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Kai Gniffke und Norbert Himmler müssen auf Forderungen der Rundfunkkommission der Länder reagieren

© Henning Kaiser, Marius Becker, dpa/Montage: Tsp

Zunehmender Druck auf ARD und ZDF: „Aufarbeitung der Vorwürfe wird uns noch lange beschäftigen“

Kai Gniffke, der künftige ARD-Vorsitzende, stellt Öffentlich-Rechtliche auf schwierige Zeiten ein.

Es war vielleicht keine „Blut, Schweiß und Tränen“-Rede, die SWR-Intendant Kai Gniffke am Freitag im Rundfunkrat des ARD-Senders hielt. Da Gniffke jedoch Anfang 2023 den ARD-Vorsitz übernimmt, ging die Warnung, dass die Aufarbeitung der Vorwürfe bei den Schwestersendern NDR und RBB die ARD noch lange beschäftigen werde, weit über den SWR hinaus.

„Die ARD befindet sich in einer schweren Krise“, sagte Gniffke und bezieht das sowohl auf die Kritik über den richtigen Umgang mit Beitragsgeld als auch auf die Sorgen um die Unabhängigkeit der Berichterstattung. „Beide Vorwürfe wiegen schwer. Ich will gar nicht bewerten, welcher schwerer ist. Ich neige ein bisschen dazu, dass Zweifel an unserer Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit noch mal schwerer wiegen.“ Zu den Vorwürfen über Vetternwirtschaft kam zuletzt auch noch der Verdacht der politischen Einflussnahme in die Berichterstattung hinzu.

„Beides belastet mich auch persönlich sehr, weil das, was da passiert ist, diskreditiert den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“, sagte Gniffke. „Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit, das verloren gegangene Vertrauen wiederzugewinnen, neu zu gewinnen.“

In der Sitzung mahnte SWR-Rundfunkratsvorsitzende Adolf Weiland mit Nachdruck eine Reform von ARD-Programmstrukturen an. Diese Strukturreform sei der wichtigste Baustein für die kommende ARD-Vorsitzzeit des SWR. „Wer glaubt, das lineare Programmangebot der ARD könne noch über Jahre hinweg einfach unverändert fortbestehen, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.“

„Wer glaubt, das lineare Programmangebot der ARD könne noch über Jahre hinweg einfach unverändert fortbestehen, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Adolf Weiland, SWR-Rundfunkratsvorsitzender

Die Einrichtung einer AG Umschichtung bei der ARD, die der derzeitige ARD-Vorsitzende Tom Buhrow (WDR) vor kurzem ankündigte, sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Weiland. Es müsse aber auch die Alternative geben, ein Programmangebot nicht umzuschichten, sondern auch einmal ersatzlos entfallen zu lassen.

Derweil hat der bayerische Oberste Rechnungshof vom Bayerischen Rundfunk (BR) einen verschärften Sparkurs gefordert. Trotz der eingeleiteten Sparmaßnahmen seien die Reserven des BR Ende 2024 weitgehend aufgebraucht. Da der BR aber seine Pensionsverpflichtungen erfüllen müsse und seinen Reformkurs für die digitalen Herausforderungen vorantreiben wolle, müsse gespart werden.

Die Rechnungsprüfer forderten, den begonnenen Personalabbau konsequent umzusetzen und sich in allen Bereichen nachhaltig zu verschlanken. Um Personalkosten zu verringern, sollten außerdem Beförderungen in höhere Gehaltsgruppen und hohe Tarifsteigerungen „weitestmöglich“ vermieden werden.

Der Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender hatte sich am Donnerstag durch Forderungen der Rundfunkkommission der Länder verschärft. Heike Raab, die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder, verlangt von den Sendern, klare Ansagen, wie sie ihr Verwaltungshandeln und ihre Transparenzvorschriften anpassen und einheitliche hohe Standards bezüglich Compliance schaffen und einhalten.

„Wir fordern die Intendantinnen und Intendanten auf, zur Verantwortung zu stehen und aus den Vorkommnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen“, sagte Raab. „Wir überprüfen, ob nicht auch gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht“, sagte Medienpolitikerin.

Das ZDF betrachtet die Entwicklungen aus einer gewissen Distanz. Intendant Norbert Himmler kündigte zwar an, die eigenen Kontrollmechanismen weiterzuentwickeln. Vorgänge wie in Berlin seien bei dem Mainzer Sender jedoch undenkbar. Beim ZDF gebe es moderne Compliance-Regeln und professionelle Kontrollen durch die Aufsichtsgremien und die interne Revision und ein personell gut ausgestattetes Gremienbüro. „Ich kann an keiner Stelle strukturelle Probleme im ZDF erkennen“, erklärte er. (mit dpa)

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