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Mord in der Zentralafrikanischen Republik: Chodorkowski beendet Medienprojekt nach Tod dreier Journalisten

Drei Journalisten, die zum Einsatz russischer Söldner in Zentralafrika recherchierten, wurden ermordet. Michail Chodorkowski gibt sich selbst eine Mitschuld.


Zehn Jahre Haft in einem sibirischen Straflager hatten den ehemaligen russischen Oligarchen Michail Chodorkowski nicht brechen können. Als er Anfang 2014 ins Schweizer Exil ging, führte er den Kampf gegen seinen Erzrivalen Wladimir Putin weiter – auch mit der Hilfe unabhängiger investigativer russischer Journalisten, deren Arbeit er finanzierte.

Jetzt musste Chodorkowski eine schwere Niederlage hinnehmen: Nach dem Mord an drei russischen Journalisten, die in seinem Auftrag in Zentralafrika unterwegs waren, gestand der Putin-Gegner schwere Fehler ein und stellte die Finanzierung eines seiner Medienprojekte ein.

Vor einem Monat waren die Leichen des erfahrenen Kriegsreporters Orchan Dschemal, seines Kollegen Alexander Rastorgujew und die des Kameramannes Kirill Radtschenko 24 Kilometer von der Siedlung Sibo in Zentralafrika entfernt entdeckt worden.

In dem Land waren sie unterwegs, um über den Einsatz russischer Söldner der „Gruppe Wagner“ zu recherchieren. Auftrag und Geld kamen über eine Stiftung, die Chodorkowski in der Schweiz gegründet hat, an ein Büro unabhängiger russischer Journalisten, das sich etwas umständlich „Zentrum für die Führung von Untersuchungen“ nennt.

Bei dem Mord soll es sich um einen Raubüberfall gehandelt haben, sagte der zentralafrikanische Regierungschef sofort nach der Tat. Die folgenden Ermittlungen scheinen das zu bestätigen. Die russischen Journalisten hatten sich demnach offensichtlich in die Hände eines sogenannten Fixers begeben, eines lokalen Journalisten, der angeheuert wird, um die Kontakte vor Ort zu vermitteln. Der lockte die Gruppe in einen Hinterhalt von Banditen. Sie sollen die Kameraausrüstung und knapp 10.000 Dollar gestohlen haben.

Chodorkowski schickt Ermittler

Auch ein Ermittlungsteam, das Chodorkowski gleich in die Spur schickte, kam zu keinen anderen als den offiziellen Ergebnissen. Dass sich die Journalisten der großen Gefahren bewusst waren, zeigt sich auch in der Kommunikation, die sie über den Messengerdienst Telegram mit Russland führten. Dort schrieb Alexander Rastorgujew, die Journalisten bräuchten bewaffneten Schutz.

„Im Land gibt es ständig Zusammenstöße zwischen den Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen von Aufständischen und Banditen. Im Osten des Landes hat die Staatsmacht die Situation überhaupt nicht unter Kontrolle. Für die Fortbewegung im Lande wäre es am besten, einen Jeep mit Fahrer und bewaffneten Schutz anzumieten.“

Der Chef des Journalistenbüros in Russland, Andrej Konjachin, gab nur lapidar zur Antwort: „Grauenhaft.“ Danach taucht das Thema Sicherheit im dem Informationsaustausch zwischen Zentralafrika und Russland nicht mehr auf. Die Gruppe verließ sich offenbar weiter lediglich auf ihre Ortskraft, einen Mann, der unter dem Namen „Martin“ operierte, der Zentrale in Moskau und den Journalisten in Afrika völlig unbekannt war und sich als UN-Mitarbeiter ausgab. Angeheuert hatte ihn Konjachin, der nach dem Mord als Chef des Journalistenbüros zurücktrat.

Doch nicht nur Chodorkowskis Leute führten Ermittlungen in dem Mordfall in Zentralafrika. Vor Ort recherchierten auch Journalisten einer Mediengruppe, die dem Milliardär Jewgeni Prigoschin gehört. Ausgerechnet Prigoschin, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten.

Söldner gegen Öl

Dem Unternehmer wurde in Russland der Spitzname „Putins Koch“ angehängt, weil er als Caterer eine Vielzahl von Staatsempfängen belieferte. Doch das ist längst nicht mehr sein Hauptgeschäft. Nach den detaillierten Recherchen der Kreml-kritischen RBK-Mediengruppe verdient Prigoschin vor allem am Waffenhandel und an der Vermietung von Söldnern an wankende Diktatoren.

Im Gegenzug soll er dafür zum Beispiel im Irak Saddam Husseins und in Syrien Konzessionen zur Förderung von Öl und Gas erhalten haben. Auch in Zentralafrika könnte ein Einsatz von „Wagner“-Söldnern so entgolten werden, das Land ist reich an Bodenschätzen.

Prigoschin gilt als der Chef der inzwischen berüchtigten „Gruppe Wagner“, auf deren Spuren die drei ermordeten Journalisten unterwegs waren. Nachdem der syrische Diktator Baschar al Assad – auch durch die Hilfe der „Wagner“-Söldner – nun wieder fest im Sattel sitzt, soll die Gruppe nach Afrika ins nächste Krisengebiet weitergezogen sein, vermuten mehrere russische Medien.

Chodorkowski schrieb in seiner Erklärung zu dem Mordfall: „Der entscheidende Fehler bei der Vorbereitung der Reise war die Auswahl des Mannes vor Ort.“ Er trage einen Teil der Verantwortung für den Tod der drei Journalisten. Er habe das Geld gegeben, also sei er „nicht unbeteiligt an dem Vorgefallenen“.

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