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Eine Frau in Bundeswehruniform hängt ein Bild vom ukrainischen Präsidenten auf und ruft „Heil, Selenskyj!“

© Screenshot

Russisches Propagandavideo: Vermeintliche Bundeswehrsoldaten rufen „Heil, Selenskyj“ und räumen Familienhaus leer

Derzeit verbreitet sich ein Video in den sozialen Netzwerken, das laut russischen Medien aus Deutschland stammen soll. Recherchen zeigen, dass Moskau der Urheber des kruden Streifens ist.

Eine deutsche Familie sitzt vor dem Fernseher und schaut eine Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz. Es klingelt an der Haustür und Personen in Bundeswehruniformen tauchen auf. Sie räumen das Haus leer, packen die Wertsachen der Familie ein und hängen ein Bild des ukrainischen Präsidenten auf. Außerdem rufen sie auf Deutsch mehrere Male „Heil, Selenskyj“. Der Familienvater wiederholt den Ruf pflichtschuldig.

Das etwa einminütige Video, das diese Szenen zeigt, wird seit Mittwoch in den sozialen Medien geteilt, berichtet das unabhängige russische Nachrichtenportal „Meduza“. Das Filmchen endet mit einer Schrifteinblendung auf Deutsch: „Ist dein Haus in der Nato? Akzeptiere die Nato in deinem Haus. Mehr als 22 Milliarden Euro sind bereits seit Anfang 2022 aus dem deutschen Haushalt in die Ukraine geflossen.“

Offensichtlich soll das Video auf satirische Weise Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine durch Deutschland machen. Die Zahl von 22 Milliarden Euro ist die Höhe der Ukrainehilfen, die die Bundesregierung auf ihrer Webseite nennt.

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Die staatliche russische Zeitung „Argumenty i Fakty“ (deutsch: Argumente und Fakten) nennt den Clip wiederum eine öffentliche Bekanntmachung aus Deutschland, in der für die Unterstützung der Ukraine geworben wird. Recherchen unter anderem von „Radio Liberty“ und dem unabhängigen russischen Nachrichtenportal „Agentstvo“ deuten jedoch auf eine russische Urheberschaft hin.

Mutter freut sich über Video von Russia Today

Demnach handelt es sich bei den Darstellern um „russische professionelle Filmschauspieler“, schreibt Mark Krutow von „Radio Liberty“ auf X, vormals Twitter. Der Schauspieler, der den Familienvater gibt, habe zudem bereits in einem anderen russischen Propagandavideo mitgespielt, in dem es um die europäische Abhängigkeit von russischem Gas ging.

Der russische Journalist Ilya Ber schreibt, dass die Mutter des Kinderschauspielers, der den Sohn in dem Video spielt, sich verplappert hat. Auf Instagram habe sie stolz zugegeben, dass ihr Kind in einem Video von Russia Today (RT) mitgespielt habe. Überprüfen lässt sich das nicht. Von dem Beitrag gibt es nur einen Screenshot.

Dem Sohn wird am Ende des Videos auch noch sein Kuscheltier weggenommen – ein Leopard. Offenbar in Anspielung auf die Kampfpanzer, die Deutschland der Ukraine geliefert hat.

„Radio Liberty“ und „Agentstvo“ berichten ebenfalls, dass der Film höchstwahrscheinlich in Russland gedreht wurde. Nachfragen hätten die Schauspieler jedoch ignoriert oder auf Verschwiegenheitsvereinbarungen verwiesen.

Verstrickungen mit der AfD unwahrscheinlich

Laut einem Moderator des staatlichen russischen Fernsehens sollen Mitglieder der AfD den Film gedreht haben. Aber dieser Vorwurf ist laut „Meduza“ ebenfalls unbegründet. Das Video erwähnt die Rechtsaußenpartei mit keinem Wort und auch sonst gebe es keine Verbindung zur AfD. Vielmehr sei die Verbreitung durch deutsche und niederländische Twitteraccounts vorangetrieben worden.

Russisches Medienunternehmen arbeitet von Berlin aus

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte bereits im Mai vor einer zunehmenden Gefährdung der Demokratie in Deutschland, insbesondere durch russische Einflussnahme gewarnt. Moskau sei über alle Ebenen hinweg „aktiv und verbreitet seine Desinformation, Propaganda und Narrative“.

In Berlin etwa sitzt seit 2012 die Zentrale der Medienagentur „Ruptly“, die zum Netzwerk des russischen Staatssenders RT – ehemals Russia Today gehört. Von hier aus werden unter anderem Videos für den internationalen Markt produziert. Und anders als RT, die ihren Betrieb nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges in Deutschland einstellen musste, arbeitet „Rupty“ weiter, wie eine Tagesspiegel-Recherche herausfand.

In den Beiträgen von „Rupty“ kommen die massiven russischen Angriffe auf die Ukraine nicht vor. Drohnenangriffe auf Moskau und Explosionen in der russischen Grenzregion zur Ukraine werde aber sehr wohl gezeigt. Auch findet man im Angebot von „Ruptly“ Videos von Demonstrationen in Deutschland, die sich unter anderem gegen Waffenlieferungen an die Ukraine richten.

Auch dem Mutterunternehmen von „Ruptly“, dem Moskauer Unternehmen „TV-Novosti“ wird Propaganda vorgeworfen. „TV-Novosti“ werde aus dem russischen Haushalt finanziert und verbreitete über ihre Medien „kremlfreundliche Propaganda und Desinformation“, heißt es in einer Begründung der EU für die Aufnahme auf eine Sanktionsliste. Zu ihren Tochterunternehmen gehört demnach auch RT, das das neue Propagandavideo erstellt haben soll. (Tsp)

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