zum Hauptinhalt
Müssen nun gemeinsam die Verbrechen im Spreewald aufklären: Luise Bohn (Alina Stiegler) und Fichte (Thorsten Merten).

© ZDF/Jan Fehse

Neustart nach 16 Jahren „Spreewaldkrimi“: Mythen, Moos und Mörder

Neue Autoren, neues Ermittlergespann: Bei allen Veränderungen bleibt eine der außergewöhnlichsten ZDF-Krimireihen ihrem Grundprinzip treu.

Für TV-Filme wie die „Spreewaldkrimis“ des ZDF muss der Begriff Regionalkrimis erfunden worden sein. So einzigartig wie der Landstrich südöstlich von Berlin, in dem auf vielen Ortsschildern die Namen in Deutsch und Sorbisch stehen, sind diese Geschichten, die den Regeln von Mordermittlungen nur deshalb folgen, um von ganz besonderen Menschen in einer ebenso besonderen Gegend zu erzählen.

Mit der neuen Episode „Tote trauern nicht“ der seit 2006 laufenden Reihe beginnt für die „Spreewaldkrimis“ eine neue Zeitrechnung. Jene Erzählungen davor stammen alle aus der Feder von Drehbuchautor Thomas Kirchner. Er kombinierte die Mythen und Sagen des Spreewaldes mit Kriminalfällen, die ihren Ursprung fast ausnahmslos in der Vergangenheit hatten. Und Thorsten Krüger (Christian Redl), jener stets etwas mürrische und einsilbige Kommissar, war das Zentralgestirn, um den sich alles drehte.

[„Spreewaldkrimi: Tote trauern nicht“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15]

Mit der Folge „Totentanz“ ändert sich vieles, aber nicht alles. Kirchner hat danach die Autorenschaft zwar weitergeben. Vorerst, wie es heißt. Stephan Brüggenthies, der zusammen mit Regisseur Jan Fehse das Drehbuch geschrieben hat, führt die Reihe in Kirchners Sinne weiter.

Wächter des Waldes: Den Dienst als Kriminalkommissar hat Thorsten Krüger (Christian Redl) quittiert, seinen Bauwagen direkt bewohnt er weiter.

© Jan Fehse/ZDF

Wenn auch in neuer Besetzung. Nach dem Tod von Marlene Seefeldt (Claudia Geisler-Bading), jener Gerichtsmedizinerin, die ihn einst vom Ruhrgebiet an die Fließe des Spreewaldes holte, hat Krüger seinen Dienst quittiert. Aber er wacht weiter über den Wald. Von seinem Bauwagen aus ist er nie außer Reichweite. Doch für die Aufklärung der Fälle sind nun andere zuständig. Sie müssen die Erzählungen aus dem Dunkel des Spreewaldes ans Licht bringen.

An die Seite von Fichte (Thorsten Merten) wurde Luise Bohn (Alina Stiegler) gestellt. Ihren ersten Einsatz im Spreewald hatte sie vor zwei Jahren, damals als Polizeischülerin. Die Ausbildung liegt nun hinter ihr. Genau wie Krüger vertraut sie auf ihre Intuition und Eingebungen, ganz zum Missfallen von Fichte.

Wasser und der Umweltschutz spielen eine entscheidende Rolle

Fichte und Bohn müssen das Ableben eines Mannes aufklären, der dem ersten Anschein nach nur kurz zu einem Betriebsausflug in den Spreewald kam und – wie sich bald herausstellt – in einem Fischkasten den Ertrinkungstod fand. Wasser, so viel soll hier verraten werden, spielt eine entscheidende Rolle in „Tote trauern nicht“.

Drei Jahre zuvor war es an gleicher Stellte zu einem tragischen Unfall gekommen. Ein kleines Mädchen starb derselben Kiste, in der Hand die Puppe einer sorbischen Sagengestalt haltend. Worin besteht die Verbindung zwischen der kleinen Marie (Miri Sommer) und Chris Wenzel (Remo Schulze)?

[Der tägliche Nachrichtenüberblick aus der Hauptstadt: Schon rund 57.000 Leser:innen informieren sich zweimal täglich mit unseren kompakten überregionalen Newslettern. Melden Sie sich jetzt kostenlos hier an.]

Eine einfache Fernsehkost waren die „Spreewaldkrimis“ auch vorher schon nicht. Mythische Gestalten und plötzliche Zeitsprünge erforderten schon zuvor einige Konzentration vom Zuschauer. Mit den neuen Autoren und dem Duo Fichte/Bohn ändert sich daran nichts, nur dass weit zurückreichende Vorgeschichte es Neueinsteigern noch schwerer macht, in die Tiefen des Spreewaldes vorzustoßen.

Plattenbau und Zauberwald - Ein Gespräch mit Schauspielerin Alina Stiegler

Frau Stiegler, was hat es mit den Bludniki auf sich? Sind es nun schadenfrohe Gnome oder die Seelen toter Kinder, die als Irrlichter die Menschen in nasse Tiefen ziehen?

Vermutlich von allem etwas. Bei vielen Sagen handelt es sich um mündliche Überlieferungen. Im nächsten Spreewaldkrimi, den wir aktuell drehen, kommt eine sorbische Sagengestalt vor – eine Art Kassandra des Spreewaldes – von der es auch Dutzende von Varianten gibt.

Was verbinden Sie mit dem Spreewald?
Bevor ich nach Berlin kam, hatte ich mit der Region sehr wenig zu tun, außer mit den Spreewaldgurken, die ein Kollege meines Vaters regelmäßig mitbrachte. Durch die Spreewaldkrimis entwickele ich so etwas wie Heimatgefühle. Jedes Mal, wenn ich hierhin komme, ist es wie ein Eintauchen in eine sehr spezielle Romantik, die sich zwischen Zauberwald und Plattenbau bewegt. Ich finde das Spannungsfeld der Geschichten, die sich hier allein in den letzten hundert Jahren ereignet haben sehr aufregend. Ich hoffe, dass ich mal mehr Zeit haben werde, mir das anzugucken.

Für Alina Stiegler, 28, ist der „Spreewaldkrimi“ das erste Engagement außerhalb des Theaters, bei dem sie eine Figur für längere Zeit begleiten kann.

© Jan Fehse/ZDF

Können Sie sich vorstellen, dauerhaft im Spreewald zu leben?
Durchaus, zumal ich in den beiden Corona-Jahren das Konzept des Großstadtlebens noch mal gründlich durchdacht habe. Praktisch gesehen wäre jedoch beruflich für mich kaum möglich, hier dauerhaft zu leben. Außerdem dürfte ein solches Vorhaben allein schon an den Grundstückspreisen scheitern.

Ihren ersten Auftritt im Spreewaldkrimi hatten Sie 2020 in „Zeit der Wölfe“. Stand schon damals fest, dass Sie zurückkehren würden?
Es stand zwar im Raum, dass ein weiteres Engagement möglich sei, aber man wollte man wohl erst einmal gucken, ob das Zusammenspiel funktioniert – was es ja getan hat.

Was bedeutet Ihnen die Rolle?
Bereits beim Casting für „Zeit der Wölfe“ fand ich die Art von Konflikten, denen Luise ausgesetzt ist, sehr reizvoll. Häufig werden diese zwischen Vater und Sohn erzählt, hier war es zwischen Vater und Tochter.

„Ich bin gespannt, was die AutorInnen daraus machen.“

Weil Luise Bohn ihren Polizistenvater hinter Gitter brachte, gilt sie bei manchen Kollegen als Nestbeschmutzerin. Keine guten Ausgangsbedingungen, wie Luise Bohn in „Tote trauern nicht“ sehen muss.
Definitiv nicht. Allerdings steckt darin zugleich die spannende Frage: wie sehen die Strukturen innerhalb der Polizei aus? Wer schützt wen und warum? Das ist eine ausgesprochen aktuelle Frage. Ich halte Luise Bohn für eine sehr integre junge Frau mit klaren Vorstellungen von Richtig und Falsch, die aber auch die Nuancen dazwischen sieht. Ich bin gespannt, was die AutorInnen daraus machen.

[Alle Folgen des True-Crime-Podcasts Tatort Berlin des Tagesspiegels finden Sie hier]

Den eigenen Vater aus Gründen der Rechtschaffenheit ins Gefängnis zu bringen, können Sie diese Haltung nachvollziehen?
Im Prinzip ja, da ich auch an gewisse Grundwerte glaube, die über persönlichen Bindungen stehen. Wenn man einen Beruf wie den einer Polizistin ausübt, in dem man maßgeblich an der Ausgestaltung und tatsächlichen Umsetzung dieser Prinzipien beteiligt ist, muss man auch in aller Konsequenz handeln. Allerdings bin ich froh, dass ich keinen solchen Beruf habe.

In jedem Fall erleichtert es die Zusammenarbeit mit dem sehr prinzipientreuen Polizisten Fichte.
In dem Punkt sind sie sich sehr einig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false