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Macht sich auch für weniger bekannte Autoren stark. Zuletzt hatte Christine Westermann die Erzählungen von Susanne Schmidt über eine Berliner Busfahrerin vorgestellt – mit erfreulichen Auswirkungen auf den Buchverkauf.

© WDR/Linda Meiers

„Dann mache ich die Buchtipps eben woanders“: WDR kippt Christine Westermanns Rubrik aus dem Programm

Einmal monatlich stellte Christine Westermanns ihre Buchtipps in „Frau TV“ vor. Daran hätten die Zuschauer kein Interesse mehr, heißt es nun.

Auf der Webseite des WDR finden sich in der Rubrik „Frau TV“ unter anderem sämtliche Buchtipps, die Christine Westermann seit 2005 für diese Sendung ausgesprochen hat. Bei zwei Tipps je Sendung ist da einiges zusammengekommen. Zur Juni-Ausgabe findet sich zum Beispiel die Kurzbesprechung eines Buchs von Anna Brüggemann. Der Titel „Trennungsroman“. „Ein Roman, bei dem sich die emotionale Spannung fast wie in einem Thriller geschickt und unerbittlich steigert. Bei dem einem mit jedem Kapitel, mit jedem Tag, der verstreicht, enger ums Herz wird.“

Eine Trennung steht auch in anderer Hinsicht bevor. Der WDR will das Format „Frau TV“ umbauen, die Rubrik „Buchtipps“ soll dann entfallen, sei sie von der Redaktion vor fünf Wochen informiert worden, sagte Christine Westermann der „Süddeutschen Zeitung“, die am Freitag darüber berichtete. „Die Skala meiner Gefühle, nachdem ich es erfahren habe: erst Fassungslosigkeit, Zorn, Traurigkeit, Resignation. Jetzt Aufbruch“, sagte Westermann der Zeitung und kündigte an: „Dann mache ich die Buchtipps eben woanders.“

Der WDR bestätigte die Einstellung der „Buchtipps“ gegenüber dem Tagesspiegel. Die fünfminütige Rubrik ist Teil der Sendung „Frau TV“. „Es stimmt, dass Christine Westermanns Rubrik bei ,Frau TV‘ nicht fortgesetzt wird, dies hat einen einfachen Grund: Nach der Sommerpause der Sendung wird es im Herbst Veränderungen geben hinsichtlich neuer Reihen, Design und Erzählformen“, sagte ein Sendersprecher. Dabei habe auch eine Befragung von Zuschauerinnen und Zuschauer eine Rolle gespielt.

Von der Redaktion war Christine Westermann mitgeteilt worden, dass eine Mehrheit der Befragten „kein Interesse an Büchern“ hätte, hatte sie der „SZ“ gesagt. Der WDR wiederum legt Wert auf die Feststellung, dass Christine Westermann „auch weiterhin alle zwei Wochen Bücher für WDR 2 rezensieren und wie gewohnt im Wechsel mit anderen Moderatoren samstags das WDR 5 Literaturmagazin präsentieren“ werde. Zudem verweist der Sender auf die vielen anderen Formate in Radio und Fernsehen mit Rezensionen, Buch-Tipps und -Kritiken sowie Autoreninterviews.

„Deutschlands wichtigste Bücherfrau“

Christine Westermann wird mitunter als „Deutschlands wichtigste Bücherfrau“ (Schriftstellerin Judith W. Taschler) bezeichnet – besonders nach dem Ende von Elke Heidenreichs ZDF-Sendung „Lesen!“ im Jahr 2008. Allerdings sollte hier Thea Dorn als Gastgeberin des „Literarischen Quartetts“ nicht unterschlagen werden. Was das Interesse der Zuschauer an Literatur angeht, hat Westermann jedenfalls eine andere Wahrnehmung. Es gebe eine Menge Menschen, für die das Lesen „keine Last, sondern eine Lust“ sei, sagte Westermann der „Süddeutschen“ und verweist darauf, dass ihre TV-Empfehlungen häufig „aus dem Stand die Bestsellerlisten“ erklömmen. Wobei Westermann auch die Arbeiten von Autoren und Autorinnen empfiehlt, die sonst nicht im Zentrum der Berichterstattung stehen. So wie Susanne Schmidt mit ihrem Buch „Machen Sie mal zügig die Mitteltüren frei: Eine Berliner Busfahrerin erzählt“. Entsprechend negativ wird die Einstellung der „Buchtipps“ von der Verlagswelt beurteilt. Dies sei eine „sehr schlechte Nachricht“, heißt es zum Beispiel bei Kiepenheuer & Witsch.

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Die Literatur hat – mit einigen Ausnahmen – im öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon einen besseren Stand gehabt. Das gilt nicht zuletzt für den WDR. Es ist gerade einmal ein halbes Jahr her, dass Matthias Kremin, der Chef der Kulturwelle WDR3, in einem Interview des Tagesspiegels zurückrudern musste. „Es ist nichts dran“, sagte er über die Pläne, die tägliche „Buchrezension“ auf WDR3 zu streichen. Zuvor hatte es allerdings massive Proteste unter anderem vom Börsenverein des Buchhandels und vom PEN-Zentrum gegeben.

Auch in anderen ARD-Rundfunkhäusern muss die Literatur um ihren Platz im Programm fürchtenm— so sie ihn nicht bereits verloren hat. Der NDR hat sein „Bücherjournal“ eingestellt und der SWR hat die Rubrik „SWR 2 Lesenswert“ künftig weniger häufig im Programm.

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