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Kalte Nächte haben den jungen Trieben sehr zugesetzt. Winzer befürchten nun Millionen-Verluste.

© Foto :Daniel Ka/ picture alliance / dpa

Frostschäden in der Landwirtschaft: Feuer für die Weinreben

Winzer kämpfen um ihren Wein. Frost und Schnee der vergangenen Wochen haben den Pflanzen geschadet. Nun drohen Millionenverluste.

In den Weingärten von Schloss Wackerbarth bei Meißen in Sachsen brannte es vergangene Woche lichterloh. Absichtlich, nicht aus Versehen. 150 kleine Feuer wurden in der Nacht zum Montag angezündet, um die schon ausgetriebenen Reben vor der Kälte zu schützen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Weinberge in der Schweiz, großen Teilen Frankreichs und sogar in Italien das Schlimmste noch vor sich. Der ungewöhnlich späte und in seiner Schärfe für die Jahreszeit nahezu einmalige Frosteinbruch in der vergangenen Woche hat Winzern und Obstbauern in all diesen Ländern schwere Probleme bereitet.

Zwar gibt es jetzt nach dem vorläufigen Ende der schneidend kalten Nächte noch keine verlässliche Bilanz, weil sich die Schäden an Austrieben und Blüten erst nach und nach zeigen. Doch in der am schlimmsten betroffenen Südsteiermark sprechen Winzer schon von Ausfällen zwischen 70 Prozent und total. Das wäre eine Katastrophe für das kleine Weinland Österreich, das endlich einmal wieder eine mengenmäßig große Ernte brauchte. Am schlimmsten war dort offenbar die Nacht zum 27. April, in der die Temperaturen stellenweise bis auf minus sechs Grad sanken; dann nützen auch alle Gegenmaßnahmen nichts mehr.

Sogar aus Apulien werden Frostschäden gemeldet

Aus dem französischen Burgund wird Ähnliches gemeldet: Quer durchs Anbaugebiet seien sogar Abschnitte betroffen gewesen, die dem Frost normalerweise entkämen – ein „extrem seltenes Phänomen“, wie der Fachverband der Burgunder Weine (BIVB) schreibt. Die größten Schäden gab es offenbar in Chablis, im Norden der Cote de Beaune und an der Loire. Aber selbst im Languedoc, viel weiter südlich, und sogar aus einigen italienischen Anbaugebieten wie Kampanien und Apulien wurden Frostschäden gemeldet. Und in der Schweiz traf es vor allem die Bündner Herrschaft.

Die dramatischsten Bilder kamen aber aus Österreich, wo in der Steiermark zusätzlich zehn Zentimeter Schnee die Lage verschärften. Auch dort setzten zahlreiche Winzer am frühen Morgen die Woche hindurch mehrmals nasse Strohballen in Brand, um möglichst viel Rauch zu erzeugen und zwischen die Reben zu leiten. Das bringt prinzipiell nicht nur etwas Wärme, sondern verhindert auch, dass sich die gefrorenen Triebe in der Frühsonne zu rasch erwärmen, was die Zellen zum Platzen bringen würde.

Das gleiche Ziel verfolgt auch das Besprühen mit Wasser, das Blüten und Triebe in einen dicken Eispanzer einhüllt und dabei außerdem nützliche Erstarrungswärme freisetzt. Es schützt vor allem blühende Obstbäume. Schließlich stellten viele Winzer nachts auch Paraffinkerzen auf, um die Temperaturen zu erhöhen. Unterhalb von minus drei Grad hilft aber auch das kaum noch. An vielen Stellen scheint das so gewesen zu sein, denn auch viele der steirischen Apfelbauern rechnen derzeit mit einem totalen Ernteausfall.

Kälte auch bis in die höheren Regionen

Der Schaden wird allein in dieser Region gegenwärtig auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. Von schweren Schäden berichten auch Winzer an der Wachau, im Weinviertel und im Burgenland. „Es wurden sogar die Hanglagen in Mitleidenschaft gezogen“, berichtete der Winzer Gerhard Pittnauer aus Gols am Neusiedlersee. „Ich kann mich nicht erinnern, dass das jemals bei Spätfrost so massiv passiert ist.“ Das Problem bestand offenbar darin, dass die Kälte nicht nur wie meist in den Senken lag, sondern von lebhaftem Wind auch in höhere Regionen gedrückt wurde – dann hat auch die oft erfolgreiche Methode der Luftumwirbelung durch große Propeller oder sogar Hubschrauber keinen Sinn mehr.

Auch in Deutschland hat der Wind den Frost die Hänge hinaufgedrückt, wie Ernst Büscher vom Deutschen Wein-Institut sagt. Doch nach seinem Eindruck sind die hiesigen Winzer überwiegend glimpflich davongekommen. Schlecht sieht es nur in Teilen Frankens aus, wo in den Landkreisen Kitzingen, Würzburg und Main-Spessart zahlreiche Blüten zerstört wurden. In einigen Unterregionen am Steigerwald sind dabei nach Schätzungen der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau 70 bis 80 Prozent der Rebstöcke erfroren.

Noch einmal davongekommen

Das Weingut Ruck in Iphofen setzte in flachen Lagen ebenfalls Feuer ein, kam aber gegen den ausgedehnten Frost nicht an. Erfahrene Winzer wie Hans Wirsching erinnern allerdings daran, dass der Maifrost 2011 bedeutend schlimmer war. Sorgen machen sich auch Winzer am Bodensee, wo der bereits gut ausgetriebene Chardonnay besonders geschädigt wurde. Beim Spätburgunder waren die Triebspitzen dagegen noch verpackt und dadurch geschützt. Im sächsischen Schloss Wackerbarth allerdings scheint das Feuer geholfen zu haben. Dort heißt es wie auch sonst in Sachsen: Noch einmal davongekommen.

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