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Treuloser Hauptkommissar. Jan Brenner (Benjamin Sadler) hat etwas zu verbergen. Und die Regie schafft es, das Publikum in den Kopf des Kommissars zu zwingen. Es muss mit Jan bei dessen Vertuschungsarbeit mitfiebern.

© ZDF und Marc Meyerbröker

ZDF-Thriller mit Benjamin Sadler: Wer anderen eine Grube gräbt

Es könnte so schön sein auf der Straße zum Erfolg: Im ZDF-Thriller „Ein verhängnisvoller Plan“ mit Benjamin Sadler braucht man Moral nicht zu suchen.

Am Beginn dieses Fernsehfilms ist Fernsehen. Die reiche Erbin und Politikerin Kathrin Hagen-Brenner (Jördis Triebel) sitzt mit ihrem Mann, dem Kriminalhauptkommissar Jan Brenner (Benjamin Sadler), vor der Kamera.

Ein Promiinterview, der übliche Schwachsinn. Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? Wir lieben und akzeptieren einander. Sie, die Wohlhabende, will „etwas zurückgeben“, er, der Starermittler, einst Mitglied einer Jugendgang, murmelt etwas von „Verantwortung übernehmen“. Glauben soll diesen Schmus der Zuschauer nicht. Dazu sind die Blicke der Brenners aufeinander viel zu wölfisch.

Das Böse und das Imaginäre klopfen denn auch gleich mal an. Die Kamera (Sebastian Edschmid) findet unterm Tisch eine überaus ansehnliche nackte weibliche Leiche. Sie existiert im Moment des Interviews nur im Kopf Jans, des Kommissars. Mancher Zuschauer stutzt: Liegt da nicht „Koschka“, die flotte Furie aus der Vorabendserie „In aller Freundschaft: Die jungen Ärzte“?

Yes, Sir. Es ist die Schauspielerin Katharina Nesytowa mit Kindheit in Moskau. Ausgebrochen aus dem Thüringer TV-Klinikum-Knast für ewige Ärzte-Azubis. Sie glänzt, obwohl dahingeschieden, richtig sexy.

Auch als Lebende strahlt sie so eiskalte Attraktivität aus wie alle, die an diesem von Ed Herzog (Drehbuch: Katharina Hajos, Constanze Fischer) inszenierten glänzenden Krimi im Zweiten mitwirken.

Das Mitgefühl hat in „Ein verhängnisvoller Plan“ Ruh, das kunstbeflissene Über-Ich – was ist das soziale Anliegen? Wo sind die kunstvollen Nebenwege? – auch. Keine Persiflage, keine seelischen Enthüllungen, nur ein Korso schauspielerischer SUVs, tonnenschwer vor Egozentrik, vollgetankt mit dem Edelsprit des schönen Aussehens (lebend und als Leiche) und nicht von dieser Welt mit ihrer Hässlichkeit (selbst beim Gräberbuddeln). Wir sind unter Jägern. Wir sehen Profis zu. Ja, das entspannt.

Ein wenig spukt es in Jans Kopfkino weiter

Hauptkommissar Jan Brenner ist einst dafür gefeiert worden, dass er den „Hochhausmörder“ zur Strecke gebracht hat. Die Rechnung ist einfach. Der Beschuldigte beging Selbstmord. Also muss dieser es gewesen sein. Die Morde haben ja aufgehört. Einen Prozess gab es nicht. Eine Beförderung steht für den Kommissar trotzdem an. Es könnte so schön sein auf der Straße zum Erfolg.

Da taucht die Journalistin Vesna Benning (Nesytowa) auf, bedrängt Ermittler Jan mit Fragen nach dem „Hochhausmörder“ und überfällt den Kommissar, der gerade Strohwitwer ist, sogar in seiner eigenen Villa mit ihrer Erotik.

Die Journalistin will nun Akteneinsicht in die alte Geschichte und bezahlt mit Sex, was im Film nicht nach Sklavinnenarbeit aussieht, sondern nach Lust, die Jan Brenner genießt, ohne nachzugeben. Im Haus ereignet sich dann ein SUV-dramatischer Unfall: Jan erwacht, Vesna liegt erdrosselt auf dem Boden, die Erinnerung ist weg, der Kommissar in größten Nöten.

Die Regie schafft es, das Publikum in den Kopf des treulosen Oberkommissars zu zwingen. Es bekommt keine Zeit für moralische Reflexion, es muss mit Jan bei dessen Vertuschungsarbeit mitfiebern: beim Verbuddeln von Vesnas Leiche im finsteren Wald, beim Säubern der Spuren, beim Taktieren, wenn Jan mit seinen von ihm eingeschalteten Polizeikollegen spricht und nur die halbe Wahrheit sagt.

Das nimmt Jans Vorgesetzte – herrlich, herrisch, hysterisch: Leslie Malton – besonders übel, als sie die ganze Wahrheit über Jans erotische Affäre erfährt.

Der verdächtige Held zieht hier wunderbarerweise mehr Aufmerksamkeit auf sich, als es ein unschuldiger könnte. Leider kann das Ende hier nicht verraten werden. Versprochen: Es ist überraschend, aber logisch.

Ein wenig spukt es in Jans Kopfkino weiter, wenn das verscharrte Opfer eine dreckige Hand ins Bild schiebt oder es scheint, die Erdrosselte könne noch als Tote ziemlich giftig blicken. Aber solche de-realisierenden Szenen sind alles andere als nervig.

Der Fernsehthriller [„Ein verhängnisvoller Plan“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15] mit dem eindrucksvollen Darsteller Benjamin Sadler (in weiteren Hauptrollen auch noch Daniel Christensen und Friederike Becht) erhielt auf dem Münchner Filmfest 2019 den Bernd Burgemeister Fernsehpreis. Begründung: Sieh an, die Deutschen können Fernsehthriller auch, wenn sie, wie hier, so klug und konzentriert arbeiten. Stimmt.

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