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Die Journalistin und Moderatorin Sandra Maischberger

© Britta Pedersen / dpa

TV-Kritik zu „Maischberger. Vor Ort“: Jetzt macht das Studiopublikum die Show

„Maischberger“ ist mit abgewandeltem Talkkonzept vor Ort nach Erfurt gegangen. Dort wurde die Fassungslosigkeit der Bürger über die Thüringen-Wahl deutlich.

Es war tapfer, war es auch klug? Sandra Maischberger probierte ihr leicht abgewandeltes Talkkonzept "maischberger. vor ort" in Erfurt aus. Aber nicht mit dem überragenden Thema des Coronavirus oder der schwelenden Flüchtlingsfrage, nein, mit einem Rückgriff auf das Debakel um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen im Februar. Von heute aus gesehen wirkt der Vorgang wie aus einer anderen, sehr fernen Zeit. Tatsächlich wirkt er nach, wie die 75 Talkminuten zeigten.

Bürgerinnen und Bürger fragten - Politikerinnen und Politiker antworteten: Die Bundesvorsitzenden Katja Kipping (Die Linke) und Tino Chrupalla (AfD) sowie der Fraktionsvorsitzende Mario Voigt (CDU) stellten sich der Diskussion. Um den Auftritt Chrupallas hatte es im Vorfeld ordentlich Zoff gegeben, nicht zuletzt, weil der Erfurter Muslim Mohammad Suleman Malik erst ein- und dann wieder ausgeladen wurde, seiner empörten Ansicht nach zugunsten des AfD-Politikers.

Coronavirus zum Auftakt

Davon war nicht die Rede, sondern zunächst vom Coronavirus. So viel Aktualität sollte denn schon sein. Immerhin wurde damit Voigt in die Verlegenheit gebracht, keine Antwort auf die Frage zu haben, ob der CDU-Bundesparteitag Ende April stattfinden kann, wo doch Versammlungen mit mehr als tausend Teilnehmern unterbleiben sollen.

Es wird doch nicht am Virus liegen, dass es so bald keinen neuen CDU-Chef geben wird? Mit dem Scherzen war es schnell vorbei, als das Wahlchaos in den Mittelpunkt rückte.

Bürgerinnen und Bürger fragen, Politikerinnen und Politiker antworten - und Sandra Maischberger organisiert den Dialog vor Ort.
Bürgerinnen und Bürger fragen, Politikerinnen und Politiker antworten - und Sandra Maischberger organisiert den Dialog vor Ort.

© WDR

Erkennbar wurde die Fassungslosigkeit, ja der Vertrauensverlust im Publikum darüber, wie im Landtag agiert, camoufliert und getrickst wurde; und erkennbar wurde auch, dass die Parteipolitiker weniger die eigenen Fehler sehen als die Fehler der anderen. Hier war vor allem der CDU-Vertreter gefragt, ehe Katja Kipping sich mit dem "Unrechtsstaat DDR" auseinanderzusetzen hatte. Sandra Maischberger gelang es nicht nur hier, Fragen und Frager so zu orchestrieren, dass das Thema in seinen notwendigen Facetten beleuchtet wurde.

Keine Fluchtweg in die Phrase

Bei der AfD wurde es lebhafter. Tino Chrupalla pochte auf Bürgerlichkeit, sah Schuld bei Medien und politischen Gegnern, wenn seine Partei mit Attentaten und mit rechtspopulistischer Hetze in direkte Verbindung gebracht wird. Chrupalla wollte seine Partei unbedingt vom Höcke-Fügel wegrücken, aber nicht nur eine Bürgerin aus Afghanistan berichtete, dass sich Migranten in Erfurt nicht mehr sicher fühlen. Wie bei Chrupulla zeigte sich auch bei Kipping und Voigt, dass die Flucht in die Phrase weniger gelingt, wenn hart und konkret gefragt wird.

Weitere Beiträge unterstrichen die Originalität und Qualität des Formats: Mag in Fragen aus dem Publikum oft persönliche Betroffenheit mitschwingen, so sind sie längst nicht so taktisch abgezirkelt wie in sonstigen Polittalks. "maischberger. vor ort" überrascht Politikerinnen und Politiker durch ein aktives und aktiviertes Publikum. Es fehlt diese eingeschliffene Routine im Dialog, wie erfreulich.

Flüchtlingsfrage zum Schluss

Im Schlussbogen kam das zweite aktuelle Thema zur Sprache: die prekäre Situation der Flüchtenden aus der Türkei an der griechischen (EU-)Grenze. Damit waren Thüringen und Erfurt verlassen und die Bundespolitik erreicht. Und das Wahldebakel dort, wo es mit Blick in die Zukunft dringend hingehört - in der Vergangenheit.

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