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Der Sänger Xavier Naidoo bei einem Auftritt im Jahr 2017.

© picture alliance / Alexandra Wey/KEYSTONE/dpa

Digitale Abbitte von Xavier Naidoo: Ganz so einfach ist es nicht

Der Sänger gibt sich geläutert und das verdient Respekt. Doch viele Aussagen sind vage. Für maximale Glaubwürdigkeit muss mehr folgen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph Straub

Die Selbsterkenntnis ist ein guter Anfang. Er habe sich „verrannt“ und dabei „viele Fehler“ gemacht, erklärt Xavier Naidoo in einer Videobotschaft. In einer Phase der Einkehr sei ihm bewusst geworden, dass er viele „mit verstörenden Äußerungen irritiert und provoziert habe“ und deshalb bitte er um Verzeihung. So weit, so respektabel. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

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Zwar gibt sich Naidoo geläutert. Doch wer glaubt, geistige Brandstiftung durch eine dreiminütige Ansprache auf einer Couch korrigieren oder gar aus der Erinnerung löschen zu können, irrt. Seine Popularität und seine hochumstrittenen Aussagen der Vergangenheit verlangen mehr als vage Beschreibungen im Rahmen einer digitalen Abbitte.

Zu tief hat sich Naidoo in die Welt der Verschwörungsmythen hineingeschwurbelt, zu offensiv hat er sich mit Extremisten verschiedener Couleur gemein gemacht. Zu oft hat er krude Thesen über sein breites Netzwerk weiterverbreitet. So präsentierte sich der Barde etwa seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie als radikaler Impfgegner und Corona-Skeptiker oder fiel durch judenfeindliche Entgleisungen auf.

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[Lesen Sie zudem: Die verschworene Gemeinschaft – Deutschlands Querdenker und ihre Liebe zu Wladimir Putin (T+)]

Wenn er nun sagt „Alle, die mich kennen, wissen, wofür ich einstehe“, entbehrt das also nicht einer bitteren Ironie. Insbesondere während der Pandemie avancierte Naidoo durch seine Aussagen, Auftritte und Posts zur Galionsfigur derer, die sich als „Querdenker“ bezeichnen – wissentlich auch von ausgewiesenen Extremisten. Das Bundesverfassungsgericht befand gerade erst vor vier Monaten, dass Naidoo durchaus als Antisemit bezeichnet werden darf.

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Wenn Naidoo seine Botschaft ernst meint, muss er eindeutig benennen, wofür er um Entschuldigung bittet. Welche Aussagen bereut er konkret? Welche Verschwörungserzählungen haben ihn „geblendet“? Und von welchen Gruppierungen distanziert er sich? Bislang beinhaltet sein Reuebekenntnis viele allgemeine Formulierungen. Auch die Aussage, er habe sich lediglich „zum Teil“ instrumentalisieren lassen, bietet noch zu viel Interpretationsspielraum.

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Allein mit Blick auf die von ihm in den vergangenen zwei Jahren gesäte Zwietracht kann Naidoos Reuebekenntnis nur ein Anfang sein. Denn schon davor biederte er sich sogenannten Reichsbürgern an und verbreitete antisemitische Thesen. Zwar mag deshalb zunächst noch Skepsis an der Aufrichtigkeit der Aussagen angebracht sein, doch auch Naidoo hat ein Recht auf Rehabilitation. Ihm Berechnung zu unterstellen, wäre unfair.

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Für seine erste Einsicht gebührt ihm Anerkennung, zu einem solchen Schritt gehört Größe. Die breite Masse der Gesellschaft sollte ihm deshalb die Hand reichen. Das ist wichtig und nur so kann eine Aussöhnung tatsächlich gelingen.

Den ersten schweren Schritt hat Naidoo getan. Für maximale Glaubwürdigkeit – und eine etwaige Vorbildfunktion – muss allerdings mehr, vor allem aber Konkretes folgen.

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