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Einfache Gerichte wie die Shakshuka sind bei den Lesern von E&T am beliebtesten.

© mauritius images / Westend61 / Sandra Roesch

Rezepte für ein halbes Jahrhundert: „Essen&Trinken“ feiert Jubiläum

Das einstige Pflichtblatt für Amateure und Profis hat viele Leser an das Internet verloren, produziert aber immer noch verlässliche Anleitungen.

| Update:

„50 Jahre Liebe zum Kochen“ – das klingt nach einer rotwangigen Großmutter, die jeden Sonntag die Familie zum Braten einbestellt. Das Food-Magazin „Essen & Trinken“, das diese Zeile im Jubiläumsjahr auf jede Titelseite setzt, möchte aber ganz im Gegenteil als trendig und jung angesehen werden, was im Zeitalter der Internet-Rezepte keine kleine Herausforderung darstellt. Noch vor zehn Jahren stand an dieser Stelle übrigens „Deutschlands größtes Food-Magazin“, aber auch diese Zeiten sind vorbei.

Dennoch ist es keine geringe Leistung, eine Zeitschrift über 50 Jahre zu führen und weiterzuentwickeln. Die Erfinderin, Angelika Jahr, galt zu ihren Hochzeiten als Deutschlands beste Blattmacherin in Sachen Küche und Wohnen. Als Tochter des Mitbegründers des Verlagshauses Gruner+Jahr, John Jahr sen., hatte sie sicher einen Startvorteil, als sie 1972 „Essen &Trinken“ ins Leben rief, aber der Erfolg sprach für sich.

Vorspänne, die die ganze Branche erheiterten

Die kleine, später über Jahrzehnte personell kaum veränderte Redaktion glänzte fachlich und journalistisch gleichermaßen; der kauzige Textchef Hansgeorg Bergmann schrieb Vorspänne, die die ganze Branche erheiterten.

Der bekannte TV-Journalist Gert v. Paczensky überredete Angelika Jahr, ihm eine ausufernde Kolumne zu geben, in der er allmonatlich mehrere Jahrzehnte über das Elend der deutschen und den Glanz der französischen Küche dozierte, und die Redaktion produzierte Bücher mit der deutschen Koch-Elite – E&T war Pflichtlektüre auch für Profis.

In den besten Zeiten erreichte die verkaufte Auflage des Blatts mehr als 300000 Exemplare, doch der allgemeine Auflagenschwund schlug auch hier zu, und nachdem Angelika Jahr in den Vorstand von G+J aufgestiegen war, mühten sich immer wieder neue Chefredakteure mehr oder weniger erfolglos um eine Trendumkehr.

Ableger wie „Viva“ und zuletzt „Essen & Trinken mit Thermomix“ wurden gegründet und rasch wieder verworfen; die über Jahrzehnte eigenständige Versuchsküche muss längst auch Rezepte für andere Blätter der Gruppe wie die „Brigitte“ liefern.

Seit 50 Jahren gibt es die Zeitschrift „Essen & Trinken“ inzwischen.
Seit 50 Jahren gibt es die Zeitschrift „Essen & Trinken“ inzwischen.

© Repro:

Ende 2010 gab es einen größeren Einschnitt, als der damalige Regenmacher des Konzerns, Stefan Schäfer, von „Schöner Wohnen“ geholt wurde und dem als ziemlich kompliziert geltenden Blatt verordnete, es müsse „jünger und frauenaffiner“ werden. Als Schäfer weiter aufstieg, folgte ihm Jan Spielhagen, der mit dem Carnivoren-Fanzine „Beef!“ einen Überraschungserfolg erzielt hatte.

Spielhagen ist auch heute noch Chef aller Food-Titel, die 2016 von Gruner+Jahr in die „Deutsche Medien-Manufaktur“, eine gemeinsame Gesellschaft mit dem Deutschen Landwirtschaftsverlag verschoben wurde; dort ist allerdings „Landlust“ mit weitem Abstand das größte Objekt.

Es erzielt immer noch eine Auflage von über 750000, während „Essen & Trinken“ mit seinem Ableger „Essen & Trinken für jeden Tag“ knapp 120000 schafft und mit Blättern wie „Hygge“ oder „Land und Berge“ um Aufmerksamkeit kämpft.

So oder so hat sich die Suche nach Kochrezepten längst das Internet erobert. Der Verlag Gruner+Jahr (heute RTL) hatte schon 2007 den richtigen Riecher, als er „chefkoch.de“ übernahm, das heute mit monatlich über 22 Millionen Nutzern das größte deutschsprachige Portal fürs Kochen und Backen ist. Die zuverlässigen, zu jedem Trend passenden Rezepte von „Essen & Trinken“ bilden den Grundstock der gewaltigen Sammlung. Sie sind dort sicher auf Dauer leichter zugänglich als auf ausgerissenen Print-Seiten im Küchenschrank.

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