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Auf Mehrheitssuche. Nina (Lavinia Wilson, dritte von links) und ihr Mann Jannos (Jasin Challah, vierter von links) wollen die anderen Mitglieder der Elterninitiative für einen Kita-Namen gewinnen.

© ZDF und TOM TRAMBOW BVK

Eltern-Serie auf ZDFneo: Und ewig kreist der Helikopter

Die Serie „Andere Eltern“ bei ZDFneo ist ein Muss für Spätgebärende aus der Gentrifizierer-Generation.

Was ist das Schlimmste am Elternsein? Ganz klar: Die anderen Eltern. Wer ein Kind bekommt, verbringt seine Zeit plötzlich mit anderen Menschen – in der Krabbelgruppe, beim Babyschwimmen oder auf dem Spielplatz zum Beispiel –, mit denen es nur eine einzige Gemeinsamkeit gibt: das gleichaltrige Kind. Wie nervig dieses zusammengewürfelte Zusammensein mitunter sein kann, wird in der neuen siebenteiligen ZDFneo-Serie „Andere Eltern“ aufs Korn genommen.

Für den Mockumentary-Stil begleitet Dokumentarfilmerin Ini (Johanna Gastdorf) ihre erwachsene Tochter Nina (Lavinia Wilson) bei der Gründung einer eigenen Kita. Die ist mit ihrem dritten Kind schwanger und will das Problem fehlender Betreuungsplätze nun selbst in die Hand nehmen.

Ihre Mutter beobachtet die Initiative mit dem belustigt-befremdeten Abstand einer westdeutschen Großelterngeneration, deren akademisch-kreative Selbstverwirklichung einst Priorität hatte, während der Nachwuchs halt irgendwie mitlief.

„Das Aufzuchtgelände wird milimetergenau dem Nachwuchs angepasst, biodynamisch und nachhaltig. Von sogenannten Helikoptereltern, die versuchen, das Leben ihrer Kinder zu optimieren, jeden Herzschlag überwachen und jeden Schritt ökologisch wertvoll planen“, kommentiert Ini gleich zu Anfang aus dem Off. Das ist das Setting.

Unterdessen versucht die Elterntruppe, in heruntergekommenen Räumen eines ehemaligen Suchtpräventionszentrums in Köln-Nippes ihre Idealvorstellung einer Kita zu verwirklichen. Doch schon bei der Suche nach einem geeigneten Namen wird klar: Dieser Weg wird kein leichter sein.

Genderneutral soll er sein und einer, der deutlich macht, woher, respektive wohin der Wind weht – „Tofu-Tiger“ vielleicht, oder „Globu-Lillis“? Geeinigt wird sich schließlich auf „Krims Krams Kids“, in Anlehnung an die Doppeldeutigkeit des Kölner Stadtteils „Nippes“.

Die hippe Blase der überwiegend spätgebärenden Gentrifizierer-Generation repräsentieren: ein überengagierter Hausmann Björn (Serkan Kaya), der am liebsten selbst den Erzieher mimen würde, weil er sich für den besten hält. Die alleinerziehende Musikproduzentin Nike (Henny Reents), die ihr Baby zwar im Carsharing-Auto mit zum Punkfestival nimmt, aber bei den Bewerberinnen für den Erzieherjob vor allem Drogenkonsum ausschließen möchte.

Auf der Suche nach einer passenden lesbischen Frau

Anita (Nadja Becker) und Lars (Sebastian Schwarz), ein Paar, das die x-te Kinderwunschbehandlung ohne Erfolg hinter sich hat, aber schon mal vorsorglich mit dabei ist. Der homosexuelle Malte (Daniel Zillmann), der sich ebenfalls ein Kind wünscht und dafür auf der Suche nach einer passenden lesbischen Frau ist.

Es wird gestritten über ökologisch verträgliche Wandfarbe, Smoothies, Masern-Partys. Bis die Nerven blank liegen. „Was in meiner Generation noch ein Happening oder Come-Together war und meist zu noch mehr Kindern führte, läuft heute drogenfrei und demokratisch-effizient in einem Workflow ab, der positives Karma in den Räumlichkeiten verteilen soll“, kommentiert Dokumentarfilmerin Ini mit einiger Distanz.

Natürlich wird kein Klischee ausgelassen. Aber darin steckt nun mal – siehe Berlin-Prenzlauer Berg oder Hamburg-Ottensen – ein Kern Wahrheit und die Charaktere kommen bei „Andere Eltern“ nicht klamaukig rüber. Das mag daran liegen, dass zu Beginn der Dreharbeiten 2019 die Rollen lediglich skizziert waren – der Cast kannte den Verlauf der Geschichte noch nicht.

So mussten die Darstellerinnen und Darsteller vor laufender Kamera improvisieren. Mit der darin geübten Lavinia Wilson hatte Regisseur Lutz Heineking junior 2020 so bereits für seine mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Serie „Drinnen“ gearbeitet. Für Wilson ist ihre Figur ein „Brennglas für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung“ – für Menschen, die alles richtig machen wollen, aber immer wieder scheitern.

Im Gegensatz etwa zum lieblos inszenierten Stuttgarter „Tatort“ um eine alternative Baugemeinschaft funktioniert das gut. In „Andere Eltern“ stecken viele gut beobachtete Details aus der Blase hipper Großstadteltern. Im Aufeinandertreffen entlarven sich Egoismen und beschränkte Weltbilder („Eltern“, ZDFNeo, am Dienstag um 23 Uhr 15; ab 1 Uhr 45 läuft die komplette erste Staffel. Bis 8. Oktober alle Folgen in der ZDF-Mediathek abrufbar).

Manche Szenen sind so lustig, dass es angeraten ist, die Serienteile direkt hintereinander „durchzusuchten“. Schicht um Schicht zeigen die Figuren ihre Verletzlichkeiten und es wird deutlich: Hinter all dem Perfektionismus, dem in den Augen anderer übertriebenen Engagement steckt lediglich der Wunsch, es besser zu machen als die eigenen Eltern.

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