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Atomkraftwerk - Arbeitsplatz mit Zukunft? Wohl eher ein Auslaufmodell.

© Marijan Murat/dpa

Einmal hingeschaut: Ich kann Atom. Was kannst Du?

Wer jung ist, hat hochfliegende Pläne. Kolumnist Ahmet Refii Dener hat Jugendliche in Antalya belauscht - und verfolgt, wie hochfliegende Pläne hart landen.

Was ich Euch heute erzähle, klingt vielleicht nicht ganz rund, aber es sind exakt die Antworten, die ich auf meine Fragen bekam. Bei tollem Wetter in Antalya saß ich natürlich draußen. Am Nebentisch saßen drei Jungs, knapp über zwanzig. Neugierig wie ich bin, hatte ich das ganze Café unter Beobachtung. Da fiel am Nebentisch das Wort „Atom“. Hallelujah dachte ich, meinten die eventuell die Atomkraftwerke, die in der Türkei immer wieder geplant und nie gebaut werden? Ich wartete noch einen Augenblick, bis das Wort „Atom“ erneut zu hören war und fragte. „Sorry, ich hörte einige Male das Wort ,Atom’, was habt Ihr damit zu tun?“ Einer von ihnen sagte: „Wir studieren Atom auf der Uni in Antalya.“ Eindeutiger konnte die Antwort nicht sein. Klar, warum war ich nicht selber darauf gekommen? Und fragte weiter: „Wie kann man Atom studieren, das muss doch anders heißen. Wie heißt die Fakultät?" Ich löste Rätselraten aus. Am Ende wusste ich nur, dass sich alles an der Uni in Antalya abspielte.

„Wo werdet Ihr arbeiten, wenn Ihr fertig seid?“ „Das dauert noch, denn wir müssen zuerst einmal Englisch lernen. Die meisten Fachbücher sind in Englisch.“ Mir wurde klar, dass deren Studium locker sieben Jahre dauern würde. Wenn sie denn überhaupt einen Abschluss schafften – den Atom-Abschluss.

In der Englischprüfung durchgefallen

Wie der Zufall es wollte, war mein Bruder mit den Dreien befreundet. Wie ihre Geschichte weiterging, konnte ich von ihm erfahren: Bis zum Atom haben die drei es nicht gebracht. Es fing damit an, dass sie die Englischprüfung nicht schafften. Also erlangten sie an der Fakultät irgendeinen anderen Abschluss. Kein Atom, aber etwas darunter. Vielleicht so, dass sie Gerätschaften in der Nuklearmedizin auseinandernehmen und wieder zusammenbauen konnten. Wartung eben. Alle drei haben Mindestlohnjobs. Zwei von Ihnen arbeiten im Einzelhandel, der Dritte in einem Restaurant als Kellner.

Schade. Wofür all die Mühe des Studiums? Das AKW, in dem sie hätten arbeiten können, wurde auch nicht gebaut. Nun gut, die drei hätten dann auch noch Russisch lernen müssen ...

Während Deutschland mit der Überalterung kämpft, muss die Türkei mit den vielen Jugendlichen fertigwerden. Die türkischen Jugendlichen von heute werden allerdings auch im Alter für die Türkei ein Problem darstellen. Eigentlich müsste es eine Reset-Taste geben, mit der man alles auf die Fabrikeinstellungen zurücksetzen kann. Ins Jahr 1923, als die Republik gegründet wurde.

Ahmet Refii Dener

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