im In- und Ausland der Internetverkauf. Was manche Online-Händler ausnutzen, um bis zu 100 Prozent an Gebühren auf den Lospreis aufzuschlagen.

Mit dem linken Fuß zuerst ins Lottogeschäft

Übrigens: Nicht nur Losnummern, die mit der Corona-Epidemie in Verbindung stehen, sollen dieses Jahr Glück bringen: Auch der Todestag des argentinischen Fußballgottes Diego Maradona ist für zockende Fußballfans ein Motiv, auf die Losnummer 02511 zu setzen – Maradona starb am 25. November. Und natürlich ist als Endziffer die 13 beliebt, die nicht nur in Spanien als Unglückszahl gilt.

Andrang in einem Lottogeschäft in Madrid.
Andrang in einem Lottogeschäft in Madrid.

© AFP/Oscar del Pozo

Um dem Glück zusätzlich auf die Sprünge zu helfen, vertrauen manche Spanier auf spezielle Rituale. Sie bewahren zum Beispiel das Los zusammen mit einer Goldmünze, einem Hufeisen oder einem Kleeblatt auf. Oder sie reiben ihr Glückslos am Bauch einer schwarzen Katze. Auch wer zuerst den linken Fuß in das Lottogeschäft setzt, soll angeblich mehr Glück haben.

Der größte Gewinner ist der spanische Staat

Übrigens: Dieses Jahr ist der fette Hauptpreis noch etwas dicker, weil das spanische Finanzamt die Glückssteuer gesenkt hat. Nun sind die ersten 40 000 Euro steuerfrei. Vom Rest müssen (auch von glücksspielenden Ausländern) 20 Prozent an den spanischen Fiskus abgeführt werden. Sollte also zum Beispiel auf ein Zehntellos der „gordo“ fallen, dann ist der Bruttogewinnbetrag 400 000 Euro, netto sind es nach Steuerabzug 328 000.

Wegen dieses Quellensteuerabzuges ist der größte Glückspilz der spanischen Weihnachtslotterie immer der Staat. Er macht mit dem Verkauf der insgesamt 172 Millionen Loszettel mehr als drei Milliarden Euro Umsatz. Davon bleibt nach Ausschüttung der Prämien eine Milliarde Euro im Staatssäckel hängen. Aber der spanische Staat hat dies auch bitter nötig – denn in der Kasse klafft wegen der Corona-Sonderausgaben ein abgrundtiefes Loch.

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