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Ein Blick in die "Sun" mit Screenshots des Videos, das den Hitlergruß der Queen als Kind zeigt

© dpa/Teresa Dapp

Update

Britische Aufnahmen aus den dreißiger Jahren: Film zeigt Queen als Kind beim Hitlergruß

Das britische Boulevardblatt "Sun" hat ein Video veröffentlicht, das die jetzige Königin der Briten als Mädchen beim Hitlergruß zeigt. Noch interessanter dürfte die Rolle ihres Onkels, des späteren Königs Edward VIII., sein. Der Palast zeigt sich verärgert.

Nicht amüsiert ist die Queen über die Zeitung "The Sun". Das Blatt hat einen 17 Sekunden Film ausgegraben, in dem die heutige Queen unzweideutig den Nazi „Sieg Heil“-Gruß macht. Auch wenn sie nur ein sechs- oder siebenjähriges Mädchen ist, bringt der Bericht böse Erinnerungen zurück und gibt Spekulationen um die heimlichen Nazi Sympathien der "Royal Family" neue Nahrung. "Their Royal Heilnesses", lautet die Schlagzeile der "Sun" am Samstag über einem graukörnigen Foto. Das "Heil" in dem Wortspiel ist in roter Schrift herausgehoben.

Die Aufnahmen entstanden um 1933

Foto und Film, um 1933 aufgenommen, als Hitler gerade die Macht in Deutschland ergriffen hatte, geben nicht nur zu Spekulationen Anlass. Es geht weniger um die Queen, als um ihren Onkel Edward, den späteren König Edward VIII., der auf dem Bild im Hintergrund steht. Seine Beziehungen zu Hitler Deutschland sind kein Geheimnis. Erst jüngst haben sich Historiker wieder mit Büchern dieses "schwarzen Schafs" des Hauses Windsor angenommen. Sie haben den Film wohl auch der "Sun" zugespielt.
Buckingham Palace reagierte schnell: "Bedauerlich, dass ein Film, der vor acht Jahrzehnten gedreht wurde und offensichtlich aus dem persönlichen Familienarchiv Ihrer Majestät stammt, weitergereicht und auf diese Weise ausgebeutet wurde." Weiter hieß es aus Palastkreisen: "Hier spielt eine Familie und bezieht sich für einen kurzen Moment auf eine Geste, die viele damals in Wochenschauen gesehen haben. Niemand hatte irgendeine Ahnung, was daraus entstehen würde. Wer anderes suggeriert, täuscht und ist unehrlich." Die "Daily Mail" interpretierte dies als "Wut im Palast".

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Die kleine Elizabeth trägt Schottenrock. Das zeigt, dass die Aufnahme während der Ferien im schottischen Schloss Balmoral gemacht wurde. Ihre Mutter, als "Queen Mother" bekannt, macht einen Nazi-Gruß, Elizabeth macht es nach, ebenso Edward und die kleine Margaret. "Die Queen ist etwa sechs Jahre alt und völlig unwissend, was die Bedeutung dieser Gesten angeht", zitiert die "Sun" die Palastquelle. Sie hält Edward für den Anstifter. Er, schreibt das Blatt, bringe den Mädchen den Nazi-Gruß in Erwartung kommender Dinge bei.

Beziehungen des Königshauses zu den Nazis enger als bekannt

Die "Sun" zitiert die deutsche Historikerin Karina Urbach vom Historischen Institut der Uni London, die das Video als "schockierend" bezeichnet. Niemand suggeriere, dass die Queen Nazi-Sympathien hatte, sagt Urbach. Edward dagegen "begrüßte das Regime bereits als Thronfolger 1933 und stand bis zum Ausbruch des Weltkriegs 1939 auf Seiten der Nazis. Durchaus möglich sei, dass er der Queen und Prinzessin Margaret den Hitlergruß beibringt". Urbachs neues Buch "Go-Betweens for Hitler" untersucht die heimlichen Beziehungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem britischen Königshaus, die – "unter dem Radar", undokumentiert in offiziellen Archiven, hinter dem Rücken der Öffentlichkeit – sehr viel enger gewesen seien, als bekannt. Als Zwischenträger oder "Go-Betweens" identifiziert Urbach Carl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, ein Enkel Queen Victorias, bis 1918 letzter regierender Herzog des Hauses Coburg und bekennender Nazi, und Edward, der 1936 als King Edward mit seiner Abdankung und dann als "Herzig von Windsor" für Kontroversen sorgte. Er war Urbach zufolge der "Vertraute" Coburgs.

Coburg und Windsor "träumten von einer Anglo-Deutschen Allianz", so Coburg. In einem Beitrag für die Uni-Publikation "Conversations" erläutert Urbach ihre Forschungen, die sich auf Recherchen in Dutzenden Archiven stützen, unter anderem auf Berichte spanischer und sowjetischer Diplomaten. Offenbar hatten die Sowjets einen Spion im Personal des Duke of Windsors. Noch 1940 habe Windsor "Verhandlungen mit Hitler" geführt, um eine neue englische Regierung an die Macht zu bringen, die Frieden und ein Militärbündnis mit Deutschland gegen die Sowjetunion schließen würde. Urbachs Buch enthält auch Beweise, dass Coburg und Edward Antisemiten waren. Sie zitiert aus einem Bericht eines spanischen Diplomaten, demzufolge Edward nach Kriegsausbruch „die Juden, die Roten und das britische Außenministerium“ für den Krieg verantwortlich machten. Anthony Eden, vor dem Krieg Außenminister, gehöre „an die Wand gestellt“, habe Edward gesagt.

Edward wurde im Januar 1936 als König ausgerufen, aber nie gekrönt

Edward wurde nach dem Tod seines Vaters Georg V. im Januar 1936 als König ausgerufen, aber nie gekrönt. Er galt als untauglich für das Amt, nicht nur wegen seiner Liaison mit der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson, sondern wegen seiner Eitelkeit, seiner forschen politischen Ansichten und seiner offenbaren Bereitschaft, über Verfassungsgrenzen hinweg in die Politik einzugreifen.

Als im Sommer des Jahres klar wurde, dass er nicht von seinen Plänen einer Heirat Simpsons ablassen wollte, wurde er, auf Betreiben von Winston Churchill und dem damaligen Erzbischof von Canterbury, Cosmo Gordon Lang, zur Abdankung gezwungen. Lang beschuldigte Edward 2012 zufolge bekannt gewordenen Briefen des "Wahnsinns, des Alkoholismus und des Verfolgungswahns".

1941 sagte Edward: Hitler ist der richtige Führer der Deutschen

Immer wieder werden Geschichten ausgegraben, die das peinliche Kapitel mit Edwards in Erinnerung bringen. Nach der Abdankung lebten Edward und Wallis Simpson, nun "Duke and Duchess of Windsor" als Klatsch- und Modestars in Paris und im Exil auf den Bahamas. Nur wenig später erzürnte Edward die Briten, als er und Wallis Hitler in seinem Landhaus Berghof bei Obersalzberg besuchten. Noch 1941 sagte Edward: "Hitler ist der richtige Führer der Deutschen." Er soll zudem Kriegspläne der Alliierten verraten haben. Urban zitiert den spanischen Diplomaten mit den Worten: "Windsor will Frieden um jeden Preis." Erkenntnisse, die über Spanien auch Deutschland übermittelt wurden. Deutschland, so die Theorie, habe Edward als Strohmann und mögliches Oberhaupt eines britischen Marionettenstaates vorgesehen.

Die "Sun" verteidigt die Veröffentlichung

Bei den Briten geht der Streit nun nicht um die politischen Fakten. Die Enthüllung, verteidigte sich der Redaktionschef der "Sun", sei durch die „historische Bedeutung“ gerechtfertigt. Buckingham Palast bestreitet nichts – aber ist über den Vertrauensbruch empört. Vermutlich kommt der Film aus dem Nachlass des Dukes of Windsor. "Da wird man eine Menge Fragen stellen", sagte der frühere Pressesprecher des Palastes, Dickie Arbiter, in der BBC.

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