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Die Wirren um Miriam Ibrahim sind noch nicht vorbei. Die im Sudan zum Tode verurteilte Christin wurde zwar freigelassen. Doch sie wird weiter festgehalten.

© dpa

Nach Todesurteil: Christin im Sudan kommt frei, aber nicht raus

Die wegen Abfalls vom islamischen Glauben im Sudan zum Tode verurteilte Christin Miriam Ibrahim ist zwar freigekommen, kann das Land aber nicht verlassen. Jetzt verhandeln die USA und der Sudan über das weitere Schicksal der Familie.

Miriam Ibrahim ist frei und doch nicht frei. Der Fall der sudanesischen Christin, die hochschwanger zum Tode verurteilt worden war, weil sie angeblich ihrem muslimischen Glauben abgeschworen hatte, machte international Schlagzeilen. Seit zwei Tagen hält sie sich mit ihrer Familie in der amerikanischen Botschaft in Khartum auf. Wie der Fall gelöst werden wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Miriam Ibrahims Drama begann im August 2013. Damals hatte ein Mann, der von sich selbst sagt, er sei ihr Bruder, sie angezeigt. Sie habe ihren Glauben verraten und zudem einen Christen geheiratet. Der Mann, Al Samani Al Hadi Mohamed Abdullah, sagte dem amerikanischen Nachrichtensender CNN, Miriam Ibrahim solle gehängt werden, wenn sie nicht zu ihrem muslimischen Glauben zurückkehre. Miriam Ibrahim selbst ließ jedoch durch ihren Anwalt mitteilen, sie kenne den Mann nicht. Ihr Ehemann, Daniel Wani, ein Südsudanese mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, vermutet, dass die Leute, die seine Frau angezeigt haben, es eigentlich auf ihr Geschäft abgesehen hätten. Demnach besitzt Ibrahim einen Friseursalon, einen kleinen Lebensmittelmarkt und Ackerland.

Zum Tode verurteilt, weil sie angeblich dem Islam abschwor

Die sudanesischen Behörden nahmen die Anzeigen jedenfalls ernst und stellten Miriam Ibrahim Anfang Mai vor Gericht. Sie gaben ihr drei Tage Zeit, zum Islam zurückzukehren. Miriam Ibrahim dagegen sagte vor Gericht, ihr muslimischer Vater habe die Familie verlassen, als sie sechs Jahre alt war. Sie selbst sei von ihrer äthiopischen Mutter im christlich-orthodoxen Glauben erzogen worden. 2011 heiratete Miriam Ibrahim dann Daniel Wani. Mit ihm hat sie einen 20 Monate alten Sohn, ihre Tochter brachte sie, mit Ketten an den Füßen gefesselt, auf dem Boden des Gefängnisses in Omdurmann, der Zwillingsstadt von Khartum am anderen Nilufer, zur Welt. Ihr Sohn war mit ihr im Gefängnis.

Die damals hochschwangere Frau wurde von einem Gericht in Khartum im Mai zum Tode durch den Strang und zudem 100 Peitschenschlägen verurteilt. Hängen sollte sie wegen des „Glaubensabfalls“ und geschlagen werden sollte sie, weil nach sudanesischem Recht eine Ehe zwischen einer Muslimin und einem Christen prinzipiell ungültig ist. Somit sei ihre Beziehung zu Daniel Wani eine außereheliche Affäre. Und die sollte mit den öffentlich erteilten Schlägen bestraft werden.

Internationaler Protest gegen das Skandalurteil

Der internationale Aufschrei war beachtlich. Innerhalb von Tagen unterstützten mehr als eine Million Menschen einen Appell von Amnesty International zu Miriam Ibrahims Freilassung. Westliche Regierungen setzten sich für ihre Freilassung ein. Auch bei einem Besuch des sudanesischen Außenministers Ali Kharti in Berlin spielte der Fall eine Rolle.

Am 23. Juni hob ein Berufungsgericht in Khartum das Todesurteil auf. Der Sudan hat alle einschlägigen internationalen Verpflichtungen zur Religionsfreiheit unterzeichnet, und auch die Verfassung gewährt Religionsfreiheit. Gleichzeitig gilt jedoch im Sudan das islamische Recht, die Scharia. Diesen Widerspruch musste das Gericht auflösen. Nachdem Miriam Ibrahim freigelassen worden war, sagte sie dem britischen Sender BBC, sie danke allen, „die zu mir gestanden haben“. Auf die Frage, was sie nun machen wolle, antwortete sie lediglich: „Das ist in Gottes Hand.“ Sie und ihre Familie wurden zunächst an einen „sicheren Ort“ gebracht, wie ihr Anwalt sagte, weil sie Todesdrohungen erhalten hatte.

Ausreise in die USA misslingt

Die Familie wollte in die USA ausreisen. Die US-Regierung hat ihr das auf Druck einer großen öffentlichen Kampagne in den USA auch zugesagt. Allerdings schlug der Plan, mit eilig ausgestellten südsudanesischen Reisepapieren aus dem Land zu kommen, fehl. Am Freitag wurde Miriam Ibrahim samt Familie von 40 Angehörigen des Geheimdienstes am Besteigen eines Flugzeugs gehindert, berichtete ihr Anwalt mehreren Nachrichtenagenturen. Nach knapp zwei Tagen in Gewahrsam wartet die Familie nun in der amerikanischen Botschaft ab, was die Verhandlungen zwischen den USA und dem Sudan ergeben werden.

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