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Weiter Horizont. In der WDR-Reihe „Freitagnacht Jews“ geht es für Musiker und Moderator Daniel Donskoy um alles „zwischen Hühnersuppe und Antisemitismus“.

© WDR/Christian Pries

Medienbild von Jüdinnen und Juden in Deutschland: Vielfalt sichtbar machen

Ein Thementag zum Medienbild von Jüdinnen und Juden in Deutschland. Dabei geht es nicht nur um die richtige Ansprache in Bild und Ton.

Jüdisch sein hat viele Facetten. In Film und Fernsehen werden jedoch nicht alle gleich gezeigt. Wie steht es also um das Medienbild von Jüdinnen und Juden in Deutschland, ist es im Wandel? Anlässe zur Diskussion gäbe es genug, unterstrich Moderatorin Shelly Kupferberg zum Beginn einer Konferenz in der W. Michael Blumenthal Akademie in Berlin. „Leider“, wie sie betonte, auch den Anlass, dass es vor zwei Jahren den Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale gegeben hat.

Mediale Bilder von Jüdinnen und Juden seien besonders wichtig, da viele nicht-jüdische Menschen keinen Kontakt zu den rund 200 000 jüdischen Menschen in Deutschland haben, betonte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Deshalb stünden die Medien in der Pflicht, und es sei wichtig, welche Bilder sie zeigten.

Während Hetty Berg, Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, anmahnte, dass Jüdinnen und Juden oft nur als Opfer und Objekte der Ausgrenzung dargestellt werden, zeigte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, auf, dass nicht nur das, was gesagt wird, ein Problem sein kann. Oft sei es vor allem auch das, was nicht gezeigt wird, so bliebe beispielsweise jüdische Vielfalt verborgen. Hauptthema in Verbindung mit dem Judentum bleibt der Holocaust, speziell um Gedenktage herum.

Journalist Richard Schneider kritisierte, dass man immer noch die gleichen Klischees wie früher sehe. Vor allem wenn Filme von nicht-jüdischen Menschen produziert werden, spüre man regelrecht ihre Befangenheit.

Als Positivbeispiel für jüdische Medienproduktionen hoben zahlreiche Redner*innen „Freitagnacht Jews“ (WDR- Fernsehen), den Film „Masel Tov Cocktail“ und die Serie „Unorthodox“ hervor. Auch die „Tatort“-Kommissarin Nina Rubin (Meret Becker) lobte Schneider. Sie lebe ihr Jüdischsein selbstverständlich und natürlich in der Krimireihe aus.

„Natürlich“ sei das richtige Wort, denn Bilder von Jüdinnen und Juden würden nie „normal“, weil es eben keine Normalität gäbe. Auch jüdische Selbstverständlichkeit sei noch nicht selbstverständlich, unterstrich Schneider.

Diskurse über Sichtbarkeit abseits weißer, männlicher, christlicher Dominanz

Währenddessen sah der ARD-Vorsitzende, WDR-Intendant Tom Buhrow, vor allem seinen Sender auf einem guten Weg. Dort habe man einen Redakteur für jüdische Themen und mit „Freitagnacht Jews“ kürzlich sogar den Deutschen Fernsehpreis für Comedy und Late Night gewonnen.

Buhrow: „Beim Aktuellen haben wir noch was vor uns, beim Fiktionalen sind wir gut unterwegs.“ Gleichzeitig räumte er auf Nachfrage von Moderatorin Kupferberg ein, dass gerade im Tagesaktuellen Bilder mit Klischees arbeiten und das auch müssten, um in Sekunden Assoziationen zu wecken. Auch der antisemitische Vorfall inklusive Banner um Sänger Gil Ofarim in einem Hotel in Leipzig zeige, wie wichtig es ist, die richtige Ansprache in Bild und Ton zu wählen.

Produktionen wie „Freitagnacht Jews“ belegen allerdings auch, dass sich etwas in der Medienlandschaft tut, wie Lea Wohl von Haselberg, Film- und Medienwissenschaftlerin an der Filmuniversität Konrad Wolf in Babelsberg, vorführte.

Auf der einen Seite eröffnen sich durch Streaming neue Möglichkeiten und israelische Produktionen wie „Shtisel“ und „Fauda“ finden in Deutschland Anklang. Aber auch deutsche Produktionen verbreiten sich im Ausland. Diese mediale Veränderung gehe einher mit Diskursen über Sichtbarkeit abseits weißer, männlicher, christlicher Dominanz.

Solche Veränderungen treffen neben dem Fernsehen auf andere Plattformen wie Instagram und Kanälen wie „Ich bin Sophie Scholl“ und „Jüdisch & Deutsch“.

Die sozialen Medien stehen aber auch in der Kritik, da vor allem während der Corona-Pandemie Verschwörungserzählungen und Falschinformationen schnelle Verbreitung finden. Dazu verwies Josef Schuster auf eine Erhebung der Europäischen Kommission, die von 2020 bis 2021 einen 13-fachen Anstieg von antisemitischen Inhalten in sozialen Medien zählte.

Auch deshalb forderte Schuster, dass nach dem Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ jüdische Diversität als Auftrag in den öffentlich-rechtlichen Sendern und Medien bestehen bleiben soll. Tom Buhrow hob hervor, dass man sich Diversität auf die Fahne geschrieben habe. Nicht als Sonderprojekt, sondern über alle Redaktionen hindurch. Das dauere jedoch noch.

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