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Lagebesprechung. Die neue Chefin Marie Gabler (Katharina Wackernagel, links), Heino Fuß (Sebastian Schwarz) und Jenny Dickel (Eva Bühnen) ermitteln fieberhaft.

© ARD/Frank Dicks

"Mord mit Aussicht" geht weiter: Hier ist wieder was los!

Das Erste legt den Schmunzelkrimi "Mord mit Aussicht" erstaunlich frisch neu auf.

Es war die Offenbarung im durchformatierten Serienfernsehen in den 2010er Jahren: „Mord mit Aussicht“, jene schrullige Krimiserie über eine Kölner Kriminaloberkommissarin, die in die fiktive Ortschaft Hengasch, Kreis Liebernich, in der Eifel versetzt wird. Ein Quotenhit fürs Erste am Dienstagabend, ein Kritikerhit, 39 Folgen, neben den klugen Büchern und nicht ganz ernst zu nehmenden Geschichten von Marie Reiners getragen vom Darstellertrio Caroline Peters (als Sophie Haas), Bjarne Mädel (Dietmar „Bär“ Schäffer) und Meike Droste (Bärbel Schmied). Als die Nachricht von einem Remake ohne die drei mit Katharina Wackernagel in der Hauptrolle kam, war die erste Reaktion: Kann das gutgehen?

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Es geht. Es geht tatsächlich. Obwohl oder gerade weil sich die Autoren nicht die geringste Mühe gegeben haben, der Ursprungsidee – Stadtlady gegen Dorfklüngel – irgendeinen neuen Anstrich zu verleihen. Es ist wieder Hengasch/Liebernich (in Wirklichkeit: Bornheim), es gibt im Intro die Eule und die alte Frau, die am Rollator über die wie ausgestorbene Dorfstraße schleicht, und es gibt dasselbe, gemütliche Dorfdezernat, in das die Neue, Kommissarin Marie Gabler alias Katharina Wackernagel, frischen Wind bringen soll – gegen alle Widerstände von Frauenkreis, Schatzamt und Feuerwehr.

[ „Mord mit Aussicht“, ab Dienstag, ARD, 20 Uhr 15, sechs neue Folgen, ab 8.3. komplett in der Mediathek]

Gablers KollegInnen Heino Fuß (Sebastian Schwarz, 37, Berliner Theaterstar) mit unfassbar alberner perückenartiger Frisur und Jenny Dickel (Eva Bühnen, beide am Deutschen SchauSpielHaus Hamburg.) sehen fast so aus und wirken genauso betulich wie ihre Vorbilder. Als ob Bjarne Mädel und Meike Droste beim Casting Pate gestanden hätten.

Warum man das trotzdem gucken sollte? Natürlich schweben Peters, Droste und Mädel immer noch über allem, aber Wackernagel, Schwarz und Bühnen machen das gut, finden meistens den richtigen Ton und Gestus zwischen Adaption und nuanciertem Anderssein. Die Geschichten folgen dem Schmunzelkrimi-Modus („Wir haben eine Leiche!? Wirklich!“), der sich sowieso nicht neu erfinden lässt. Unter der Regie von Markus Sehr gibt es Ausflüge in diverse Tonalitäten, Sequenzen voller Action, manchmal sogar mit Horroranflügen. Nicht selten hält das Format neben der vertrauten Humorfarbe auch nachdenkliche Momente für Marie und die Hengascher bereit. Und wenn die Sehnsucht nach dem Krimi-Original allzu groß wird, kommen alte Bekannte um die Ecke.

Aus alt wird neu

Einige Figuren und Dorf-VIPs aus den ersten drei Staffeln sind „Mord mit Aussicht“ erhalten bleiben. So Petra Kleinert als Heike Schäffer (Witwe und Tagesmutter für das Kind des alleinerziehenden Polizisten Heino Fuß), Michael Hanemann als Ex-Polizist Hans Zielonka und Patrick Heyn, der als Frauenarzt Doktor Bechermann weiter das kriminaltechnische Dorflabor geben darf. Bei alldem ist durchaus ein neuer Stil wahrzunehmen. Wackernagel hat zwar lange nicht diesen Sinn fürs Irrwitzige, mit dem Caroline Peters der Serie ihren Stempel aufdrückte. Stattdessen setzt jene auf Vernunft, gepaart mit Augenzwinkern, wie im „Stralsund“-Krimi des ZDF.

Klar ist das Ganze ein bisschen over the top und nicht immer korrekt, wenn Mandy, „die Dorfmatratze“, Rache an den ausbeutenden Männern von Hengasch nimmt oder der jährliche Wettkampf um die „Kuchenkönigin“ eine reine Angelegenheit unter Frauen ist. Backt sonst ja keiner. Aber wie soll es sich sonst auch herausschälen, das Grundkonzept der unter Federführung des vom WDR produzierten Krimis, bei dem der Kontrast zwischen den Ambitionen der Großstädter und den Gewohnheiten im Eifel-Heimatkosmos den Hauptanlass zur Komik bildet?

Ein wenig Slapstick-Krimi

Ein bisschen „zerbrochener Krug“, ein wenig Slapstick-Krimi. Wohlfühl-Fernsehen, auch wichtig, gerade in Kriegszeiten. In leichtem Ton erzählt Drehbuchautor Johannes Rotter von Kartoffelbaronen und alten Sünden, von Leichen in Getreidesilos, von Solidaritäten, die wachsen, und davon, was tote Schafe mit einer alten Hengascher Sage zu tun haben.

Nur in schwächeren Momenten wünscht man sich einen Dietmar Schäffer herbei, der sagt: „Mann, Mann, Mann, hier ist vielleicht wieder was los heute!“. Kurz nach Dienstbeginn, wenn das Telefon klingelt.

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