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Im Hintergrund der gigantische Schaufelradbagger des Braunkohletagebaus: Mišel Matičević und Odine in der Krimi-Serie „Lauchhammer - Tod in der Lausitz“.

© ARD/Steffen Junghans/Montage

TV-Serie „Lauchhammer – Tod in der Lausitz“: Mord in der Mondlandschaft

Erst die Wende, nun jede Menge Wandel. Arte und ARD machen die Lausitz zum Schauplatz einer hervorragenden Krimi-Serie.

Es sind harmlose Bilder, mit denen die TV-Serie „Lauchhammer – Tod in der Lausitz“ beginnt. Eine Gruppe junger Frauen in Trachten, fast noch Mädchen, sitzt in einem sommerlichen Feld in der Nähe eines Sees und kiffen.

Jäh wird die Szenerie unterbrochen. Ganz kurz ist eine Frau im Todeskampf zu sehen. Die kurze Eröffnungssequenz endet mit einem Arm, der schlaff in eine Pfütze hängt und davon zeugt, dass sie den Kampf mit ihrem Mörder verloren hat.

Aus dem Off ist eine angenehm dunkle Stimme zu hören: „Es gibt immer die, die sich alles nehmen. Und die, die alles verlieren. Wenn man jung ist, ist man dumm. Ich war auch dumm, aber ich habe gelernt.“

Die sechsteilige Serie, die am Mittwoch in die Arte-Mediathek und am Donnerstag in die ARD-Mediathek eingestellt wird, entstand aus der Zusammenarbeit von Arte, ARD Degeto sowie den beiden ARD-Sendern MDR und RBB. Das gemeinsame Ziel: die Lausitz als eine der spannendsten, aber im Fernsehen unterrepräsentierten Regionen Deutschlands im Programm stärker hervorzuheben.

Ein Teil der Anstrengung ist die Krimi-Serie „Lauchhammer – Tod in der Lausitz“. Der andere die vierteilige Doku-Serie „Hinter dem Abgrund - Leben in der Lausitz“.

Der dokumentarische Blick auf die Region, die mit Struktur-, Klima- und Kulturwandel wie keine sonst in Deutschland für die Veränderungen der Zeit steht, wird Ende des Monats in der ARD-Mediathek zur Verfügung stehen. Die TV-Ausstrahlung von Krimi und Dokumentation erfolgt rund um den Jahrestag der Wiedervereinigung.

Allzu große Ambitionen bergen schnell die Gefahr, die künstlerischen Freiheiten zu hemmen, die für eine glaubwürdige und zugleich spannende fiktionale Erzählung nötig sind. Umso beachtlicher ist das Ergebnis der Arbeiten der Drehbuchautorinnen Frauke Hunfeld und Silke Zertz und von Regisseur Till Franzen.

Worum es geht: Kommissar Maik Briegand (Mišel Matičević) von der Mordkommission in Cottbus soll in Lauchhammer den Mord an einer jungen Frau aufklären. Deren Leiche wurde am Rand eines gefluteten Tagebaus gefunden. Briegand ist selbst in der Lausitz aufgewachsen, hat dort – ebenso wie sein Vater Karl und sein Bruder Ronnie – als Polizist gearbeitet.

Im Fall der ermordeten Schülerin, die aus sozial schwierigen Verhältnissen stammt, wird Briegand die junge LKA-Ermittlerin Annalena Gottknecht (Odine Johne) zugeteilt. Briegand, der selbst eine Tochter im Alter der Getöteten hat, nimmt der Fall emotional mit, auch weil er mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert wird. Seine Kollegin ist allein schon von ihrem Naturell rationaler veranlagt.

Trägt die Desillusionierung einer ganzen Generation von DDR-Bürgern in sich, die an einen besseren deutschen Staat geglaubt haben. Uwe Preuss als Ex-Vopo Karl Briegand.
Trägt die Desillusionierung einer ganzen Generation von DDR-Bürgern in sich, die an einen besseren deutschen Staat geglaubt haben. Uwe Preuss als Ex-Vopo Karl Briegand.

© MDR/Moovie/Anke Neugebauer

Ins Visier der Ermittler gerät schnell eine Drückerkolonne, die offenbar nicht nur Zeitschriften, sondern auch Drogen an ihre Kunden bringt. Vor allem ein bulgarischer Dealer (Malik Blumenthal), der mit der toten Ramona Schinschke (Jule Hermann) befreundet war, macht sich verdächtig.

Aber auch der Anführer einer Gruppe von Umweltaktivisten, die mit militanten Mitteln gegen die weitere Förderung von Braunkohle kämpft, ist den Polizisten suspekt.

Je tiefer die Ermittler in den Fall vordringen, umso klarer wird, dass nicht nur die aktuelle Situation, sondern auch die Vergangenheit der Region und des ostdeutschen Staates für die Aufklärung eine wichtige Rolle spielt.

Anders gesagt: Es dauert ein wenig, bis die Serie in Schwung kommt, dann aber entwickelt sie einen geradezu mitreißenden Sog.

Was am Stoff, aber genauso an der hervorragenden Arbeit des Castings von Stephanie Maile liegt. Während Mišel Matičević einen sehr emphatischen Polizisten verkörpert, verleiht Odine Johne ihrer Ermittlerin eine ungebändigte Energie, die sich auch gegen die Vorbehalte der örtlichen Polizei durchzusetzen weiß.

Herausragend ist zudem Lucas Gregorowicz als Maik Briegands Jugendfreund Oliver Bartko. Vor vielen Jahren wurde er durch ein Trauma aus der Bahn geworfen.

Lausitz meine Königin. Gott hat dich erschaffen. Aber der Teufel hat die Kohle darunter gelegt.

Off-Stimme in „Lauchhammer - Tod in der Lausitz“

Auch die Nebenfiguren werden durch viele exzellente Schauspielleistungen getragen. Uwe Preuss trägt als Maiks Vater Karl Briegand die Desillusionierung einer ganzen Generation von Menschen in Ostdeutschland in sich, die an einen zweiten, besseren deutschen Staat geglaubt haben.

Ella Lee steht als Maik Briegands Tochter Jackie eindrucksvoll für die junge Generation der „Fridays for Future“-Aktivisten, die für ihre Zukunft zu kämpfen bereit sind.

Ein wichtiger Hauptdarsteller ist die Region selbst. Das gilt besonders für den Braunkohletagebau mit seinen gigantischen Schaufelradbaggern, Förderbänden und den bis zum Horizont reichenden Mondlandschaften.

„Lausitz, meine Königin. Wie schön du bist. Gott hat dich erschaffen, so heißt es. Dich und deine Menschen. Aber der Teufel hat die Kohle darunter gelegt“, lautet ein weiterer Off-Text, in dem sich der Sprecher darüber beklagt, nie eine Chance bekommen zu haben.

Für die Region muss das nicht gelten. Vor allem die Seenlandschaften der gefluteten Tagebaue sind eine Verheißung für eine bessere Zukunft. Zu besichtigen zum Beispiel in Bitterfeld.

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