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Das Interesse am NSU-Prozess im Oberlandesgericht München war von Beginn an groß.

© picture alliance / dpa

Update

Catering in München eingestellt: Beobachter des NSU-Prozesses klauen für tausende Euro Essen

Das Catering-System beim NSU-Prozess basierte auf Vertrauen. Doch das hat nicht funktioniert. Snacks im Wert tausender Euro wurden gestohlen. Jetzt gibt es kein Catering mehr.

Von Frank Jansen

Der NSU-Prozess ist ein episches, schon drei Jahre dauerndes Drama. Es geht im Saal A 101 des Oberlandesgerichts München um zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle und weitere Verbrechen. Nun kommt noch eine makabere Fußnote hinzu, die nichts mit den Tatvorwürfen gegen Beate Zschäpe und die weiteren Angeklagten zu tun hat – es geht vergleichsweise eher um eine Alltagsschäbigkeit. Doch auch die widert an. Als wäre der Prozess nicht schon trist genug.

Es wird offenbar regelmäßig gestohlen in dem mit beigen Stellwänden abgetrennten, schmucklosen Areal neben der Zuschauerempore, das Journalisten und anderen Besuchern während der Verhandlungspausen zur Verfügung steht. Leidtragender ist ein Caterer, der in dem Sicherheitsbereich täglich für kleines Geld belegte Semmeln, Schokoriegel und andere Snacks angeboten hat. Ihm fehlen inzwischen mehrere tausend Euro.

Da der Caterer „unter diesen Umständen aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr zu weiteren Lieferungen bereit ist, muss der Imbissverkauf im Sicherheitsbereich ab sofort eingestellt werden“, teilt Gerichtssprecherin Andrea Titz am Dienstag offiziell mit. „Wir bedauern dies, bitten aber um Verständnis.“

Am Telefon sagt Titz, „jetzt müssen wieder die Ehrlichen unter den Unehrlichen leiden, das ist wie früher in der Schule“. Wer nun die Unehrlichen sind, wer Semmeln und Süßes geklaut oder gleich in die Geldschale gegriffen hat, bleibt offen. Obwohl Justizwachmeister und Polizisten im Sicherheitsbereich präsent sind.

Es gibt Vermutungen, wer die Täter waren

Die Beamten haben schon früh versucht, den Schaden zu begrenzen. Sie sicherten immer wieder Scheine aus der Schale, weil die Pullacher Cateringfirma „Frischemenü“ über Verluste klagte. Womöglich haben jedoch weder Zuschauer noch Journalisten massenhaft Snacks entwendet. Bei den Medienleuten kursiert die Vermutung, Dauerbesucher des Prozesses, darunter freakige Gestalten, könnten chronisch ins Bargeld gelangt haben.

Nur an drei Tagen habe die Kasse gestimmt, klagt der Geschäftsführer von Frischemenü, Bernd Lange. Er ist mit einem Ordner voller Rechnungsbelege zur Gerichtsverwaltung gegangen und hat beantragt, das Catering für den Prozess zu beenden. Und nun ist nach mehr als 300 Verhandlungstagen Schluss. Zuschauer und Journalisten – viel Essbares dürfen sie nicht mitbringen – müssen künftig bei größerem Hunger die Gerichtskantine aufsuchen. Die liegt außerhalb des Sicherheitsbereichs, das bedeutet längere Kontrollen auf dem Hin- und Rückweg. Die Ehrlichen unter den Besuchern dürften nun ähnlich murren wie Caterer Lange: „Ich find’ das alles Scheiße“.

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