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Divers besetzt: Bea (Thaddea Graham) führt "Die Bande aus der Baker Street" an, als Auftraggeber tritt Dr. Watson (Royce Pieresson) auf.

© Netflix

Sherlock Holmes und seine jungen Helfer: Netflix lässt „Die Bande aus der Baker Street“ los

Diversität und Deduktion: Mit „Die Bande aus der Baker Street“ holt Netflix den Mythos Sherlock Holmes in einem bunten Genre-Mix endgültig ins 21. Jahrhundert.

Die Szenerie des viktorianischen London im ausgehenden 19. Jahrhunderts mit den Backsteinhäusern, dunklen Gassen und der diffusen Mischung aus Nebel und Rauch könnte von den zahllosen Sherlock-Holmes-Verfilmungen nicht vertrauter sein. Und doch ist in der Netflix-Serie „Die Bande aus der Baker Street“, die am Freitag startet, vieles, ja fast alles anders.

Im Zentrum der Handlung steht eine Jugendbande, die von der 17-jährigen Bea (Thaddea Graham) angeführt wird. Einer Jugendlichen auf dem Weg zur jungen Frau, deren Gesichtszüge etwas asiatisches haben. Ihre jüngere Schwester Jessie (Darci Shaw) wirkt äußerst zerbrechlich, hat jedoch ganz besondere Fähigkeiten. Bei Spike (Mckell David), einem anderen Mitglieder Bakers-Street-Gang, erinnern nicht nur die Rasta-Locken an Bob Marley und die Südsee.

Von der Hautfarbe her könnten er und Dr. Watson (Royce Pieresson) verwandt sein, ein Hauch von „Bridgerton“ schwingt hier mit. Und Sherlock Holmes (Henry Lloyd-Hughes) war wohl nie zuvor so derangiert wie in dieser Netflix-Serie. Kurzum: Die Besetzung von „Die Bande aus der Baker Street“ ist so divers wie das moderne Londoner Leben. Und Arthur Conan Doyles Figuren-Kosmos ist endgültig im 21. Jahrhundert angekommen.

[„Die Bande aus der Baker Street“, Netflix, Staffel eins mit acht Folgen, ab Freitag]

Netflix-Serien, die auf die Zielgruppe U30 zugeschnitten sind, kommen ohne einen Mindestanteil von paranormalen und metaphysischen Elementen kaum aus. Wie in „Stranger Things“ oder „Dark“ ist das Böse dabei nie ganz von dieser Welt. In „Die Bande aus der Baker Street“ geht der Streamingdienst noch einen Schritt weiter: Crime trifft hier auf Horror, Romantik auf Mystery, Coming-of-Age auf Fantasy. Das Faszinierende daran: der Genre-Mix funktioniert.

Zwischen Crime und Horror, Romantik und Mystery, Coming-of-Age und Fantasy

Dr. Watson als dominanter Part in der Beziehung zwischen dem genialen Privatermittler und seinem assistierenden Freund. Es ist Dr. Watson, der die Initiative ergreift, und die Baker-Street-Bande einbindet. Und es sind diesmal nicht die Fähigkeiten der Straßenkinder, beinahe unsichtbar in London zu Sherlocks Augen zu werden oder für den großen Detektiv Nachrichten zu übermitteln. Diese Bande verfügt über ganz andere Skills. Wobei diese für Jessie mehr Fluch als Segen sind.

Eine Coming-of-Age-Story kommt nicht ohne romantische Implikationen aus. Die Netflix-Serie schafft es, das Beziehungsgeflecht um den Klassenaspekt der viktorianischen Gesellschaft zu erweitern. Überhaupt gelingt dieser Serie die Maximierung der Konfliktlinien auf unangestrengte und beinahe folgerichtige Weise. Die Jungen gegen die Alten, Besitzlose gegen Bürgertum und Aristokratie, Anstand gegen Berechnung, die Liebe siegt über die Finsternis, das Böse.

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Die Unterschiede zwischen den Gegensatzpaare sind zumeist fließend, die Grenzen häufig durchlässig. Selbst Kinder, die durch widrige Umstände ein Leben auf der Straße führen, können über klassische Bildung verfügen. Und auch die Älteren waren vor nicht allzu langer Zeit jung und hatten gute Gründe für ihr Handeln. Man hüte sich vor leichtfertigen Urteilen und davor, dem ersten Anschein zu erliegen. In acht Episoden lassen sich viele Twists unterbringen. Entsprechend lang ist die Liste von Punkten, mit der Netflix die Rezensenten bittet, die Spannung nicht durch Spoiler zu verderben.

Die Handlung folgt der Logik eines Videospiels. In diversen Leveln bewegen sich die Protagonisten von Level zu Level, um dann auf den unbesiegbar erscheinenden Endgegner zu treffen. Zur Logik der Streamingwelt gehört wiederum, dass das Böse nicht so schnell aus der Welt zu schaffen ist. Um sämtliche Risse zu schließen, braucht es bei Netflix & Co. mindestens drei Staffeln – und selbst danach bahnt sich der Schrecken seinen Weg zurück.

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