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© Promo

TV-Fussball: Raumschiff Bundesliga

Am Wochenende gab es Fußball total, auf allen Kanälen. Das Resultat: Handypanne, Tonausfall und Nervosität - alte und neue Fußball-Sendungen hatten am ersten Spieltag noch viel Mühe.

Der erste Bundesliga-Spieltag mit seinen fünf verschiedenen Anstoßzeiten von Freitagabend bis Sonntagabend hat die Geduld von Millionen Zuschauern auf eine harte Probe gestellt. Mehr Live-Fußball im Bezahlfernsehen, verschiedene Empfangsmöglichkeiten, veränderte Sehgewohnheiten im Free-TV, zerdehnte Zusammenfassungen in „Sportschau“ und „Sportstudio“, neue und alte Moderatoren – ein Rückblick auf das Bundesliga-Wochenende im Fernsehen.

LIGA TOTAL!

Die Lounge der Telekom-Hauptstadtrepräsentanz in Berlin-Mitte. Kühl klimatisierte Räume, sanft beleuchtet. An der Wand ein Flachbildschirm, groß wie ein Schaufenster, auf dem Parkettboden überall Fußbälle. Das Unternehmen hat Journalisten zur Premiere für den neuen Sender „Liga total!“ geladen, den der Konzern über sein Online-TV-Angebot ausstrahlt. Dafür brauchen die Zuschauer zu Hause mindestens einen Telekom-Anschluss, einen Receiver und 60 Euro Abo-Gebühren im Monat. Schärfste Waffe des neuen Bundesligasenders, der von Leo Kirchs Firma Constantin Medien produziert wird, ist Johannes B. Kerner. Sein Auftritt um 15 Uhr, noch eine halbe Stunde bis zum Anstoß. Der ehemalige Allesmacher vom ZDF sieht staatstragend aus: schwarzer Anzug, ohne Nadelstreifen. Experte zur Seite: Bernd Schuster. Der Senderaum wirkt groß, was durch lange Kamerafahrten noch unterstrichen wird. Kerner moderiert und analysiert souverän. Die Konferenzschaltung gibt sich keine Blöße. Die Kommentatoren moderieren auch durchschnittliche Spiele ordentlich ab. Zum neuen „Topspiel der Woche“ TSG Hoffenheim gegen Bayern München ab 18 Uhr 30 übergibt Kerner an Matthias Opdenhövel und Fredi Bobic. Der Raab-Assistent liefert sich mit dem Ex-Hertha-Stürmer erfrischende Wortgefechte. Der Spielkommentar von Wolf-Christoph Fuss ist sachlich. Kurz, der Sender „Liga total!“ liefert an diesem, seinen ersten Ligasamstag gute Qualität, bei knapp sechs Stunden Sendezeit, auch wenn die Übertragung via Handy nicht richtig funktionierte. Kerner wird in den nächsten Wochen sicher wieder zu alter Stärke auflaufen. Und Uli Hoeneß noch manchen Spieltag, manche Übertragung würdig abschließen. Auf die Frage, was denn jetzt mit Real Madrid und Franck Ribéry sei, sagte der Bayern-Manager, die Spanier könnten sich ihr Angebot „sonst wo hinschießen“. Endlich wieder Bundesliga.

SKY BUNDESLIGA

Das dachte sich auch Jessica Kastrop. Jessica wer? Sehr mutig vom Pay-TV-Sender Sky (ehemals Premiere) in der neuen Konkurrenzsituation mit „Liga Total!“/Kerner am ersten langen Samstag mit einer neuen Moderatorin zu starten. Tolles Kleid, aber viel Nervosität, einige Versprecher und kein Experte Matthias Sammer in der Nähe, der beim tiefen Dekolleté der Fragenstellerin wohl rote Ohren bekommen hätte. Die Moderatorin wirkte überfordert, aber bei den Fragen „Sky oder Liga Total!“, „Kastrop oder Kerner“ punktete der Murdoch-Sender zumindest in Sachen Atraktivität. Und Spieltagskonferenz, Einzelspiele, Zusammenfassungen ab 17 Uhr 30 – Sky/Premiere muss sich mit seinem Liga-Fahrplan für seine rund 2,4 Millionen Abonnenten dramaturgisch ja nicht neu erfinden. Das gilt auch bei „den dreien für den Samstagabend“. Moderator Sebastian Hellmann, Franz Beckenbauer und Kommentator Marcel Reif traten gewohnt lakonisch-ironisch zum „Topspiel der Woche“ ab 18 Uhr 10 auf den Plan.

SPORTSCHAU

Während im Bezahlfernsehen also Hoffenheim gegen Bayern angepfiffen wurde, lief in der ARD-„Sportschau“ die Zusammenfassung vom Zweitliga-Spiel Düsseldorf gegen Paderborn. Erst ab 18 Uhr 45, eine Viertelstunde später als in der vergangenen Saison, die fünf Spiele vom Nachmittag. Nichts gegen Paderborn, aber dieses ungute Gefühl, zur selben Zeit etwas zu verpassen, daran müssen sich die 4,4 Millionen „Sportschau“-Gucker erst noch gewöhnen. Immerhin wurde das WDR-Studio rundum erneuert. Gerhard Delling wirkt anfangs ein bisschen so wie Captain Kirk in der Kommandozentrale von Raumschiff Enterprise. Der Moderator hatte Mühe, nicht gegen einen der drei verschiebbaren Riesen-Plasmamonitore zu laufen. Kleiner wirkende Moderatoren, große High-Tech-Kulisse – so ist das jetzt wohl im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Das war weniger souverän: Bis zum Ende kurz vor 20 Uhr kein einziges Wort von Delling zu Hoffenheim gegen Bayern, zum laufenden „Topspiel der Woche“. Einen Zwischenstand gab es erst in der „Tagesschau“.

DAS AKTUELLE SPORTSTUDIO

Und die ersten Free-TV-Bilder endlich kurz nach 22 Uhr, im ZDF. Aber was heißt das schon: kurz nach 22 Uhr? Nur Bild, kein Ton, Michael Steinbrecher musste den Topspiel-Bericht gleich mehrmals anmoderieren. Wie peinlich. Dabei könnte das Zweite ein Gewinner des neuen, zersplitteten Spieltages werden. Es darf als erster Free-TV-Sender vom Topspiel berichten, scheint aber ob solcher Aufwertung und Potenz schier platzen zu wollen. Steinbrecher hatte in einem Interview vorher angekündigt, seinen Gästen trotz der Schweinegrippe die Hand zu geben. Okay, mit der Begrüßung hatte Studiogast Philipp Lahm dann keine Probleme, wohl aber mit der Regie solcher Sportsendungen, die heutzutage im Interview einfach keinen Gesprächsfluss mehr aufkommen lassen will. Nach jeder Antwort ein Einspielfilmchen, die Topspiel-Tore hatte man am Ende gefühlt zirka zehn Mal gesehen. Journalistisch interessanter wäre ein Nachhaken in Sachen Klinsmann gewesen. Lahm lächelte. Aber da kam Steinbrecher schon zum „Pfiff des Tages“.

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