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Beinahe sittsam: 2014 konnte Larry Flynt auf 40 Jahre des Porno-Magazins „Hustler“ zurückblicken. Jetzt ist er mit 78 Jahren gestorben.

© Mark Ralston/AFP

Zum Tod von „Hustler“-Gründer Larry Flynt: Sex sells

Zwischen linkem Vorkämpfer für Meinungsfreiheit und Trittbrettfahrer der sexuellen Revolution. Zum Tod des „Hustler“-Gründers Larry Flynt.

„Die Vagina einer Frau hat genauso viel Persönlichkeit wie ihr Gesicht.“ So lautet ein Zitat des „Hustler“-Verlegers im Kinofilm „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“, als er einen Fotografen anweist, direkt auf den Schambereich des Models draufzuhalten. Auf die Verbote von solchen Pink Shots gibt der Mann, der zuvor eine Stripclub-Kette im US-Bundesstaat aufgebaut hat, wenig.

Als Larry Flynt „Hustler“ 1974 als ungeschminkten Gegenentwurf zu „Playboy“ und „Penthouse“ gründet, ist er allenfalls im Austesten der gesetzlichen Möglichkeiten ein Revoluzzer. Die Veränderung der Gesellschaft interessiert ihn ebenso wenig wie die „Playboy“-Artikel über das Mixen eines perfekten Martinis.

Den semi-intellektuellen Anspruch eines Hugh Hefners, der seinem „Playboy“ immerhin den Habitus eines Magazins für den Mann von Welt verleiht, teilt Flynt nicht. Er weiß, welchem Zweck die expliziten Darstellungen von Frauenkörpern dienen. Und welches wirtschaftliche Potenzial darin liegt, ein Heft für die Arbeiterklasse anzubieten, das in seinen Text-Inhalten politisch linker auftritt als die Wettbewerber. Immerhin das bleibt: 2017 setzt Flynt eine Belohnung von zehn Millionen Dollar für kompromittierende Informationen über den damaligen Präsidenten Donald Trump aus, die zu dessen Amtsenthebung führen sollen.

Trotz jahrelanger Klagen in mehreren US-Bundesstaaten wegen Obszönität schafft es Flynt, mit seiner pornografischen Zeitschrift am Kiosk mit etablierten Marken wie eben „Playboy“ und „Penthouse“ zu konkurrieren, anstatt sie allein in Sex-Shops oder unter dem Ladentisch anbieten zu müssen. Mit den Nacktfotos der früheren First Lady Jacqueline Kennedy Onassis beim Sonnenbaden schafft es der „Hustler“ sogar zu so etwas wie einem Scoop. Und ist damit überaus erfolgreich: In der Spitze liegt die verkaufte Auflage bei drei Millionen Exemplaren. Dieses Niveau kann allerdings auch dieses Magazin nicht halten, die letzte veröffentlichte Zahl von 2008 beläuft sich auf eine eine halbe Million Exemplare.

Den gedruckten US-"Playboy" überlebt

Andere Publikationen hat der Niedergang der Erotik-Magazine indes härter getroffen. Im März 2020 gab der „Playboy“-Verlag bekannt, dass die US-Ausgabe nicht mehr gedruckt, sondern Online only erscheinen wird – zunächst. Für 2021 hält sich Playboy Enterprises offen, möglicherweise auch wieder ein Printheft herauszubringen.

Der deutsche „Playboy“ ist vom Print-Aus indes nicht betroffen, obwohl sich auch dessen Auflage innerhalb des letzten Jahrzehnts mehr als halbiert hat. Und damit die Medienbranche nicht vergisst, dass es den deutschen „Playboy“ noch gibt, wird er regelmäßig sogar bei Mediendiensten wie turi2.de beworben, wie gerade jetzt mit Skisprungweltmeisterin Juliane Seyfarth als Covergirl.

Dabei tritt Larry Flynt in den USA sogar als höchst streitbarer Verleger und Verfechter des Rechts auf freie Meinungsäußerung auf. Und ist damit wiederum erfolgreich. 1988 erreicht er vor dem Obersten Gerichtshof der USA ein Grundsatzurteil in Sachen Religionssatire. Das Magazin hatte den prominenten evangelikalen Prediger Jerry Falwell aufs Korn genommen und beschrieben, wie dieser in einem Klohäuschen mit seiner betrunkenen Mutter zum ersten Mal Sex gehabt haben soll.

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Zehn Jahre zuvor wurde Flynt wegen der Provokationen des „Hustler“ Opfer eines Attentats. Ein Rechtsextremist schießt ihn nieder, nachdem sein Magazin Bilder eines Paares mit unterschiedlichen Hautfarben veröffentlichte. Dabei erleidet Flynt eine Querschnittslähmung und sitzt seitdem im Rollstuhl.

Die Amerikaner haben zu Larry Flynt stärker noch als zu „Playboy“-Gründer Hugh Hefner ein gespaltenes Verhältnis. Den einen gilt er als Trittbrettfahrer der sexuellen Revolution, der nur auf seinen Profit bedacht ist und der diese vor allem zu seinem eigenen finanziellen Vorteil missbraucht. Aber es gibt andere Stimmen. Milos Forman, der 2018 gestorbene Regisseur von „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“, hat nach eigener Aussage den „Hustler“ nie gekauft und sagt, dass er das auch nie tun werde. Aber so lange er lebe, werde er Flynt immer bewundern für „sein Leben, seinen Mut und seine Hartnäckigkeit“.

Der Mann aus Kentucky ist fünfmal verheiratet und hat fünf Kinder. Am Mittwoch ist Larry Flynt in Los Angeles an den Folgen einer plötzlichen Erkrankung gestorben. „Friedlich im Schlaf“, wie es heißt. Er wurde 78 Jahre alt.

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