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Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und ihr Kollege Moritz Eisner (Harald Krassnitzer).

© dpa / Hubert Mican ARD Degeto/ORF/Film 27/dpa

Mord an einem Priester: Der Exorzist

Der „Tatort“ aus Wien begibt sich auf einen schrillen, grellen Höllenritt.

Das Mädchen geht allein im weißen Kleid den langen Gang entlang. Kerzen flackern, Bilder an Wänden wackeln, ein Kreuz auf einer Anrichte zittert, vom Ende des dunklen Gangs ist ein sonores Raunen zu hören. Dann gelangt das Mädchen an die Tür, die nur angelehnt ist, und öffnet sie. Eine ganz in Weiß gekleidete Gruppe von acht Personen steht in dem Raum, fast alle Hände liegen auf der Tischplatte, Weihrauch steigt empor, Kerzen brennen.

„Heilige Maria Magdalena, bet´ für uns. Heiliger Michael, bet´ für uns. Heiliger Sebastian, bet´ für uns.“ Als das Mädchen im Raum steht und die Gruppe es bemerkt, hält sie abrupt inne, blickt das Mädchen konsterniert an und ist im nächsten Moment wie vom Erdboden verschwunden. Währenddessen ist zu sehen, wie direkt hinter dem Mädchen plötzlich eine Frauenleiche, von der Decke herunterhängt. Das Mädchen stößt einen gellenden Schrei aus.

„Das Tor zur Hölle“ lautet der mystische Titel des neuen „Tatorts“ aus Wien (Sonntag, 20 Uhr 15, ARD). Thomas Roth hat ihn nach eigenem Drehbuch in Szene gesetzt, nicht sein erster Wiener Fall. Es ist ein schriller, greller Höllenritt durchs Horror- und Grusel-Genre: hier ein wenig Edgar-Wallace-Anleihen, dort ein paar klein wenig Stephen-King-Anleihen mit Versatzstücken aus John-Carpenter-Filmen. Vienna Blood.

Der 29. Fall von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) beginnt mit einem katholischen Priester, der tot am Fuße einer Treppe liegt. Vor seinem Tod wurde der Mann, er heißt Manfred Gabler, offenbar geschlagen und misshandelt. In seiner linken Hand hält er ein Amulett.

Es zeigt das Symbol des Satans. Jede Diözese hat bis heute einen mit der Befreiung beauftragten Priester, werden Fellner und Eisner im Stephansdom aufgeklärt. Es werde häufiger eingesetzt, ja verlangt, als sie sich vorstellen könnten. Exorzismus im 21. Jahrhundert.

Sie alle kannten den ermordeten Pastor

„Das Tor zur Hölle“ soll irgendwo in Wien liegen, alle sind auf der Suche danach, koste es, was es wolle. Und alle hatten irgendwie mit Pastor Gabler zu tun: sei es die etwas schräge Wissenschaftlerin Tea Berkovic (Angela Gregovic), der glatte, alerte Psychiater Dr. August Sittsam (Sven Eric Bechtolf), der undurchsichtige Kaplan Raimund (Lukas Watzl) oder schließlich der ehemalige Zuhälter Günther Dambusch (Roland Düringer).

Sie alle kannten den ermordeten Pastor, sie alle geben sich wortkarg, und ein Motiv ist für das Wiener Ermittler-Duo lange nicht zu erkennen. Derweil schläft Bibi Fellner zurzeit wieder mal schlecht, träumt viel. Da ist dieses Mädchen in dem langen dunklen Gang.

„Nach Aufzeichnungen des Wiener Kriminalbeamten Emil R.“ ist im Vorspann zu lesen, weiß auf schwarzem Grund. Das macht diesen Trip in die Welt des modernen Exorzismus umso frappierender. Menschen in schwarzen Kutten mit Kapuze, Menschen im okkultistischen Kreis, Menschen, die plötzlich anders reden, anders sind.

Besessen, obsessiv, manisch. So grenzüberschreitend dieser Fernsehfilm im Laufe seiner nicht immer vollends überzeugenden Narration immer wieder erscheinen mag, so wenig scheint hier alles vollends erdachte Fiktion. Schon in Georg Büchners "Woyzeck" heißt es: „Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.“

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