zum Hauptinhalt
Frederic Doyez, Anwalt des französischen Pfarrers Preynat, vor dem Gerichtsgebäude. Das öffentliche Interesse ist groß.

© Laurent Cipriani/AP/dpa

Früherer Geistlicher schockiert mit Geständnis: Französischer Priester missbrauchte „vier bis fünf Kinder pro Woche“

Ein Betroffener berichtet vor Gericht von „Leid und Wut“. Der Angeklagte will sein Unrecht erst durch die Anklagen der Opfer verstanden haben.

In einem Prozess um Kindesmissbrauch durch einen früheren katholischen Priester in Frankreich hat der Angeklagte mit seinem Geständnis schockiert. Er habe als Leiter von Ferienlagern zeitweise „vier bis fünf Kinder pro Woche“ missbraucht, sagte der bekannte Ex-Priester Bernard Preynat am Dienstag zum Auftakt seines Verfahrens in Lyon. Er gab sexuelle Übergriffe auf Jungen über einen Zeitraum von 20 Jahren zu.

„Für mich stellte es sich damals nicht als sexuelle Gewalt dar, sondern als Zärtlichkeit und Liebkosung“, sagte der heute 74-Jährige. „Ich habe mich getäuscht. Erst durch die Anklagen der Opfer habe ich verstanden", sagte er über die Jungen im Alter von damals sieben bis 15 Jahren.

Der Mann ist angeklagt, zwischen 1971 und 1991 als Leiter von Pfadfinder-Gruppen dutzende Jungen sexuell missbraucht zu haben. Nach seiner Aussage liegt die Dunkelziffer aber offenbar deutlich höher. Gerichtspräsidentin Anne-Sophie Martinet äußerte sich schockiert über das Geständnis: „Das macht fast ein Kind pro Tag“, sagte sie. Dem Angeklagten drohen zehn Jahre Haft, ein Teil der Taten ist bereits verjährt.

Als Zeuge sagte François Devaux aus, der den Prozess als Gründer eines Opferverbands mit ins Rollen gebracht hatte. Er berichtete von „Leid und Wut“ über den Priester, der ihn missbrauchte. Er habe als Heranwachsender ein „sehr dunkles Leben“ geführt und einen Suizidversuch unternommen. Weil er den Priester als „Verbindung zwischen Gott und den Menschen“ sah, habe er sein eigenes Schicksal jahrzehntelang verschwiegen, sagte Devaux.

Die Opfer-Anwältin Emmanuelle Haziza sagte, der frühere Priester sei „einer der größten Sexualverbrecher der Region von Lyon“. „Nicht nur leugnet er den sexuellen Charakter seiner Übergriffe auf die Jungen, sondern gibt auch noch zu, hunderte Kinder angefasst zu haben.“ Insgesamt treten zehn Opfer in dem Verfahren als Zivilkläger auf.

Dem aus dem Kinofilm „Grâce à Dieu“ bekannten Preynat war bereits im Sommer von einem Kirchengericht der Klerikerstatus entzogen worden, gut vier Jahre nach Bekanntwerden der Missbrauchs-Vorwürfe.

Der Fall ist zu einer Art Sinnbild des sexuellen Missbrauchs in der französischen Kirche geworden. Obwohl viele in der Kirche von den Vorwürfen gewusst haben sollen, war Preynat einfach immer wieder nur versetzt worden. Der Fall hatte auch zum Sturz des obersten katholischen Würdenträgers in Frankreich geführt. Kardinal Philippe Barbarin war im März wegen Vertuschung der Missbrauchsvorwürfe verurteilt worden und ließ sein Amt ruhen.

Er hatte gegen die Entscheidung Berufung eingelegt – das Verfahren soll Ende Januar beginnen. (AFP/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false