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Der Eindruck täuscht. Zwischen dem ARD-Vorsitzenden Tom Buhrow und dem RBB soll kein Blatt Papier mehr passen.

© dpa / dpa/Henning Kaiser

Reaktion auf Skandale in ARD-Sendern: Nein heißt überall Nein

Nie wieder: „Alle regeln durcheinander“. ARD will einheitliche Compliance-Regeln für alle Sender

Die Skandale und Skandälchen in mehreren ARD-Anstalten und die deswegen aufgebrochene Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwingen den Senderverbund zur Reaktion. Also will die ARD bei ihren neun Sendern bis November einheitliche Standards bei den Compliance-Regeln erarbeiten. Das kündigte der ARD-Vorsitzende und WDR-Intendant Tom Buhrow am Donnerstag in Köln nach der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten an. Derzeit gibt es unterschiedlich ausgeprägte Compliance-Regularien in den ARD-Häusern. „Es muss nicht überall die gleiche Struktur sein“, sagte Buhrow. Es könne zum Beispiel interne oder externe Beauftragte geben. Wichtig sei, dass der Standard vereinheitlicht werde.

Da die inkriminierten Vorgänge an der Spitze des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) nur durch eine laxe Kontrolle der Aufsichtsgremien möglich waren, soll auch deren Effizienz erhöht werden. Hans-Albert Stechl, Vorsitzender des Verwaltungsrates beim Südwestrundfunk (SWR), kündigte an, ARD-übergreifend solle „eine vergleichbare, einheitliche Aufsichtstiefe“ erreicht werden; mehr Professionalisierung müsse ebenso sein wie gebenenfalls Sachverstand von außen hinzugezogen werden müsse. Auch sollten die Entsendeorganisationen künftig genauer hinschauen, wen als Vertreterin und Vertreter in die Gremien schicken sollen.

Amateure in den Gremien

Wer je an einer Rundfunkratssitzung teilgenommen hat, der durfte erfahren, welch eklatante Unterschiede sich zwischen den Kundigen und den Ahnungslosen auftun. Was nach den Worten von Stechl nicht kommen: ein Bachelor-Studium für Rundfunkräte.

Tom Buhrow, aber auch Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen, und Kai Gniffke, SWR-Chef und von 2023 an ARD-Vorsitzender, suchten jeden Eindruck zu zerstreuen, dass in den Anstalten nach den bekanntgewordenen Vorgängen von Vetternwirtschaft bis zur Einseitigkeit in der Berichterstattung schlichtweg zur Tagesordnung übergegangen wird. Buhrow regte einen „Generationenvertrag“ an, sprich eine Verständigung in der Gesellschaft darüber, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk an Programmen zu leisten habe. Es könne nicht länger sein, dass immer nach „schlankeren Anstalten“ gerufen werde und sobald eine Programmkürzung angekündigt werde, sogleich sich Protest erhebe. „Klar ist doch: Ein unveränderter Programmauftrag und keinerlei Erhöhung der Etats gehen nicht zusammen.“

Denn auch das kommt dazu: Die ausgreifende Digitalisierung zwingt die ARD dazu, noch für mehrere Jahre zugleich in lineare wie Online-Ausspielwege zu investieren. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl merkte an, dass 2021 das Sehvolumen in der Mediathek um 80 Prozent gesteigert werden konnte. Eine jetzt installierte „AG Umschichtung“ soll bis Jahresende vorschlagen, was künftig an linearen und digitalen Programmen aus den ARD-Häusern kommen solle.

Was die neu installierte Interimsintendantin des RBB, die vormalige WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau, ihren Kolleginnen und Kollegen über die aktuelle Verfassung der ARD-Anstalt für Berlin und Brandenburg berichtet hat? Offenbar nichts, Vernau sollte erst am Donnerstag ihr Arbeit im RBB aufnehmen. Die ARD will ihre Intendantensitzungen wieder gemeinsam mit dem RBB abhalten. Buhrow sagte, dass Treffen ohne den RBB nun der Vergangenheit angehörten. „Das ist jetzt für uns erledigt.“ Der bislang amtierende Intendant und Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus, sei bei der aktuellen Sitzung dabei gewesen sei. Buhrow merkte weiter an, dass sich bei der verbliebenen RBB-Geschäftsleitung die Transparenz aus ARD-Sicht etwas verbessert habe.

Nach der von CDU-Chef Friedrich Merz in Richtung öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesetzten Spitze zur angemeldeten „stolzen Zahl“ von 58 Redakteurinnen und Redakteuren auf dem Parteitag am Wochenende spricht die ARD über Synergien. Tom Buhrow sagte, man bitte die ARD-Chefredakteurskonferenz, sich damit zu befassen, ob eine Stelle künftig zentral solche Ereignisse koordinieren sollte.

Schon am Mittwoch bestimmte die in Bremen tagende ARD-Konferenz SWR-Chef Kai Gniffke zum neuen ARD-Vorsitzenden. Er übernimmt das Amt zum Jahreswechsel. So lange bleibt der Tom Buhrow, kommissarischer ARD-Chef. Er sprang nach dem Rücktritt von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ein. Gegen Schlesinger, ihren Ehemann Gerhard Spörl und den mittlerweile zurückgetretenen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf ermittelt die Berliner Generalstaatsanwaltschaft. Dabei geht es um den Verdacht der Untreue und der Vorteilsnahme.

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