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Oliver Jarasch vom RBB

© rbb/Thomas Ernst

Öffentlich-rechtliche Interessenskonflikte?: Wenn sich Politik und Medien nahe kommen

Der RBB wird in der Person von Oliver Jarasch mit dem Thema Abstandsgebot konfrontiert. Auch Christine Strobl kennt die Diskussion.

Die Wahl zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus soll im Herbst 2021 stattfinden. Die Grünen dürften dabei eine wichtige Rolle spielen. Ihre aktuellen Umfragewerte liegen bei deutlich über 20 Prozent. Designierte grüne Spitzenkandidatin ist nach Stand der Dinge Bettina Jarasch. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird in den Wochen davor sicher Wahlchecks und Wahltalks durchführen. Leiter beim RBB für „Aktuelle Magazine“ („Abendschau“, „RBB24“), und damit durchaus mitbestimmend über die politische Berichterstattung des Hauptstadtsenders: Oliver Jarasch, der Ehemann der Spitzenkandidatin. Gibt es da nicht einen Interessenskonflikt?

So ein erster Reflex, als in dieser Woche die grüne Spitzen-Personalie in Berlin heraus kam. Der RBB federt bislang ab. „Wir werden dafür Sorge tragen, dass es keine Interessenkonflikte gibt. Wie das genau aussehen wird, entscheiden wir in den kommenden Tagen“, sagte ein Sendersprecher. Die Frage, die nicht beantwortet wird, steht weiter im Raum. Kann Oliver Jarasch seinen Job, bei dem er gelegentlich in den ARD-„Tagesthemen“ kommentiert, behalten, wenn seine Frau im kommenden Jahr um den Einzug ins Rote Rathaus kämpft?

„Politisches Abstandsgebot. Gilt vor allem hier!“ Aber auch: „Ehepartner sind doch echt nicht die Kategorien zur beruflichen Beurteilung von Menschen.“  – so erste Kommentare bei Twitter. Offiziell wird sich beim RBB derweil dazu auch auf Nachfrage nicht weiter geäußert.

Auf den Fluren, wie auch bei der Sitzung des RBB-Rundfunkrats, dem Kontrollorgan des öffentlich-rechtlichen Senders, am Donnerstagnachmittag spielte das Thema Jarasch in diesen Tagen überraschenderweise keine Rolle (vielmehr die Frage, wie sich das Einsparprogrammvon 30 Millionen Euro auf die Qualität des RBB-Programms auswirken wird).

Noch-Degeto-Chefin Christine Strobl

© dpa

Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die Diskussion um Degeto-Chefin Christine Strobl, die im Frühjahr den wichtigen Posten der ARD-Programmdirektorin in der Nachfolge von Volker Herres übernimmt. Auch bei dieser Personalie gab es nach Bekanntgabe vor Wochen leise Zweifel, wie es denn da um die journalistische Unabhängigkeit bestellt sei. Christine Strobl ist die Tochter von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und mit dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) verheiratet. Manche riefen nach der Personalie reflexartig „Staatsfunk“ oder „Systemschurken“ und sahen sich im Verdacht bestätigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gesteuert sei – nicht zuletzt, weil Ehemann Thomas Strobl Innenminister von Baden–Württemberg ist.

So häufig nach gefragt wie Intendanten nach ihren Gehältern

Strobl werde da vermutlich so häufig nach gefragt wie Intendanten nach ihren Gehältern, sagte Tom Buhrow, der ARD-Vorsitzende. Er habe mit den übrigen acht Intendanten entschieden, dass Strobl den prominenten Posten bekommt. Diese habe nie erkennen lassen, in welchem politischen Umfeld sie aufgewachsen sei.

Die Angesprochene bezog Stellung – auf die Frage, wie sie um Vertrauen dafür werben kann, dass ihre politischen Interessen nicht das Programm beeinflussen: „Ich glaube, das ist relativ klar und eindeutig zu beantworten: Das eine ist eine private und persönliche Haltung, und die hat genau da zu bleiben, wo sie ist, und hat im Job nichts zu suchen. Und insofern werde ich das genauso auch in Zukunft handhaben. Ich glaube, ich habe auch in der Vergangenheit gezeigt, dass man damit professionell umgehen kann.“

Tenor: Entscheidungen werden, gerade bei der ARD mit ihrendiversenen Chefredakteuren aber auch den Gremien innerhalb der einzelnen Sender, nie ganz allein getroffen. Solch’ Professionalität dürfte also auch Oliver Jarasch zuzumuten sein (der RBB hält die Frage nach etwaigen Einsätzen und Verantwortlichkeiten bei den Wahlchecks 2021 derzeit für „hypothetisch“), wenn seine Frau Bettina als grüne Spitzenkandidatin in den medialen Berliner Wahlkampfring steigt.

Sollte ihr Mann 2021 überhaupt noch seinen aktuellen RBB-Job haben. Derzeit wird ein Nachfolger für Chefredakteur Singelnstein gesucht.

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