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Idylle im Hafen von Alanya.

© Privat

Einmal hingeschaut: Alanya und Almanya

Wenn der Sommer kommt reagieren Einheimische und Zugezogene in Alanya ganz unterschiedlich. Ahmet Refii Dener überlegt, warum. Eine Kolumne.

Elternsprechtag in der Schule meines Sohnes, damals in Alanya, wo ich lange lebte. In der Runde kam ich mir schon ganz besonders vor, denn ich gehörte zu den acht von 24 Vätern, die kein Hotel besaßen. So ist das in Alanya. Es gibt noch Orangen, Avocados, Bananen und Zitronen, dann ist aber Ende. Die Masse lebt vom Tourismus.

Viele Russen sind abgezogen

In Alanya leben sehr viele deutsche und skandinavische Residenten. Die Russen sind als der Rubel schwächelte abgezogen, es sind nicht mehr so viele wie früher da. Die deutschen Ansässigen fühlen sich wohl in der Türkei, ob sie aber integriert sind, weiß ich nicht. Dabei fällt mir eine Anekdote vom weltberühmten türkischen Pianisten Fazil Say ein:

„Momentan halte ich mich für ein Konzert in Gran Canaria auf. Das Wetter ist schön, 22 Grad, alle sind am Strand schwimmen, einige surfen, muss schön sein hier zu leben. Ein deutscher Freund, der hier lebt, hat mir erzählt, dass es Deutsche gibt, die schon mehr als 20 Jahre hier leben und keine fünf Worte Spanisch können. Den ganzen Tag würden sie in der ,Bild' lesen und dann in den Kneipen diskutieren. Deren Hauptthema ist die Nichtintegrierbarkeit der Türkischstämmigen in Deutschland, die über die Jahre kaum Deutsch gelernt hätten.“ Almanya, also Deutschland, hat gegenüber Alanya nur ein „M“ zu viel. Dennoch: Unterschiedlicher könnten Residenten und Einheimische nicht sein.

Die Deutschen sitzen in der prallen Sonne beim Bier

Im Juli und August herrscht Gluthitze in Alanya. Der Türke verträgt so viel Hitze nicht, sie sitzen zu Hause, bei runtergelassenen Rollos und zugezogenen Vorhängen. Was machen die Deutschen zur gleichen Zeit? Sie sitzen in der prallen Sonne, bei schon heißem Bier, und kratzen sich die Bäuche. Der Ur-Alanyaner geht spätnachmittags oder abends schwimmen. Ihnen geht es rein nur ums Schwimmen und Abkühlung. So ist auch das einzige Einkaufszentrum namens „Alanyum“ im Sommer voller als sonst - Alanyaner, die dort Abkühlung suchen, brauchen nicht für Strom zu zahlen.

Touristen werden geliebt, weil sie Geld bringen

Der Ur-Alanyaner ist eigentlich wohlhabend, aber knauserig. Sie gehen lieber auf Distanz zu Fremden, von denen sie annehmen, sie könnten an ihr Geld wollen. Die Touristen werden geliebt, weil sie Geld bringen. Die Touristen wiederum lieben jene nicht, die penetrant und aufdringlich an ihr Geld wollen.

Dennoch leben in Alanya Residenten und Einheimische in Eintracht. Das wird aber nicht mehr gegeben sein, wenn die türkischen Politiker anfangen zu sagen: „Das Christentum gehört zur Türkei!“

Ahmet Refii Dener arbeitet als Türkei-Berater. 2017 ist ARDner, wie sich der Blogger (go2tr.de) nennt, nach Berlin gezogen. Sonntags schreibt er im Tagesspiegel eine Kolumne.

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