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Maybrit Illner und ihre Gäste

© ZDF/Maybrit Illner

Marina Weisband bei Maybrit Illner: „Putin hat die Rechnung ohne das ukrainische Volk gemacht“

Die Ukraine wird massiv Widerstand leisten, ist sich die Deutsch-Ukrainerin Marina Weisband sicher. Ein ehemaliger General sieht Kiew in wenigen Tagen fallen. 

Seit fünf Uhr morgens steht Marina Weisband mit ihrer Familie in der Ukraine in Kontakt. Ihnen gehe es soweit gut, versichert die Grünen-Politikerin am Abend in der Sendung von Maybrit Illner. Sie seien zuhause, die Stadt können sie sowieso nicht verlassen, sagt sie. Weisband ist aus Münster zugeschaltet. Aus der Ferne musste sie an diesem Dienstag wie wir alle zuschauen, wie russische Streitkräfte in ihr Geburtsland einmarschierten. 

Weisband erzählt von Bekannten, die den Vormittag in U-Bahn-Schächten verbracht hätten, um sich vor den Explosionen in Sicherheit zu bringen. „Wir wissen von Dörfern in der Nähe der belarussischen Grenze“, sagt sie, dort hätten Menschen unter so heftigem Beschuss gestanden, dass Eltern in den Kellern „buchstäblich über ihren Kindern gelegen haben“. 

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Illner hat an diesem Abend zu einer Sondersendung geladen, „maybrit illner Ukraine Spezial“. In zwei Teilen, unterbrochen von einem ZDF-Spezial zu der Situation in dem Land, sind neben Weisband Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, die Leiterin des „Spiegel“-Hauptstadtbüros Melanie Amann, der deutsche Brigadegeneral a.D. Erich Vad und der Vorsitzende der Atlantik-Brücke und ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel zu Gast, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. 

Weisband, die in Kiew geboren wurde, erzählt von jungen Männern, die sich für den Kriegsdienst einschreiben. Nicht nur für die Front, auch für Nachbarschaftshilfen. Selbst dort, sagt sie, würden die Menschen Gräben zur Verteidigung graben.

„Wenn Putin mit einer schnellen Kapitulation der Ukraine rechnet, dann hat er, glaube ich, die Rechnung ohne das ukrainische Volk gemacht“.

Aus ihrem unmittelbaren Bekanntenkreis wolle niemand die Ukraine verlassen, sagt sie. Man wolle das demokratische Land verteidigen, um zurückkehren zu können.

„Ich denke Putins Ziel ist es, eine prorussische Regierung einzusetzen und zu zeigen, dass ein demokratisches Land neben Russland nicht existieren kann“, sagt die Grünen-Politikerin. 

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Vad, der von 2006 bis 2013 militärpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel war, glaubt nicht, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die ganze Ukraine auf Dauer besetzen wolle. „Er wird Kiew nehmen müssen“, werde aber später vielleicht wieder aus Kiew und der Westukraine abziehen. 

Weisband glaubt, Putin werde noch weiter gehen. „Putin hat vor nichts mehr Angst, als dass sein eigenes Volk sich mit dieser Idee der Demokratie ansteckt und seine eigene Kleptokratie beendet“, sagt sie.

Deshalb kämpfe der Präsident nicht nur, um ein russisches Imperium wieder aufzubauen, „sondern er kämpft gegen die Demokratie an sich“. Die habe er versucht in den USA, in Europa als auch in der Ukraine zu destabilisieren. Er könne nicht zulassen, „dass neben ihm ein erfolgreicher, modernen, demokratischer Staat prosperiert“.

Sei dann die deutsche Ampel-Regierung zu zögerlich gewesen, fragt Illner. Ja, findet Weisband. Sie sei aber positiv überrascht gewesen, mit was für klaren Worten und Sanktionen auf die Anerkennung Putins von den separatistengeführten Regionen gehandelt worden sei.

Auch wenn sie sich ein früheres und schnelleres Abschrecken der Leute gewünscht hätte, die Putins Handeln ermöglichen. 

Mehr zum russischen Angriff auf die Ukraine bei Tagesspiegel Plus:

Klingbeil verteidigt die Politik der Ampel-Regierung. „Wir schauen ja nicht nur zu“, sagt der SPD-Chef, „wir haben die Resilienz der Ukrainer gestärkt“. Illner macht ihn darauf aufmerksam, dass die Menschen in der Ukraine das nicht so sehen würden. Es falle schwer zu argumentieren, wenn dort Panzer durch die Straße rollen, gesteht Klingbeil ein. 

Illner zitiert Bundeskanzler Olaf Scholz, der sagte, Putin werde diesen Krieg nicht gewinnen. Der ehemalige Brigadegeneral Vad sieht das anders. „Putin wird diesen Krieg gewinnen“, ist er sich sicher.

Russlands Streitkräfte seien modern, gut ausgestattet, der Ukraine vielfach überlegen und in einer strategischen Ausgangsbasis, gegen die man sich nicht verteidigen könne. Militärisch gesehen sei die Sache gelaufen, sagt der General trocken. Nach seiner Einschätzung schon in wenigen Tagen. 

Klingbeil macht an dieser Stelle auf „die lange Sicht“ aufmerksam. Die Nato sei so bestärkt wie lange nicht mehr, die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland werde sich fundamental ändern, sagt er. „Was heißt das“, fragt Illner nach.

„Wenn zwei Stunden entfernt von Berlin jetzt militärische Auseinandersetzungen stattfinden, werden wir ganz anders auf den Wert von Sicherheit blicken. In der festen Überzeugung, dass wir mehr Geld auch für die Bundeswehr ausgeben müssen“, antwortet Klingbeil. Vad nickt. Das Konzept Handel statt Wandel sei gescheitert, so der SPD-Politiker. 

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Die Idee sei nicht heute Abend erst gestorben, sagt Habeck später, sondern schon in den letzten Jahren. In der Sendung wiederholt der Bundeswirtschaftsminister, was er schon bei anderen Auftritten gesagt hat: Energiepolitik sei auch Sicherheitspolitik. 

Habeck habe schon vergangenes Jahr Defensivwaffen für die Ukraine gefordert, erinnert Illner an anderer Stelle. „Haben die Grünen die sozialdemokratisch geführte Regierung da zum Jagen getragen“, fragt die Moderatorin die Grünen-Politikerin Weisband. 

„Ich würde mich ungern jetzt in die Niederungen von Parteipolitik vertiefen an diesem Tag“, antwortet Weisband. Insgesamt habe Deutschland zu spät gehandelt in Sachen Defensivwaffen.

Es gäbe in diesem Konflikt genug Menschen, die etwas verpasst hätten - und das seit acht Jahren. Aber Schuld habe an diesem Konflikt nur einer, sagt sie, das sei Präsident Putin.

David Rech

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